Sehr geehrter Herr Kammerer.

Leider komme ich erst jetzt reichlich spät dazu, Ihre mail zu beantworten.

Ihre Kritik an meiner Kritik des Polizeieinsatzes in Rostock teile ich nicht. Ich habe übrigens den Polizeieinsatz am Zaun rund um Heiligendamm nicht insgesamt kritisiert. Ich habe auch nicht behauptet, die Polizei trage die alleinige Verantwortung für die Randale in Rostock. Aber aus eigener Anschauung weiß ich, daß die falsche Einsatztaktik der Polizei in Rostock dazu beigetragen hat, daß die Auseinandersetzungen am späten Nachmittag und Abend auf der Großkundgebung immer wieder von Neuem begannen. Ich war selbst drei Stunden vor Ort und meist mittendrin. Größere Polizeieinheiten sind immer wieder zunächst in den geschlossenen Demonstationszug hineingerannt. In dieser Situation kam zu einem Hagel von Steinwürfen aus den Reihen der vermummten Demonstranten. Später sind Polizeienheiten gemeinsam mit Wasserwerfern in die Massen der friedlich versammelten Veranstaltungteilnehmer mehrfach eingedrungen. Die Menschen wußten nicht was los war. Und so kam es immer wieder zu Chaos und großer Verwirrung. Übrigens hat auch ein Vertreter der Polizegewerkschaft auf einer gemeinsamen Veranstaltung nach dem G-8-Gipfel diese Kritik vehement unterstützt und davon gesprochen, die Kollegen seien regelrecht verheizt worden. Über den Beginn der Gewaltauseinandersetzungen am 2. Juni kann ich nichts sagen. Da war ich nicht anwesend. Dazu habe ich mich deshalb auch nicht geäußert. Kritisiert habe ich ferner den Einsatz von Wasserwerfern am Westtor am Zaun um Heiligendamm am 7. Juni nachmittags. Nach allem was ich dazu auch heute weiß, war der Einsatz nicht gerechtfertigt. Steinwürfe seitens der Demonstration sind diesem Einsatz nicht vorausgegangen, wie anfangs behauptet wurde. Insgesamt war der Einsatz der Polizei am 7. Juni ansonsten, soweit ich ihn selbst beobachten konnte, überwiegend zurückhaltend und sehr deeskalierend etwa am Osttor des Zaunes und am Nordoststrand.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele