Frage an Hans-Heinrich Sander von Walter R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Wulff,
für die im Schutz der Deiche lebenden Menschen an der Unterelbe ist Ihre Position zur umfangreichsten Elbvertiefung aller Zeiten u. a. aus folgenden Gründen von großer Bedeutung:
• Der Einfluss der schiffserzeugten Belastungen auf die Deichsicherheit sowie die Ursachen der seit der letzten Elbvertiefung aufgetretenen Deichschäden sind ungeklärt und ein Zusammenhang ist wahrscheinlich. Die diesbezüglichen Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und der IMS Ingenieurgesellschaft mbH weisen diesbezüglich gravierende Mängel auf.
• Durch die Elbvertiefung werden die Sturmflutwasserstände in der Elbe erhöht. Laut neuestem Weltklimabericht der Vereinten Nationen ist ein noch stärkerer Anstieg des Meeresspiegels als bisher angenommen nicht mehr zu verhindern. Dies wurde im Planfeststellungsverfahren nicht berücksichtigt. Die kumulierten Auswirkungen führen zu einer erheblichen zusätzlichen Erhöhung der Sturmflutwasserstände in der Elbe mit möglicherweise verheerenden Folgen.
• Die Containerschiffe mit 350 m Länge, 46 m Breite und 14,5 m Tiefgang, für die die Elbe vertieft werden soll, laufen Hamburg bereits im Linienverkehr problemlos an.
Dies vorangestellt, bitten wir um eindeutige Antworten auf diese Fragen:
1. Welche Aussagen zur geplanten Elbvertiefung werden im Wahlprogramm Ihrer Partei gemacht?
2. Sehen Sie oder Ihre Partei einen Bedarf für eine weitere Elbvertiefung?
3. Werden Sie neue Untersuchungen zur Klärung der Deichsicherheit durch unabhängige Gutachter von der künftigen Landesregierung fordern?
4. Ist eine weitere Elbvertiefung vor dem Hintergrund des Klimawandels aus Ihrer Sicht zu verantworten?
5. Sollte die Niedersächsische Landesregierung ihr Einvernehmen zur Elbvertiefung geben oder dieses versagen?
6. Sollte diese Entscheidung vom Niedersächsischen Landtag getroffen werden?
7. Wird ein Deutsches Seehafenkonzept unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte als notwendig erachtet?
MfG
Walter Rademacher
Sehr geehrter Herr Rademacher,
vielen Dank für Ihre Frage zur Elbvertiefung. Ich gehe davon aus, dass diese Frage an mich gerichtet war, obwohl Sie in der Anrede Herr Wulff angesprochen haben.
Ich stimme mit Ihnen überein, dass Deichsicherheit für die im Schutz der Deiche lebenden Menschen von allergrößter Bedeutung ist. Dies gilt für die Anwohner der Unterelbe genauso wie für die Anwohner der Unterweser, der Ems oder der Küstendeiche. Daher ist der Insel- und Küstenschutz für die FDP und für mich persönlich ein zentrales Anliegen. Diese Position ist auch im Wahlprogramm meiner Partei nachzulesen.
Bezogen auf die erneute Elbvertiefung steht die Niedersächsische Landesregierung dieser bekanntermaßen kritisch gegenüber. Für die Elbvertiefung sprechen die große wirtschaftliche und arbeitspolitische Bedeutung des Vorhabens für den Hafenstandort Hamburg und die umliegende Region.
Ich sehe aber auch die möglichen Risiken einer weiteren Elbvertiefung. Genau diese differenzierte Position können Sie im Wahlprogramm der FDP nachlesen. Die Kernaussagen hierzu sind: "Ohne dass die Deichsicherheit garantiert ist, wird die FDP einer Einvernehmenserteilung Niedersachsens nicht zustimmen. Neben der Deichsicherheit ist die Abarbeitung der Auflagen aus der letzten Elbvertiefung Grundvoraussetzung einer Einvernehmensregelung." Das Land Niedersachsen hat eine äußerst kritische Stellungnahme in das Planfeststellungsverfahren eingebracht. Schon mit der Zustimmung zur Aufnahme des Vorhabens in den Bundesverkehrswegeplan hat die niedersächsische Landesregierung konkrete Bedingungen aufgeführt, die als Randbedingungen für die Umsetzung des Vorhabens zu erfüllen sind. Damit soll sichergestellt werden, dass eine weitere Fahrrinnenanpassung nur unter Gewährleistung der Deichsicherheit realisiert werden kann. Der Niedersächsische Landtag hat sich in seiner Entschließung vom 23. Juni 2005 unter dem Titel "Niedersächsische Interessen bei der Vertiefung der Elbe berücksichtigen" diese Forderungen zu eigen gemacht.
Bestandteil dieser Bedingungen ist unter anderem, dass die Ausbauträger eine belastbare Prognose zu den Ausbaufolgen erstellen. Dabei müssen auch die Auswirkungen eines möglichen Klimawandels Berücksichtigung finden. Sobald hier entsprechende Gutachten vorliegen werden wir diese eingehend prüfen. Wie Sie sicherlich wissen sind über der kritischen und detaillierten Stellungnahme seitens des Landes Niedersachsen hinaus, zu den möglichen Ausbaufolgen auch von zahlreichen Bürgern und Trägern öffentlicher Belange Bedenken vorgetragen worden.
Es ist jetzt Aufgabe der Planfeststellungsbehörden, die berechtigten Einwendungen im Rahmen des dafür vorgesehenen Verfahrens einer angemessenen Lösung zuzuführen. Die beantragte Fahrrinnenanpassung bedarf nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 des Bundeswasserstraßengesetzes des Einvernehmens des Landes Niedersachsen. Das Land wird auf Grundlage des Entwurfs des Planfeststellungsbeschlusses über die Erteilung des Einvernehmens entscheiden, sobald dieser Entwurf vorliegt. Für die weitere Fahrrinnenanpassung muss nachvollziehbar und überzeugend belegt sein, dass die Deichsicherheit ohne Abstriche gewährleistet ist. Lassen Sie mich abschließend nochmals versichern, dass für mich unabhängig von positiven wirtschaftlichen Interessen die Deichsicherheit höchste Priorität hat, damit auch künftige Generationen sicher im Schutze der Deiche leben können.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Heinrich Sander