Frage an Hans-Ulrich Klose bezüglich Innere Sicherheit

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Hans-Ulrich Klose
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Frage von Achim L. •

Frage an Hans-Ulrich Klose von Achim L. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Klose,

laut Ihren Nebentätigkeiten angagieren Sie sich für die Organisation Care. Das finde ich sehr gut. Aber wie verträgt sich dieses Einsetzen mit der Tatsache unsere Soldaten in den Tod zu schicken?

Der Einsatz der Hilfsorganisationen in Afghanistan würde erschwert durch den Einsatz der BW im Süden Afghanistans. Warum fordern Sie den Einsatz von deutschen Soldaten, obwohl Sie haargenau wissen, dass die Mehrheit der Deutschen einen Einsatz in Afghanistan ablehnt?

Des weiteren würde ich mal gerne wissen, wieviele Millionen EURO im Einsatz rund um das Horn von Afrika sowie vor dem Libanon rausgeworfen worden sind?

Meinen Sie nicht auch, dass diese Steuergelder für unser Schulsystem wichtiger wären?

Wie hoch schätzen Sie das Gefährdungspotenzial für DEUTSCHLAND ein, dass von der Taliban bzw. Al Kaida ausgeht? Wird da eigendlich noch gegen die Al Kaida gekämpft oder kämpft man dort gegen Bauern, die Ihr Eigentum vor der Invasion der USA verteidigen wolen?
Welche Fachkenntnis besitzen Sie, um die Lage in Afghanistan richtig einschätzen zu können, denn ich denke nicht, dass Care einen Einsatz im Süden Afghanistan gutheißen würde.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lürken,

Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch beantworte ich wie folgt:

Warum sind wir in Afghanistan?

1. Weil ein deutscher Bundeskanzler (Schröder) nach den Terroranschlägen von New York und Washington den Amerikanern "uneingeschränkte Solidarität" zugesichert hat. Da die Anschläge von Afghanistan aus gesteuert und ausgeführt worden sind, von Leuten, die überwiegend in Deutschland (Hamburg) lebten, war der Einsatz in Afghanistan die voraussehbare Folge. Das erste vom Deutschen Bundestag auf Antrag der Bundesregierung daraufhin beschlossene Mandat war ein Kampfmandat: Enduring Freedom.

2. Auf der Petersberg-Konferenz (eine deutsche Initiative) hat die internationale Staatengemeinschaft die Vertreter Afghanistans zu einer Politik des materiellen und demokratischen Wiederaufbaus aufgerufen. Die Bundesregierung hat dafür deutsche Unterstützung zugesagt. Eine Konsequenz der Konferenz war das zweite Mandat: ISAF, das ursprünglich auf den Raum Kabul beschränkt war, inzwischen aber schrittweise auf ganz Afghanistan ausgedehnt worden ist (mit Zustimmung der deutschen Bundesregierung).

3. ISAF unterstützt

- durch eigene Aufbauhilfe

- durch Sicherung der Arbeit von zivilen Organisationen

- durch Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte.

Die Bundeswehr setzt in Afghanistan dabei nur länger dienende Zeitsoldaten ein; Wehrpflichtige nicht, es sei denn, sie hätten sich ausdrücklich bereit erklärt, an Auslandseinsätzen teilzunehmen.

4. ISAF wird von der NATO geführt. Die NATO ist ein Militärbündnis, das dem Prinzip der Solidarität verpflichtet ist. D.h.: Wenn sich die NATO engagiert, engagieren sich alle; und alle tragen das gleiche Risiko. Das ist derzeit in Afghanistan nicht der Fall, weil die NATO-Einheiten im Süden Afghanistans ein deutlich höheres Risiko tragen als andere.

5. Beide Mandate (Enduring Freedom und ISAF) sind durch Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates legitimiert.

6. Schon das geltende ISAF-Mandat verpflichtet die Bundeswehr zur solidarischen Hilfe auch im Süden, wenn dies für den Erfolg des Gesamtauftrages notwendig ist; notfalls auch zu Kampfeinsätzen. Bisher war das deutsche Kontingent dazu aber nicht in der Lage. Das ändert sich jetzt durch die von der Bundesregierung beschlossene Übernahme der Aufgaben einer Quick Reaction Force, die bisher von den Norwegern wahrgenommen wurden.

7. Wenn es nicht gelingt, die Sicherheitslage in ganz Afghanistan, also auch im Süden, zu stabilisieren, wird die NATO in Afghanistan scheitern. Die Konsequenzen sind über Afghanistan hinaus schwer einzuschätzen. In Afghanistan aber würden Taliban und Al Quaida in schneller Zeit die Herrschaft zurück erobern. Das Land würde wieder zu einem, auch für uns gefährlichen Zentrum des Terrorismus; die Lebensverhältnisse für die Menschen in Afghanistan würden sich wiederum dramatisch verschlechtern.

Fazit: Ich finde, dass wir unsere vernetzen zivil-militärischen Aktivitäten in Afghanistan nicht nur fortsetzen, sondern mit größerer Entschlossenheit zu einem guten Ende führen sollten, wobei richtig bleibt, was in einer einfachen Formel ausgedrückt als Leitmotiv unseres Handelns gilt: Ohne Entwicklung keine Sicherheit, ohne Sicherheit keine Entwicklung.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Ulrich Klose