Frage an Hans-Ulrich Krüger bezüglich Verkehr

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Hans-Ulrich Krüger
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Frage von Walter W. •

Frage an Hans-Ulrich Krüger von Walter W. bezüglich Verkehr

Ihr Zitat im Oldtimer Markt, das sich Deutschland keine Oldtimer leisten kann. Wie haben sie das gemeint?

Bitte um Definition.

Fahrer eines T1 VW Busses Bj. 1966.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weidenhaus,

ich nehme Bezug auf Ihre Anfrage bei "abgeordnetenwatch.de" und darf Ihnen wie folgt antworten:

Hintergrund Ihrer Anfrage ist der wohl in einigen Oldtimer-Zeitschriften und in Internet-Chats veröffentlichte von mir getätigte Zwischenruf auf eine scherzhafte Bemerkung des FDP-Abgeordneten Hans-Joachim Otto "Ihr habt keinen Sinn für Oldtimer" mit meiner Antwort "Wir können uns keine leisten".

Diese Zwischenrufe sind anlässlich der Abstimmung des FDP-Antrages "Oldtimer von Feinstaub-Fahrverboten ausnehmen" am 11. Oktober 2007 im Bundestag geäußert worden.

Offenbar wird dieser Zwischenruf von Ihnen ausschließlich aus monetärer Sicht - nach dem Motto: "Da wir uns finanziell keinen Oldtimer leisten können, lehnen wir den FDP-Antrag ab" – verstanden.
Diese Interpretation geht an der aktuellen Problematik jedoch vorbei. Auch mir ist bekannt, dass der „historische“ Käfer, der „historische“ VW-Bus ebenso ein Oldtimer ist wie der „historische“ Porsche, auf dem Oldtimermarkt sich mithin für jeden Geldbeutel etwas findet, wenn derjenige nur genug Spaß und Interesse an der Pflege seines Autos hat.

Als Gesellschaft können wir uns jedoch Oldtimer als Alltagsfahrzeuge aus umwelt- und klimaschutz-politischen Gründen nicht mehr in dem Umfange leisten, wie dieses in der Vergangenheit der Fall war.

Zur Sache:

Am 1. Januar 2005 trat die EU-Luftreinhalterichtlinie in Kraft, die nur maximal 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft zulässt und eine Überschreitung von höchstens 35 Tagen im Jahr erlaubt. Deutsche und auch andere europäische Städte halten allerdings dieses Limit vor allem in den Wintermonaten nicht ein.

Um die Feinstaubemissionen zu senken, haben mittlerweile einige Städte über Fahrverbote in den Innenstädten, so genannte Umweltzonen, nachgedacht und umgesetzt. Um die Umweltzonen ausweisen zu können, benötigt man eine bundeseinheitliche Kennzeichnungsverordnung für Fahrzeuge. Diese Kennzeichnungsverordnung liegt nun vor und ist im März 2007 in Kraft getreten. Die Städte werden nunmehr in Zukunft selbst entscheiden, ob sie von der Einrichtung der Umweltzonen Gebrauch machen oder nicht.

Ein Oldtimer ist laut Definition im § 23 Abs. 1c Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), "ein Fahrzeug, das vor 30 Jahren oder eher erstmals in den Verkehr gekommen ist und vornehmlich zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes eingesetzt wird und gemäß § 21c eine Betriebserlaubnis als Oldtimer erhalten hat."

Zwar sind heute momentan nur etwas über 150.000 Kraftfahrzeuge mit einem "H"-Kennzeichen zugelassen, allerdings erfüllen circa 1,3 bis 1,4 Millionen Kfz das Alterskriterium von 30 Jahren oder älter. Außerdem sind in Deutschland momentan mehr 1,5 Millionen Kraftfahrzeuge, deren Erstzulassung vor 20 Jahren oder mehr aber nicht vor mehr als 30 Jahren erfolgte, zugelassen. Damit könnten theoretisch in wenigen Jahren fast 3 Millionen Fahrzeuge in diese Kategorie fallen.

Obwohl die Oldtimer am gesamten Pkw-Bestand nur einen Anteil von circa 0,44 % haben, betragen ihre Anteile nach Berechnungen des Umweltbundesamtes an den gesamten Otto-Pkw-Schadstoffemissionen in Deutschland - trotz der geringen Fahrleistung - circa 6 % bei den CO-Emissionen, circa 5 % bei den Kohlenwasserstoffen (VOC) und circa 3 % bei den NOx. Dies liegt an den hohen spezifischen Emissionen der alten Fahrzeuge. Im Vergleich zu einem modernen Euro 4-Otto-Pkw emittieren Oldtimer 35mal höhere CO-, 60mal höhere VOC und 45mal höhere NOx-Emissionen. Der Anteil an den Feinstaubemissionen kann nicht quantifiziert werden. Aus diesem Grund hält die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt eine bundesweite Ausnahmeregelung von der Kennzeichenverordnung für Oldtimer für nicht erforderlich.

Den für die Erteilung von Ausnahmen zuständigen Landesbehörden stehen nach derzeitiger Rechtslage aber genügend eigene Entscheidungsspielräume offen, um den Anliegen der Oldtimer-Liebhaber gerecht zu werden. Über mögliche Ausnahmeregelungen sollte vor Ort unter Berücksichtigung der vorhandenen Immissionsbelastungen entschieden werden, zumal die Belastungssituation nicht bundeseinheitlich ist.
Aufgrund der noch zu sammelnden Erfahrungen in der praktischen Anwendung der Kennzeichnungsverordnung wird die Bundesregierung die Erforderlichkeit einer abstrakten-generellen Ausnahmeregelung nochmals, auch unter den Aspekten der Förderung des Brauchtums und des Kulturgutes prüfen.

Fazit ist aber, dass wir schon aufgrund der aktuellen klima- und umweltschutzpolitischen Debatte dem Wunsch der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nachkommen, Fahrzeuge mit hohen Emissionswerten nicht in den Innenstädten fahren zu lassen. Leider gehören viele Oldtimer dazu, da sie nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen umgerüstet werden können.

Es bleibt festzuhalten: Wir als Gesellschaft können uns im Rahmen dieser Debatte keine hohen Feinstaub-Emissionen leisten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Ulrich Krüger, MdB