Frage an Hans-Werner Kammer bezüglich Wirtschaft

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Hans-Werner Kammer
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Frage an Hans-Werner Kammer von Hartmut H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kammer,

Der Protestaufruf von mehr als 160 WissenschaftlerInnen ( Ökonomen ) zu den Entscheidungen von Büssel der vergangenen Woche ist Ihnen sicherlich inzwischen bekannt. Ich fasse die Argumentationslogik nochmals kurz zusammen:

1. Die Entscheidungen, an denen Frau Merkel aktiv beteiligt war und zu denen sie sich in Ihrer Regierungserklärung nachdrücklich bekannt hat, sind falsch, weil
2. sie der Schritt in eine Bankenunion mit kollektiver Haftung für die Schulden der Banken sind.
3. Bankenschulden sind inzwischen 3 mal größer als Staatsschulden, in den fünf Krisenländern im Bereich mehrerer Billionen Euro. Ihre Sozialisierung auf die immer weniger werdenen Geberländer wird diese und damit ihre Bürger überfordern.
4. Banken müssen scheitern dürfen, wenn ihre Schuldner ihre Schulden nicht zurückzahlen, denn
5. sie haben sehr bewußt das Investitionsrisiko gekannt und sind es eingegangen. Es ist somit das Geschäftsrisiko der Gläubiger.

Sie haben in der Abstimmung am 29. 06. 12 im Deutschen Bundestag den Paket ESM/Fiskalpakt mit JA gestimmt. Bitte erklären Sie mir Ihre sachlichen Beweggründe dafür und welche Position haben Sie jetzt nach Kenntnis der schwerwiegenden Argumente der Spitzenökonomen. Da Sie für 2013 wieder für den DBT kandidieren, für mich eine wichtige Entscheidungshilfe.

Gerne erwarte ich Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Herdan

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CDU

Sehr geehrter Herr Herdan,

selbstverständlich ist mir der populistische Protestaufruf bekannt. Mittlerweile haben sich zahllose andere Wirtschaftswissenschaftler, unter ihnen auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der gemeinhin als Kritiker der Bundesregierung bekannt ist, diesem "Brandbrief" widersprochen.

Aus gutem Grund fließt wissenschaftliche Expertise in politische Entscheidungen ein. Aus ebenso gutem Grunde überlassen wir der Wissenschaft jedoch nicht die Entscheidung selbst, denn: Von Seiten der von ihnen zitierten Kritiker kam keinerlei konstruktive Kritik. Die Kritiker haben sich auf ihr "Nein" verständigen können. Einen gemeinsamen Ausweg aus der Eurokrise kennen sie nicht. Dazu, Verantwortung zu übernehmen, sind sie nicht in der Lage. Lassen Sie mich den Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael zitieren: "Ich wundere mich, wie man als Wissenschaftler einen so kruden Text unterschreiben kann. Wenn das der Beitrag der deutschen Volkswirtschaftslehre zur Euro-Krise ist, bin ich ernsthaft über unseren Berufsstand besorgt."

Nun zur Sache selbst: Eine "Bankenunion mit kollektiver Haftung" wird es so nicht geben. Es wurde lediglich beschlossen, dass Banken direkt durch den ESM Geld erhalten können - und zwar NUR unter der Voraussetzung, dass es eine europäische Bankenaufsicht gibt. Diese gibt es bislang nicht. Im Übrigen handelt es sich bei dem von Ihnen kritisierten Beschluss zur Bankenfinanzierung um einen Beschluss des Europäischen Rates, der mit der Entscheidung des Bundestages vom 29. Juni 2102, auf den Sie Bezug nehmen, nichts direkt zu tun hat. Damals ging es insbesondere um den Fiskalpakt, welcher die Euroländer verpflichtet, Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild einzuführen. Warum Sie das ablehnen, erschließt sich mir nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Werner Kammer