Frage an Hans-Werner Kammer bezüglich Wirtschaft

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Hans-Werner Kammer
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Frage an Hans-Werner Kammer von Jens S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehter Herr Kammer,

ich verstehe ihre Reaktion auf den Frager vor mir, finde es aber trotzdem schade, dass Sie inhaltlich nicht darauf eingegangen sind, da ich es prinzipiell interessant fände. Ich versuche es daher etwas sachlicher und höflicher und würde mich über eine Antwort sehr freuen, wie sie zu folgenden Thesen stehen:

- Das Zinssystem führt zu einem Geldtransfer von unten nach oben, da man zwangsläufig bis zu einem bestimmten Vermögen zu den Netto-Zinszahlern und darüber zu den Netto-Zinsempfängern gehört (ca. 1 Mio. €) Das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich ist daher mathematisch logisch und unvermeidbar, wenn nicht durch Maßnahmen wie z. B. eine Vermögenssteuer gegengesteuert wird. Einfacher ausgedrückt: Die erste Million sollte nicht die schwerste sondern die leichteste sein. Nach oben muss es schwieriger werden. (mindestens bei Vermögen von Privatpersonen)

- Das Zinssystem führt zu einer exponentiellen (wieder Mathematik) Vermehrung der Geldmenge, der die Wirtscaftsleistung nicht folgen kann. Es muss daher zwangsläufig zum "Crash" kommen (z. B. Währungsreform, Krieg...)

- Die Vermehrung der Geldmenge wird zusätzlich durch die Geldschöpfung der privaten Großbanken beschleunigt, das Recht zur Geldschöpfung gehört in die Hand einer staatlichen unabhängigen 4. Gewalt, z. B. einer Monetative (vgl. www.monetative.de) wie wir es ja mit der Bundesbank zu DM-Zeiten schon fast hatten.

- Viele Länder der 3. Welt (sorry, die heißen ja jetzt "emerging markets) leben faktisch in Schuldknechtschaft und müssen durch einen Schuldenschnitt entschuldet werden.

- Die Mittel des ESM sind nicht in erster Linie an Griechen, sondern an Großbanken, wie z. B. die Deutsche Bank geflossen. Hier findet eine weitere Umverteilung von fleißig zu reich statt.

- Wir sollten dringend wieder ein Trennbankensystem einführen, damit die "Casino-Banken" pleite gehen können, ohne dass normale Bürger (die berühmten Kleinsparer) davon betroffen sind.

MfG, J.S.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schipper,

gerne nehme ich zu Ihren Thesen – zumindest kurz und prägnant – Stellung. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich hier auf abgeordnetenwatch keine wissenschaftliche Diskussion führen kann und will.

Ich teile Ihre Ansichten hinsichtlich des „Zinssystem“ nicht.

Die Geldmenge setzt sich zusammen aus dem von der Zentralbank geschaffenen Geld, das heißt umlaufenden Banknoten und Münzen sowie den Sichtguthaben der Banken bei der Notenbank, so wie dem durch die Geschäftsbanken durch Kreditgewährung geschaffenen Giralgeld. Dessen Menge kann aber durch die Erhöhung bzw. Senkung des Leitzinses seitens der Zentralbank beeinflusst werden. Insofern hat die Zentralbank durchaus eine effektive Steuerungsmöglichkeit, sie auch nutzt.

Wir setzen auf ausgeglichene Haushalte in allen EU-Mitgliedstaaten und verteidigen die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank von uns durchgesetzt wurde. Dies hat trotz der Krise zu einem hohen Maß an Preisstabilität geführt. Wir wollen, dass alle Eurostaaten zusammen den Euro verteidigen.

Es ist sehr fraglich, ob ein genereller Schuldenschnitt die Lage der betroffenen Staaten wirklich verbessert, da die Ursachen für die Anhäufung von Schulden nicht beseitigt werden (Bürokratie, Korruption etc.). Bei den Regierungen der betroffenen Staaten könnte sich die Auffassung durchsetzen, dass dem Land geholfen wird, ohne dass strukturellen Defizite abgebaut werden. Das wiederum führt dazu, dass ein Schuldenerlass die künftige Kapitalhilfe reduziert und das Vertrauen privater Investoren völlig zerstört, so dass mit einer Besserung der Situation trotz der Reduzierung der Schulden nicht gerechnet werden kann.

Mit den Mitteln des ESM hat Griechenland seine Schulden bedient – zumindest einen sehr kleinen Teil davon.

Das Trennbankensystem gab es von 1933-1999 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Auch in dem Vereinigten Königreich dominieren Spezialkreditinstitute. Die Vor- und Nachteile beider Systeme haben sich in den letzten Jahren deutlich gezeigt. Wir wollen deshalb eine wirksame europäische Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank für die großen, systemrelevanten Banken sowie Verfahren für die Abwicklung überschuldeter Banken. Für die übrigen Geldinstitute, nicht zuletzt die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, bleibt es bei der bisherigen bewährten Bankenaufsicht.

Wir werden dafür sorgen, dass die Auszahlung von Geld aus dem Euro-Rettungsschirm zum Umbau von Banken von der Arbeitsfähigkeit der europäischen Bankenaufsicht abhängt. Sparer müssen sich in jedem Land der EU auf ein funktionierendes Einlagensicherungssystem verlassen können. Dies wird über die vereinheitlichten Mindeststandards der nationalen Einlagensicherungssysteme gewährleistet. Eine europaweite Einlagensicherung lehnen wir ab, denn damit würde das Haftungsrisiko vergemeinschaftet und deutsche Sparer müssten für die Einlagen in anderen Ländern
haften.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Werner Kammer