Frage an Heiko Schmelzle bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Heiko Schmelzle
CDU
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Frage von Jann S. •

Frage an Heiko Schmelzle von Jann S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Schmelzle,

in der Bundesrepublik haben wir in fast allen Bundesländern ein anderes bzw. abweichendes Schulsystem. Daher ist der Wechsel des Bundeslandes teilweise sehr schwierig für die Kinder, weil sie einen anderen Bildungsstand haben. Hierdurch entsteht häufig eine große Unzufriedenheit sowohl bei den Eltern, als auch bei den Kindern. Der Wechsel des Bundeslandes kann daher auch zu interfamiliären Problemen führen.
Viele Eltern wünschen sich daher ein einheitliches System. Durch die Föderalismusreform von 2006, in der das sogenannte Kooperationsverbot im Grundgesetz verankert wurde, ist eine solche Entwicklung behindert worden.
Wie sehen Sie die Entwicklung in der Bildungspolitik?
Wie sieht Ihre Vorstellung von einem gerechten Bildungssystem aus?
Wie können Kinder mit Migrationshintergrund integriert werden, da diese selten eine Kindertagesstätte oder Kindergarten besuchen?

Mit freundlichem Gruß

J. Siebrands

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CDU

Sehr geehrter Herr Siebrands,

vielen Dank für Ihre Nachfrage zur Bildungspolitik. Deutschland ist ein föderaler Staat, bei dem die Länder die Schulpolitik im starken Maße gestalten. Allerdings gibt es in verschiedenen Lebensabschnitten auch große Einflussmöglichkeiten der Bundespolitik, so dass ich mich als CDU-Bundestagskandidat verstärkt auch der Bildungspolitik widmen möchte.

1. Frage: Wie sehen Sie die Entwicklung der Bildungspolitik?
Kinder sind unsere Zukunft. Mit guter frühkindlicher Bildung und Erziehung beginnt im Grunde schon die Schulbildung für unsere Kinder. Ich habe einen Sohn (6) und eine Tochter (10) und staune, welche Förderung sie in den letzten Jahren durch Kindergarten und Grundschule erhalten haben. Unser Sohn hatte in den ersten Jahren massive gesundheitliche Probleme, wodurch er lange Zeit stark in seiner Entwicklung verzögert war. Mit Hilfe der durch den Landkreis Aurich und die Lebenshilfe organisierten Frühförderung ist er mittlerweile in seiner Entwicklung fast auf dem Stand von Gleichaltrigen. Meine Tochter, die zum Ende des letzten Schuljahres die Grundschule beendet hat, hatte aus meiner Sicht deutlich bessere Rahmenbedingungen, als ich es während meiner Grundschulzeit gehabt habe. Das Land Niedersachsen hat in den letzten Jahren die Klassengröße deutlich reduziert und eine bessere Ausstattung der Klassenräume gefördert, so dass der Lehrer/ die Lehrerin individueller auf die einzelnen Kinder eingehen kann.
Ich plädiere für ein vielfältiges Schulsystem und beobachte mit Sorge, dass die Entwicklung im Moment eher Richtung Einheitsschule geht. Aus meiner Sicht besteht die Gefahr, dass eine Einheitsschule den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht wird. Jedes Kind ist anders - mit Stärken und Schwächen. Stärken müssen individuell gestärkt und an schwächen konkret gearbeitet werden. Ein breit gefächertes Bildungsangebot kann dies aus meiner Sicht besser leisten. Ich habe mehrere Geschwister. Meine älteste Schwester ist sehr intellektuell und hat nach dem Abitur ein Hochschulstudium absolviert. Ich habe nach dem Abitur eine Lehre absolviert und dann in Aufbaulehrgängen den Sparkassenfachwirt- und Betriebswirt und die Ausbildereignungsprüfung gemacht, Meine mittlere Schwester hat nach der Realschule eine Ausbildung zur Krankengymnastin gemacht und ist durch verschiedene Aufbaulehrgänge eine echte Kompetenz in ihrem Beruf geworden. Die mittlere Schwester wäre in der Gesamtschule wahrscheinlich durch ihre Lese-/Rechtschreibschwäche gescheitert. In der Realschule bekam sie die für sie passende Unterstützung. Darum möchte ich mich für den Erhalt eines breit gefächerten Bildungsangebotes einsetzen.

2. Wie sieht Ihre Vorstellung von einem gerechten Bildungssystem aus?
Mein bester Freund ist Vietnamese und kam mit 11 Jahren nach Deutschland, ohne ein einziges Wort Deutsch sprechen zu können. Er besuchte erst die Hauptschule, machte dann seinen erweiterten Realschulabschluss, wechselte dann auf das Gymnasium, um zusammen mit mir 1990 am Ulrichsgymnasium Abitur zu machen. Weil er zu den 15 Besten unseres Jahrganges gehörte und die Eltern Sozialhilfeempfänger waren, erhielt er ein Stipendium für ein Medizinstudium, welches er erfolgreich absolviert. Heute führt eine allgemeinmedizinische Praxis mit ca. 8 Mitarbeitern in Papenburg. Das bisherige Bildungssystem muss sicherlich weiterentwickelt werden - das angeführte Beispiel zeigt jedoch die Durchlässigkeit. Wenn mein Freund sofort in eine integrierte Gesamtschule gekommen wäre - vielleicht wäre sein Weg anderes verlaufen. Insofern plädiere ich für die Erhaltung der Vielfalt in unserem Schulsystem, bei gleichzeitiger Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Schulformen. Gerade die Wirtschaft braucht gute Auszubildende und später Fachkräfte (es kann nicht jeder Abitur machen) - aber auch Führungskräfte mit Praxisbezug. Ich habe im April eine Klausurtagung zum Thema berufliche Qualifizierung in Berlin besucht. Die Politik ist dabei, Rahmenbedingungen zu schaffen, wodurch Praktiker einen besseren Zugang zur Hochschulbildung erhalten sollen. Ein Meister (mit mehrjähriger Erfahrung) kann z.B. durch ein gezieltes Aufbaustudium zur Führungskraft weiterentwickelt werden. Dies ist nicht nur eine Chance für den Berufstätigen sondern auch für die mittelständische Wirtschaft in unserer Region. Sie kann durch eine gute Personalentwicklung, bezogen auf die Mitarbeiter Ressourcen aus der Region nutzen aber auch in der Region halten, indem einem wertgeschätzten Mitarbeiter eine attraktive Perspektive geboten wird.

3. Wie können Kinder mit Migrationshintergrund integriert werden, da diese selten eine Kindertagesstätte oder Kindergarten besuchen?
Als Vater zweier kleiner Kinder ist mir eine versäumte U-Untersuchung in unangenehmer Erinnerung. Wir hatten durch einen Urlaub versehentlich eine solche Untersuchung bei unserem Sohn versäumt. Das zuständige Amt hat uns unter Androhung einer Ordnungsstrafe angeschrieben, dass der Termin innerhalb einer sehr kurzen Frist nachgeholt werden müssten.
Insofern hat der Staat über die U-Untersuchungen jede Möglichkeit auf die wachsende Zahl der Kinder, die zu Hause die deutsche Sprache nur unzureichend lernen, zu reagieren. Ich halte Sprachtests für Kinder ab 3 Jahren für richtig. Dort, wo sich herausstellt, dass die Sprachkenntnisse nicht ausreichen, soll eine verbindliche Sprachförderung in der KiTa oder Schule erfolgen. Notfalls muss auch die Einstellung von Transferleistungen angedroht werden, wenn die Angebote ausgeschlagen werden. Meine Mutter (E. S.) hat während ihrer Berufstätigkeit als Grundschullehrerin eine Ausländerförderklasse über viele Jahre an der Grundschule Im Spiet in Norden geführt. Die Kinder wollen die Förderung - meistens ist es die Sorge der Eltern mit Migrationshintergrund, dass die Kinder ihnen über den Kopf wachsen könnten. M.E. müssen die Eltern möglichst früh davon überzeugt werden, dass sie den Zukunftschancen der Kinder nicht im Wege stehen dürfen.

Ich hoffe, lieber Herr Siebrands, Sie können mit meiner Antwort etwas anfangen. Ich sage in Veranstaltungen immer, dass ich Praktiker bin. Ich selbst bin nebenberuflich mit Freunde in der Erwachsenenbildung als Dozent für Grundlagen der Einkommensteuer und der Baufinanzierung tätig und kann für mich Bildungspolitik immer am besten am Einzelfall begreifen. Insofern habe ich in meiner Antwort auf meine persönlichen Erfahrungen im Familien- und Freundeskreis zurückgegriffen.

Mit freundlichem Gruss

Heiko Schmelzle