Frage an Hilde Mattheis bezüglich Gesundheit

Portrait von Hilde Mattheis
Hilde Mattheis
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hilde Mattheis zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Bernd D. •

Frage an Hilde Mattheis von Bernd D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Mattheis,

die zügige und differenzierte Beratung des Gesetzentwurfs zur Organspende im Ges.ausschuss freut mich sehr! Es wäre mir ein Anliegen, dass auch das Thema der zentralen Registrierung der Entscheidung der Bürger einbezogen würde.
Dieses Thema ist in jedem Fall wichtig, ganz unabhängig davon, ob es eine Entscheidungs- oder eine Widerspruchslösung geben wird! In der Antwort auf meine Frage hierzu präzisierte Frau Baerbock ihren Vorschlag: Bei der Befragung der Bürger durch die Bürgerämter sollen die Bürger Informationsmaterial und einen Code bekommen, mit dem sie am eigenen PC ihren Willen registrieren könne. Außerdem soll für die Hausärzte eine Beratungsziffer Organspende eingeführt werden.

Die beiden Hauptprobleme des Baerbock-Vorschlages werden so nicht gelöst: Es dauert 10 Jahre, bis alle Bürger befragt wurden oder einen Code bekommen haben, und die in Deutschland versicherten ca. 4,5 Mill. Ausländer werden nicht erfasst.
Wäre es nicht besser, die Einrichtung des Registers der Bundesärztekammer zu überlassen und die Eintragung der Patienten in das Register den Hausärzten plus evtl. Facharztinternisten, wobei die Registrierung dann Teil der neuen Beratungsleistung der Ärzte zur Organspende wäre? Ärztekontakte sind häufiger und niedrigschwelliger als Besuche in Bürgerämtern. Außerdem kommen nicht alle Bürger mit dem Internet zurecht.
Wichtig wäre es meiner Meinung nach auch, dass im Falle einer – von mit lebhaft gewünschten -Widerspruchsregelung die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger genauso registriert und respektiert wird wie ein „Nein“, also von Angehörigen nicht verändert werden kann.
Wie ist Ihre Haltung zur zentralen Registrierung und ihren Problemen? Würden Sie eine Behandlung des Themas im Ges.Ausschuss noch vor der Entscheidung über die Widerspruchslösung unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen
B. M.

Portrait von Hilde Mattheis
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Meyer,

bei der Frage der Verbesserung der Organspende in Deutschland gilt es zu unterscheiden zwischen den Reformen für bessere Strukturen in Krankenhäusern und Transplantationszentren und der Frage nach Widerspruchs- oder Entscheidungslösung. Erstere Fragen wurden in einem kürzlich vom Bundestag beschlossenen Gesetz angegangen.

Die zweite Frage ist eine ethische Frage, so dass der Bundestag hier in geübter Weise nicht an Fraktionslinien entlang entscheidet, sondern sogenannte Gruppenanträge eingebracht werden, d.h. fraktionsübergreifend Abgeordnete gemeinsam an Gesetzesentwürfen arbeiten. Es gibt nach meiner Kenntnis derzeit zu dieser Frage zwei Gruppen, eine die die Widerspruchslösung in Deutschland einführen will und eine Gruppe, zu der u.a. Frau Baerbock und ich selbst gehören, die durch eine Reform der Registrierung die derzeit geltende Entscheidungslösung verbessern will. Sobald die entsprechenden ausformulierten Gesetzentwürfe beider Gruppen vorliegen werden, werden wir diese im Bundestag beraten und am Ende abgestimmt.

Wir haben uns in unserem Gesetzentwurf entschlossen, ein zentrales Register als zusätzliche Möglichkeit für die Bekundung des eigenen Willens zur Organspende zu schaffen, um den Bürgerinnen und Bürgern eine weitere Möglichkeit zu geben, sich neben dem weiterhin bestehenden Organspendeausweis zu äußern. Sowohl Register als auch die Information und Eintragung über die Bürgerämter sind bereits heute im Gesetz angelegt, kommen aber nicht zum Tragen. Wir halten die Bürgerämter als die beste Stelle diese Aufgabe zu übernehmen, da sie im Gegensatz zu Kassen, Ärzten oder Ärztekammern über die notwendigen Daten der Bürgerinnen und Bürger verfügen (und auch verfügen dürfen) und gesichert ist, dass jede Bürgerin und jeder Bürger in regelmäßigen Abständen mit den Ämtern in Kontakt tritt. Gleiches ist bei Ärzten nicht in dem Maße gegeben. Wer jung und gesund ist und außer einer Erkältung nicht sonderlich krank ist, wird keinen Arzt aufsuchen und könnte sich also auch nicht registrieren. Was wir aber durchsetzen wollen ist, dass die Hausärzte als zusätzliche Stelle zur Beratung über Organspende dienen, denn zwischen Hausarzt und Patient herrscht in der Regel ein besonderes Vertrauensverhältnis. Diese Beratung ist natürlich freiwillig, die Patienten müssen diese nicht annehmen. Die Hausärzte können dann in der Beratung natürlich auch auf das Register und auf den Organspendeausweis hinweisen. Wir werden außerdem das Thema Organspende in der ärztlichen Ausbildung stärken.

Übrigens werden auch die in Deutschland lebenden Ausländer in das Register einbezogen, denn auch sie kommenden mit den Einwohnermeldeämtern in Kontakt und können auf dem Amt Informationen und Registrierungsmöglichkeiten erhalten.

Die Widerspruchslösung lehne ich ab. Ich halte es nicht für richtig, den Willen für eine Organspende eines Verstorbenen anzunehmen, sollte er sich aus welchen Gründen auch immer nicht zu Lebzeiten geäußert haben. Dies brächte in meinen Augen nicht nur ethische, sondern auch gravierende rechtliche Probleme mit sich. Die Annahme, dass ein Schweigen eine Zustimmung zu etwas bedeutet, kennt das deutsche Recht nicht. Es wäre damit eine Neuheit, dass ausgerechnet in einem so sensiblen Bereich wie der Organspende, dieses Prinzip plötzlich Anwendung findet. Ich bin auch der Meinung, dass es die Widerspruchslösung nicht braucht, um die Organspendezahlen zu erhöhen. Dies haben mir Delegationsreisen, die ich mit dem Gesundheitsausschuss nach Spanien und Dänemark durchgeführt habe, noch einmal bestätigt. In Spanien, vielfach als Musterland für Organspende angesehen, wird die Widerspruchslösung nicht praktiziert, auch wenn sie de jure festgeschrieben ist. Sie kommt aber nicht zur Anwendung, denn sie würde laut Aussagen der dortigen Verantwortlichen das Vertrauen der Bevölkerung in das Organspendesystem eher beschädigen als fördern. Entscheidend für die guten Zahlen zur Organspende sind optimal laufende Strukturen, die wiederum für ein hohes Vertrauen der Bevölkerung in das gesamte System sorgen. Deshalb halte ich es für entscheidend, dass wir in Deutschland unsere Strukturen in den Krankenhäusern und in der Organisation der Organspende verbessern. Dafür sind wir mit dem beschlossenen Gesetz einen wichtigen Schritt voran gegangen.

Mit freundlichen Grüßen
Hilde Mattheis, MdB