Frage an Jacek Kwasnik bezüglich Wirtschaft

Jacek Kwasnik
BüSo
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Frage von Ricardo V. •

Frage an Jacek Kwasnik von Ricardo V. bezüglich Wirtschaft

In ihrem Wahlprogramm möchten Sie durch die Reindustrialisierung Berlins eine Million Arbeitsplätze schaffen. Ist es nicht in einer Gesellschaft, die mehr als 70% ihres Bruttosozialprodukts mit Dienstleistungen erwirtschaftet, ein etwas anachronistischer Ansatz?
Und wie wollen Sie das erreichen?
In welchen Wohngebiete sollen diese Fabriken errichtet werden bzw. welche Wohngebiete wollen Sie (also durch die angrenzende Nachbarschaft zu den Fabriken) dafür zerstören? Die meisten modernen Industrieanlagen sind sehr flächenintensiv und diese Flächen sind in städtischen Gebieten im Gegensatz zum Umland sehr teuer.
Ich gehe nicht davon aus, dass "Industrien" generell keine Zukunftschancen haben. Aber eigentlich sieht es in Deutschland und anderen hochentwickelten Ländern eher danach aus, als würde die Produktion durch Rationalisierungsprozesse optimiert und gesteigert werden können. Wie wollen Sie dabei 1 Million Arbeitsplätze schaffen? Und welche Industriebranchen wollen Sie dafür nach Berlin holen?

Antwort von
BüSo

Sehr geehrter Herr Ricardo Villabaja.

Zunächst vielen Dank für Ihre wichtige Frage! Ihre Sorgen sind nicht verwunderlich, sondern charakteristisch für den langfristigen wirtschaftlichen Prozesses (nicht nur in Deutschland), an den die meisten Bundesbürger sich schon längst gewöhnt haben und verweilen im leider irrigen Glauben, dass es "doch anders nicht geht!" Ich hoffe jedoch, Ihnen jetzt eine bessere Perspektive unterbreiten zu können.

Leider ist es in den letzten 20-30 Jahren dazu gekommen, dass Deutschland immer mehr zu einer Dienstleistungs- und Spaßgesellschaft verkommen ist. Die Folgen davon sind verheerend und der unmittelbare Grund für die Wirtschaftsdepression mit Massenarbeitslosigkeit, Staatsverschuldung und Verarmung bis in die sogenannte Mittelschicht hinein. Im Westen sind schon zwei, im Osten bereits eine ganze Generationen herangewachsen, die gar nicht mehr erlebt haben, wie eine industrielle Realwirtschaft eigentlich funktioniert. Der Alptraum einer "nachindustriellen Gesellschaft" ist längst Wirklichkeit geworden: Menschen werden abgeschrieben, wenn sie nicht mehr "funktionieren", Jugendliche haben keine Zukunftsperspektive. Ein Industriearbeitsplatz ernährte einmal eine ganze Familie, wer heute überleben will, braucht in der Regel gleich mehrere Jobs im "Dienstleistungssektor".

Die "praktischen" Bedenken, die Sie gegen die Möglichkeit einer Reindustrialisierung anführen, sind die eines Buchhalters, nicht die eines Staatsbürgers. Es ist nicht eine Frage des Geldes; Geld gibt es genug auf den Finanzmärkten. Die politischen Weichen für die Finanzströme müssen nur anders gestellt werden. Und der Platz für Industrieanlagen mit günstiger Verkehrsanbindung ist überreich vorhanden: Schauen Sie sich doch die industriellen Brachen im Osten (aber auch im Westen) der Stadt an!

Ich möchte nur aus einem Artikel unseres jungen Spitzenkandiaten Daniel Buchmann zitieren, der die optimistische Zukunftsperspektive für Berlin so dargestellt hat:

"Der Schlüssel zur Reindustrialisierung Berlins liegt in seiner Rolle als Drehkreuz und Technologieproduktionszentrum für die Eurasische Landbrücke. Die Initialzündung für den wirklichen Aufschwung kann der Aufbau eines interkontinentalen Fracht- und Personenflughafens sein, wie er an Plätzen wie Sperenberg oder Jüterbog möglich wäre. Dieser Flughafen würde, wie man es uns in Shanghai vormacht, durch den Transrapid mit dem Zentrum Berlins verbunden.

Diese Projekte dürfen, um erfolgreich zu sein, entgegen den jetzigen Vorschriften nicht europaweit ausgeschrieben werden, sondern müssen an bestehende und noch zu gründende Firmen in Deutschland und insbesondere in der Region Berlin-Brandenburg vergeben werden. So kann die Region Berlin-Brandenburg die produktiven Kräfte und Technologien entwickeln, die später zum Exportschlager für Eurasien werden.

Nebenbei bemerkt: Zur Zeit verfügt die Region Berlin-Brandenburg nicht einmal über die Firmen und Kapazitäten, den Schönefelder Flughafen selbst auszubauen. Das bisherige Flughafenkonzept würde nur eine Verschiebung der Arbeitsplätze von Tempelhof und Tegel nach Schönefeld bedeuten. Weder der Flughafenbetrieb noch der Bau schaffen auch nur einen einzigen neuen produktiven Arbeitsplatz.

In Berlin können revolutionäre Infrastrukturtechnologien entwickelt, produziert, in der Praxis erprobt und verbessert werden, um diese Technologien der Welt anzubieten. Dazu gehören die Entwicklung von Antriebstechniken auf Wasserstoffbasis für Autos, CargoCap (unterirdischer Güterverkehr in Ballungszentren) sowie Transrapid und Magnetschwebetechniken, die noch ganz am Anfang stehen, neue Systeme für den Überschallflug, der noch immer viel zu teuer ist, die Weltraumfahrt u.v.m."

Mit freundlichen Grüßen
Jacek Kwasnik