Frage an Janina Pfau bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Janina Pfau
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Frage von Jonny S. •

Frage an Janina Pfau von Jonny S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Pfau,

Als Kleinunternehmer in der Tourismusbranche frage ich mich, wer den geforderten Mindestlohn bezahlen soll. In meiner Branche sind 43 % meines Umsatzes gesetzlich festgelegte Pflichtabgaben. Mein "Unternehmereinkommen"wird per Gesetz festgelegt und darauf zahle. ich meinen Krankenkassenbeitrag. . Das sind in manchen Monaten bis zu 120% meines tatsächlichen Bareinkommens, ich muss also Geld klauen, um meine Krankenkassenbeiträge zu bezahlen. Zusätzlich wird meiner Familie pausenloses Essen und Trinken im eigenen Geschäft unterstellt, das nennt sich Eigenverbrauch und wird wie Gewinn gewertet, wird mit Mehrwertsteuer, Einkommenssteuer und im schlimmsten Fall mit Gewerbesteuer belegt, die ich auch irgendwo stehlen muss. Da bleibt kein Platz für höhere Löhne, da lohnt sich nicht mal mehr das Aufschließen. Glauben Sie, dass nach Einführung eines Mindestlohnes noch Kleingeweretreibende Mitarbeiter beschäftigen werden? Für mich steht fest, mit dem Tag der verbindlichen Einführung eines Mindestlohnes. Beende ich meine Geschäftstätigkeit. Mit der Mindestlohn-Förderung werden Kleinbetriebe beseitigt, Konzerne in´s Ausland gedrängt, Schwarzarbeit gefördert und Investitionen verhindert.

Mit freundlichen Grüssen
Jonny Sauerwein

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Sauerwein,

ja, DIE LINKE setzt sich für einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde ein. Erst ab diesem Wert sichert ein Mindestlohn für einen alleinstehende/n Vollzeitbeschäftigte/n die Existenz und ermöglicht eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter. Er gilt dann für alle Beschäftigten und alle Unternehmen, sodass alle die gleichen Bedingungen haben. Ein Wettbewerb über Löhne wird verhindert, was auch zu Preisanpassungen nach oben führen kann.

Zur Unterstützung von Kleinunternehmen schlagen wir vor, dass für einen Übergangszeitraum im Einzelfall wirtschaftliche Hilfen erbracht werden. Über die Höhe und Dauer der Gewährung soll ein Mindestlohnrat (Gewerkschaften, Arbeitgeber, Wissenschaft) entscheiden, der sowohl die wirtschaftliche Lage des einzelnen Unternehmens als auch die Branchensituation sowie die regionalen Bedingungen überprüft. Es soll vermieden werden, dass Unternehmen gefördert werden, die auch auf anderem Wege (Arbeitsorganisation, Reduzierung der Gewinne, o.ä.) in der Lage wären, einen Mindestlohn einzuführen. Auch dürfen Unternehmen nicht gefördert werden, die lediglich aufgrund von Dumpinglöhnen konkurrenzfähig sind, obwohl in der Branche höhere Löhne üblich sind.

Zudem erachten wir es als sinnvoll, dass es einen gewissen zeitlichen Vorlauf bei der Einführung des Mindestlohns gibt, damit sich die Unternehmen darauf einstellen können. Ebenfalls halten wir eine professionelle Beratung der Unternehmen für notwendig, bei der, anhand ihrer konkreten Situation, Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsorganisation, der Produkte, des Kundenkontaktes oder auch anderweitiger Kostenanpassungen erörtert werden. Nicht zuletzt sollte die Einführung des Mindestlohns durch eine Weiterbildungsoffensive begleitet werden.

Vom einem gesetzlichen Mindestlohn profitieren auch die kleine Unternehmen. Er bietet Schutz vor Niedriglohn-Konkurrenz. Das ist besonders vor dem Hintergrund wichtig, dass mit der seit Mai 2011 geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit Arbeitende aus anderen EU-Staaten zu Tarifen ihrer Heimatländer beschäftigt werden können. Ein Mindestlohn schützt kleine und mittelständische Betriebe gegen Dumping-Praktiken international agierender Konzerne. Zudem stärkt der Mindestlohn die Binnennachfrage: Ein Mindestlohn von zehn Euro entlastet nicht nur die öffentlichen Kassen und Sozialversicherungen um fast13 Milliarden Euro, sondern führt bei den Beschäftigten zu Einkommenssteigerungen von bis zu 26 Milliarden Euro, die in Konsum und Investitionen fließen. Wenn die Menschen genug Geld in der Tasche haben, dann werden Sie auch mehr investieren, d.h. sicherlich auch mehr Restaurants besuchen.

Mit freundlichen Grüßen
Janina Pfau