Frage an Jaroslav Curlisca von Gesa T. bezüglich Bildung und Erziehung
Wie stehen Sie zu den neuerdings verstärkt diskutierten Modellen der Ganztags- und Gesamtschulen? Was meinen Sie zu den G8-Plänen der Staatsregierung?
Vielen Dank für Ihre Frage, Frau Throm.
Die Erziehung der Kinder soll in der Familie stattfinden und ist keinesfalls Aufgabe des Staates und der Schulen. Jedoch erkenne ich an, daß für manche Familien Ganztagesschulen eine Erleichterung im Alltag sind und insbesondere dem Erwerbsleben der Mütter dienen. Daher sind sie als Angebot in den größeren Städten und Landkreisen zu stellen. Daneben soll der deutliche Schwerpunkt jedoch auf Halbtagesschulen liegen; in diesen ist auch möglichst auf Nachmittagsunterricht zu verzichten. Die Notwendigkeit von Ganztagsschulen soll auch dadurch verringert werden, daß durch ein höheres Kindergeld das Zurückstellen der Berufstätigkeit zugunsten der Kinder und deren Erziehung ermöglicht wird. Daneben sollen Eltern einen Rechtsanspruch darauf bekommen, ein bestehendes Arbeitsverhältnis in eine Halbtagsstelle umzuwandeln.
Das dreigliedrige Schulsystem mit Gymnasien, Haupt- und Realschulen muß unbedingt erhalten werden. Nur so ist eine optimale Bildung für alle Schüler möglich. Man muß einfach akzeptieren, daß nicht alle Schüler gleich begabt und intelligent sind. Gerade schwächeren Schülern ist nicht geholfen, wenn sie in einer gleichmacherischen Einheitsschule stets deprimierend schlechte Noten erhalten; vielmehr sollten sie dann verstärkt praktisch unterrichtet und auf eine spätere Lehre vorbereitet werden. Gymnasiasten sollen bereits möglichst früh an eigenverantwortliche universitäre Lerntechniken gewöhnt werden.
Allerdings darf das gute Abschneiden der bayerischen Schulen bei der PISA-Studie nicht zu einer übermäßigen Zufriedenheit und Lethargie führen. Vielmehr müssen wir uns stets fragen, ob unsere Schulen noch optimal auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkts und des Alltags vorbereiten; andererseits muß auch nicht jedem Trend hintergelaufen werden.
Meine Haltung zum G8 (achtjähriges Gymnasium, Abitur also nach insgesamt 2 Schuljahren) ist gemischt: Einerseits ist eine kürzere Schuldauer grundsätzlich positiv und ermöglicht einen früheren Einstieg ins Berufsleben. Andererseits besteht die Gefahr, sich durch die Verteilung des eingesparten 13. Schuljahr auf die 12 verbleibenden einer Ganztagsschule anzugleichen. Dieser Bestrebung trete ich (siehe oben) entschieden entgegen. Vielmehr sollten die Lehrpläne durchforstet und gestrafft werden: Realistisch gesehen behält ein Schüler wohl kaum mehr als einen Bruchteil des gelernten Stoffs dauerhaft. Bei aller Berücksichtigung eines breiten Wissens muß sich die Schule doch auf die solide Vermittlung gesellschaftlich anerkannten Allgemeinwissens konzentrieren. Unter Berücksichtigung dessen wäre eine Einsparung von zwei gymnasialen Lehrjahren umsetzbar.
Mit treubayerischem Gruß,
Jaroslav Curlisca.