Frage an Jens Geier bezüglich Finanzen

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Jens Geier
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Frage von Gisela K. •

Frage an Jens Geier von Gisela K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Geier,

Nach einem Bericht der Zeitung „European Voice” vom 4. Oktober 2012 („Quarrel erupts over OLAF- Regulation“) hat der Präsident des Europa-Parlaments die Entscheidung über den mit Rat und Kommission ausgehandelten Kompromissvorschlag zur Reform des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung verschoben.

Stimmt es, dass der Kompromiss die Frage von möglichen OLAF-Untersuchungen gegen Abgeordnete nicht zufriedenstellend regelt?

Wie beurteilen Sie die folgenden Neuerungen, die nicht nur, aber auch auf OLAF-Untersuchungen gegen Abgeordnete Anwendung finden werden:

-Geheimermittlungen, ohne dass die Betroffenen darüber informiert werden und ohne dass sie von OLAF zeitnah zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen gehört werden, nach alleinigem Ermessen des OLAF-Generaldirektors (Artikel 7a, Ziffer 4, dritter Absatz des Kompromissvorschlages, der auf der Website des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments veröffentlicht ist);

http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/cont/dv/st12735-ad01_/st12735-ad01_de.pdf

- Einschränkung der Kontrollbefugnisse des OLAF-Überwachungsausschusses, der künftig nicht mehr vorab informiert werden muss, wenn das Amt die nationalen Strafverfolgungsbehörden mit einem Fall befassen will, sondern lediglich im Nachhinein (Artikel 12, Absatz 4).

Halten Sie den damit einhergehenden Verzicht auf jegliche Form von unabhängiger Kontrolle während einer laufenden Untersuchung für vertretbar?

Stimmt es, dass OLAF auch künftig keine Zuständigkeit haben wird, Fälle von grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrügereien innerhalb der EU („Karussellbetrügereien“) zu untersuchen?

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Kind

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Sehr geehrte Frau Kind,

auch ich habe den Artikel zur OLAF-Reform in der ´European Voice´ gelesen. Leider ist er zu zugespitzt und transportiert missverständliche Informationen. Die Überarbeitung der OLAF-Regulierung war notwendig, um das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung bei seiner wichtigen Arbeit wirksamer und effizienter zu gestalten. Das Europäische Parlament hat - zusammen mit dem Rat - einen Kompromiss ausgearbeitet, um OLAF für die zukünftigen Aufgaben zu stärken.

Der von Ihnen angesprochene Punkt beschäftigt sich mit der Immunität der Europa-Abgeordneten. Um die Unabhängigkeit des Mandats zu gewährleisten, sollte diese Frage rechtlich eindeutig geklärt werden. Ich unterstütze eine klare Regelung dieser Frage. Allerdings ist die OLAF Regulierung dazu wenig geeignet. Die Rechte von OLAF und die Rechte von beschuldigten Abgeordneten im Verhältnis zur Immunität muss in einem separaten rechtlichen Rahmen geklärt werden, um diesem wichtigen Sachverhalt gerecht zu werden. Die neue OLAF-Verordnung berührt dieses Problem ausdrücklich nicht, verändert also nicht die Rechtslage.

Des Weiteren beziehen Sie sich auf Artikel 7a zu den Verfahrensgarantien. Die neue Verordnung schafft eine bessere rechtliche Grundlage und gibt den betroffenen Personen eine Reihe von Verfahrensgarantien. Ich kann Sieberuhigen, dass betroffene Personen auch weiterhin Gelegenheit haben werden, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Die neue Verordnung gewährt auch dem OLAF Überwachungsausschuss mehr Kontrollmöglichkeiten. Zum Beispiel nimmt dieser nun an den jährlichen Meinungsaustausch mit den EU-Institutionen teil oder er kann zusätzliche untersuchungsrelevante Informationen anfordern. All dies trägt zu einer Stärkung der Kontrollfunktion des OLAF Überwachungsausschusses bei.

Die von Ihnen angesprochenen "Karussellbetrügereien" machen auch mir Sorgen. Die Verantwortung zur Ermittlung dieser Fälle liegt allerdings bei den nationalen Zoll- und Steuerbehörden. Die Mitgliedstaaten sind leider sehr zurückhaltend, irgendeine Steuerzuständigkeit an die EU zu übertragen. Die Anwendung des sogenannten ´Reverse-Charge´ Verfahrens kann einen Ausweg bilden. Ich setze mich dafür ein, die europäische Gesetzgebung insoweit zu stärken, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen bei der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs noch besser nachkommen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jens Geier

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