Frage an Joachim Pfeiffer bezüglich Wirtschaft

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Joachim Pfeiffer
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Frage von Philipp S. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Philipp S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

was ist Ihre Position zu a) Einführung sogenanter Eurobonds und b) der im Moment diskutierten Einführung einer Finanztransaktionssteuer?
Sehen Sie andere Ansätze zur Lösung der europäischen Finanzkrise?

Mit freundlichen Grüßen,
Philipp Siegert

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CDU

Sehr geehrter Herr Siegert,

die Einführung von Euro-Bonds ist für mich zum jetzigen Zeitpunkt indiskutabel. Dies wäre in der Sache verfehlt und sendet politisch ein völlig falsches Signal aus. Es darf nicht sein, dass fehlende Haushaltdisziplin belohnt und eine verantwortungsvolle Konsolidierung bestraft wird. Länder, die im Windschatten einer guten deutschen Bonität fahren können, verlieren den Anreiz, den eigenen Haushalt zu sanieren. Das Geld bekommt der einzelne Staat, die Schuld tragen alle. Zudem müsste Deutschland durch die Errichtung des Euro-Kreditpools mit höheren Zinskosten rechnen. Darüber hinaus läuft man Gefahr, das Bail-Out-Verbot durch die Ausgabe von Euro-Bonds zu umgehen.

Das würde den Anreiz jedes Euro-Staates schwächen, mittels eines soliden Haushalts und Wirtschaftsreformen die eigene Bonität zu wahren. Die EU-Akzeptanz würde auf einen neuen Tiefpunkt sinken. Dies kann nicht das Ziel sein. Daher kann das Thema Euro-Bonds nicht am Anfang stehen, sondern höchstens am Ende, als Schlussstein der europäischen Integration der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Europa braucht mehr denn je ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept mit einem zuverlässigen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte. Es gilt den Stabilitätspakt weiter zu schärfen, um künftig deutlich früher als bisher mit einem neuen Frühwarnsystem einzugreifen.

Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer befürworte ich. Wir haben nicht nur mehrere Krisen erlebt, sondern stecken teilweise noch mitten darin. Bisher sind Transaktionen von Wertpapieren, Anleihen, Derivaten und Devisengeschäften in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern noch steuerfrei. Eine Finanztransaktionssteuer würde dies ändern. Sie könnte sicherstellen, dass die Kreditinstitute einen fairen Beitrag zu den Kosten der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise leisten. Durch ihre Einführung verlören riskante Börsengeschäfte ihren Reiz, da die Steuer die Kosten für hochriskante Spekulationen erhöht und sie so unattraktiver macht.

Eine Finanztransaktionssteuer dürfte allerdings keinesfalls isoliert, sondern günstigerweise international, mindestens aber europaweit eingeführt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland zu erhalten. Gäbe es nur hierzulande eine solche Steuer, würden die Börsengeschäfte woanders gemacht.

Natürlich bedeutet jede Regulierung und jede Besteuerung immer auch ein gewisses Stück Wettbewerbsminderung für den eigenen Markt. Wenn wir dadurch aber einen stabilen und damit möglichst krisenfesten Markt erreichen können, ist es der richtige Weg, scharfe Bedingungen für den Finanzmarkt zu schaffen und ihn gleichzeitig an den Kosten möglicher Krisen zu beteiligen.

Ein positiver Nebeneffekt der Transaktionssteuer wären Mehreinnahmen für den Haushalt. Berechnungen des Wiener Wifo-Instituts zufolge würde allein Deutschland bei einem angenommenen Steuersatz von 0,05 Prozent von 10 bis 20 Milliarden zusätzlichen Einnahmen jährlich profitieren – und das selbst unter Berücksichtigung von Abwanderungstendenzen.

Oberste Priorität hat in der gegenwärtigen Lage die Konsolidierung und die wirtschaftliche Koordinierung der europäischen Finanz- und Haushaltspolitik. Es gilt, entsprechende Rahmenbedingungen für die EU und auch Übersee herzustellen. Als letzter Meilenstein am Ende eines langen Prozesses können dann Euro-Bonds stehen und zu höherer Marktliquidität und besseren Refinanzierungsmöglichkeiten führen, keinesfalls jedoch in der aktuellen Situation. Hier geht es nicht um Solidarität, sondern um die langfristige Stabilität des Euros. Dafür muss neben der Möglichkeit eines Eingriffsrechts in nationale Wirtschafts- und Haushaltspolitik die verfassungsrechtliche Schuldenbremse unionsrechtlich zwingend sein. Alle müssen am selben Strang ziehen und sich diszipliniert an eine strenge, an Stabilitätskriterien orientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik halten. Nur so wird ein verlässlicher Rahmen gesetzt und nur so können künftige Schuldenkrisen verhindert werden. Die Eingriffsrechte müssen dazu aber vertraglich gesichert sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB