Frage an Joachim Pfeiffer bezüglich Finanzen

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Joachim Pfeiffer
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Frage von Rainer S. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Rainer S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

die Abstimmungen über den weiteren Verlauf des EU-Rettungsschirmes gehen weiter. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Folgen für die Zukunft Deutschlands durch den Geldabfluss fortwährend schlechter werden. Im Haushalt der BRD sind in der Verschuldungsrate die Pensionsverpflichtungen nicht berücksichtigt. Es werden Schulden durch noch mehr Schulden bekämpft. Wo dies hinführt hat schon der Ökonom Ludwig von Misen 1924 dargestellt. (Verweise auf einen Artikel in der Wirtschaftswoche 2012 Nr 16; S 44-47). Auch Herr Hankel hat sehr ausführlich die Zusammenhänge für die jetzige Vorgehensweise dargestellt. Die Renditen für Italien, Spanien sind wieder angezogen. Warum? Weil die Sparbemühungen aufgeweicht werden. Das ist der Markt.

Haben Sie Argumente wirtschaftlicher Art, die für das weiter Schuldenmachen, Unterstützen - Weiter So sprechen, so würde ich mich freuen, diese von Ihnen dargelegt zu bekommen.

Ansonsten fordere ich Sie auf, diesen Kreislauf des Schuldenmachens nicht mehr weiter zu unterstützen.

Mit freundlichem Gruß
Rainer Seidl

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CDU

Sehr geehrter Herr Seidl,

nach den Parlamentswahlen in Griechenland und Frankreich hat sich die Diskussion um die richtige Strategie zur Überwindung der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum vertieft. Es steht für mich außer Frage, dass die Staaten des Euro-Raums – im Übrigen auch viele weitere fortgeschrittene Länder – an den Grenzen ihrer Verschuldungsfähigkeit angekommen sind. Eine Reduzierung der Schuldenstände in Relation zum Bruttoinlandsprodukt ist unabdingbar. Die großen Herausforderungen der fiskalischen Konsolidierung sind jedoch ohne Wirtschaftswachstum mittelfristig nicht zu leisten.

Ich bin der Überzeugung, dass die vereinbarten Bedingungen für weitere Kredite an Griechenland auch unter einer veränderten Regierungskonstellation nicht aufgeweicht werden dürfen, da dies ein falsches Signal an die hoch verschuldeten Mitgliedstaaten senden würde, über radikale Wahlentscheidungen Erleichterungen bei den notwendigen Anpassungsprogrammen erreichen zu können. Forderungen nach einer Aufweichung des Fiskalpaktes und nach Investitionsprogrammen, wie Sie dem neuen französischen Präsidenten Hollande vorschweben, halte ich deshalb für den falschen Weg. Das wäre der zweite Schritt vor dem ersten: erst soll Geld fließen und dann kommen eventuell Reformen. Eine Flutung mit öffentlichen Investitionsvorhaben würden den Reformwillen wieder schmälern. Fakt ist, dass in den meisten Ländern (Italien, Griechenland, Spanien) vieles angekündigt, aber leider nur ein Bruchteil umgesetzt wurde. Griechenland oder Spanien brauchen keine neuen Autobahnen und Brücken, sondern müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Das beginnt kurzfristig bei der Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und einer Reformierung der wohlfahrtstaatlichen Systeme. Langfristig sind Investitionen in die Köpfe notwendig. Die Länder müssen ihre eigene Agenda 2010 starten, Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen, funktionierende Rechtswege sicherstellen. Dann werden heimische und ausländische Unternehmen wieder investieren.

Trotz aller finanziellen Probleme sind die ökonomischen Perspektiven für Griechenland, Italien, Portugal und Spanien im Übrigen günstiger als oft dargestellt. So sind die Exporte im Jahr 2011 kräftig gewachsen und haben damit maßgeblich zum Abbau der Handelsbilanzdefizite beigetragen (sehen Sie die im Anhang beigefügten Grafiken ).

Konsolidieren und Wachsen muss das übergeordnete Motto werden, denn die Spielräume für eine stimulierende Finanz- und Geldpolitik sind in vielen Staaten bereits sehr eng geworden, eine Stärkung der Wachstumskräfte durch angebotsseitige strukturelle Reformen ist dafür in nahezu allen Industrieländern erforderlich. Nur durch das Zusammenspiel von Konsolidieren und Wachsen wird ein Schuh daraus.

Die Stabilität unserer Gemeinschaftswährung und die Stabilitätskultur in der Eurozone sind heute unbestritten. Der Euro ist die konsequente und notwendige Fortführung des europäischen Integrationsprozesses. Er hat seine großen Vorteile bewiesen. Die Schuldenkrisen in einzelnen europäischen Ländern zeigen aber, dass diese Vorteile nur durch mehr europäische Integration und bessere Stabilität dauerhaft gesichert werden können. Meine Hoffnung ist, dass die aktuelle Krisensituation Anlass und Wendepunkt ist in Richtung zu einer nachhaltigen europäischen Haushalts- und Wirtschaftspolitik, so dass diese in weiteren 15 Jahren eine eben solche Selbstverständlichkeit ist wie die Stabilitätskultur. Es muss gesamteuropäisch die Erkenntnis greifen, dass man nicht dauerhaft über seine Verhältnisse leben kann. Europa muss zu einer Stabilitätsunion mit gemeinsamen Werten, glaubwürdigen Regeln und klaren Sanktionen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB