Frage an Joachim Pfeiffer bezüglich Umwelt

Portrait von Joachim Pfeiffer
Joachim Pfeiffer
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Joachim Pfeiffer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Rolf F. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Rolf F. bezüglich Umwelt

Danke für Ihre Antwort. Hierzu stelle ich Ihnen folgende Fragen:
1. Wenn für die Produktion von regenerativer Energie nur 5-12 Cent gezahlt werden, und der Verbraucher 26 Cent bezahlt, dann stehen für das bloße Durchleiten, speichern und ggf. umwandeln 14-21 Cent zur Verfügung. Bei einem Jahresstromverbrauch von 606,8 Mrd. kWh sind das 84,9 – 127,4 Millarden €, die hierfür jährlich zur Verfügung stehen. Warum schreiben Sie trotzdem, dass 100 % regenrative Energien nicht bezahlbar sind ?
2. Mit Power to Gas und Gasspeichern können bequem schwankende Sonnenstrahlung und schwankender Wind über Monate aufgefangen werden. Stattdessen werden immer mehr Gasspeicher stillgelegt, und Gas (für wenige Tage) wird nur noch mit Hochdruck im Leitungsnetz gespeichert. Warum setzen Sie sich nicht für Gesetze ein, die Gasspeicher in die Absicherung der Energieversorgung einbinden ?
3. Warum gibt es kein Gesetz, dass die Inanspruchnahme von Grundstücken für den Anschluss von Windkrafträdern und Power to Gas Anlagen vorschreibt, so dass hier Grundstückseigentümer gnadenlos abkassieren können ?
4. Wissen Sie, wieviel Pumpspeicherwerke man allein mit 1 Milliarde jährlicher Redispatch–Kosten bauen kann ?

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Fischer

Portrait von Joachim Pfeiffer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fischer,

Ihr Enthusiasmus in allen Ehren, aber die Fakten sprechen eine andere Sprache. Auch wenn die Stromgestehungskosten von erneuerbaren Energien in den letzten Jahren gefallen sind und die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom günstiger geworden ist, liegt die aktuelle Durchschnittshöhe der Bestandsanlagen – also der Anlagen, die seit 2001 gebaut wurden – in einer ganz anderen Dimension: Die durchschnittliche Vergütung bei PV liegt bei knapp 33 Ct, bei Wind Onshore bei 9 Ct, bei Geothermie bei 23 Ct, bei Biomasse bei 20 Ct und bei Wind Offshore bei 15 Ct. Das heißt, dass der Strom von den etwa 80 GW an installierter EE-Leistung in Deutschland weit über den von Ihnen angenommen Stromgestehungskosten vergütet wird. Durch die hohe Einspeisevergütung wurde in den letzten Jahren ein erheblicher Ausgabenrucksack aufgeladen. Allein der Zubau bis 2014 kostet 400 Mrd. Euro. Über 120 Mrd. Euro an Vergütungen wurden zu dem Zeitpunkt bereits an die Anlagenbetreiber ausgezahlt. Weitere 285 Mrd. Euro kommen in Form von garantierten Vergütungszusagen bis 2035 noch hinzu. Dieser Ausgabenrucksack belastet die Verbraucher – Haushalte wie Unternehmen.

Die Kosten schlagen sich in den einzelnen Bestandteilen des Strompreises nieder. Der durchschnittliche Strompreis (Strompreisanalyse des BDEW) liegt aktuell bei 28,69 Ct/kWh. 6,11 Ct/kWh sind Beschaffung (also Erzeugung) und Vertrieb. 7 Ct sind Netzentgelt (inkl. Messung, Abrechnung, Messstellenbetrieb). Der Rest sind staatliche Abgaben und Umlagen - also ca. 15,5 Ct und 55 Prozent vom Strompreis. Allen voran die EEG-Umlage mit über 6,2 Ct/kWh. Das heißt, dass momentan 30 Prozent erneuerbare Energien im Strombereich schon über 6 Ct/kWh an Kosten bedeuten! Und das nur für die Erzeugungskosten. Hinzu kommen noch die Systemkosten für Netzausbau, Back-Up-Kosten, Redispatch usw., die sich in den verschiedenen Umlagen auf den Strompreis wiederfinden.

Und das sind die Kosten beim aktuellen Ausbaustand 2015. Je mehr erneuerbare Energien ausgebaut werden, desto mehr Infrastruktur in Form von Netzen und Speichern werden gebraucht. Zudem braucht es Back-Up-Kraftwerke, die Strom liefern, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint. Selbst wenn 200 GW an Windkraftanlagen installiert wären, würden diese keine einzige Kilowattstunde Strom produzieren, wenn Flaute herrscht. Deshalb werden konventionelle Kraftwerke zusätzlich benötigt, zumindest solange bis Speichertechnologien entwickelt und marktreif sind. All dies steigert natürlich die Kosten, was sich in höheren staatlichen Abgaben und Umlagen wiederspiegelt. Das käme nochmal on Top zu den jetzigen Kosten. Bei 100% an erneuerbaren Energien müssten Sie sehr tief in die Tasche greifen.

Sie sprechen die Power-to-Gas-Technologie an. Power-to-Gas ist eine interessante Technologie und hat das Potential in Zukunft einen zentralen Baustein im zukünftigen Energiemix darzustellen. Aber: "Ganz bequem" - wie Sie schreiben - passiert da gar nix. Und das hat auch nichts mit der Problematik der wirtschaftlichen Rentabilität von Gasspeichern zu tun. Da vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Power-to-Gas ist nach wie vor noch in der Entwicklungsphase. Es finden erste Pilotprojekte statt. Ein großflächiger Einsatz dieser Technologie wird erst erfolgen, wenn der Wirkungsgrad weiter gesteigert wird und die Kosten deutlich reduziert werden. Um wettbewerbsfähig zu sein, gilt es die Kosten mindestens um den Faktor 10 zu senken. Ich verfolge Power-to-Gas sehr aufmerksam und unterstütze die technologische Entwicklung nach besten Kräften, weil es sich in der Tat um eine sehr spannende Speichermöglichkeit handelt. Insbesondere das Speicherpotential, dass sich durch die Nutzung der Gasinfrastruktur heben lässt, ist beeindruckend. Über 200 TWh Strom könnte das bestehende Gasnetz in seinen knapp 500.000 km speichern, wenn die Verknüpfung von Strom- und Gasnetz durch Power-to-Gas gelingt.

Ich stimme Ihnen zu, dass die Entwicklung bei den Redispatch-Kosten besorgniserregend ist: Eine Vervierfachung auf 1 Mrd. gegenüber dem Vorjahr! Das ist in der Tat ein Problem. Nichtsdestotrotz werden Sie mit einer Milliarde aktuell kein einziges Pumpspeicherwerk bauen. Der aktuelle Marktrahmen - abgeschmolzene Preisspitzen durch den EE-Zubau - macht schon den bestehenden PSW das Leben schwer. An Neubau denkt momentan niemand. Hinzu kommt noch, die Problematik der öffentlichen Akzeptanz bei großen Infrastrukturprojekten.

Ihr Vorschlag, dass die Grundstückseigentümer ihre Grundstücke verpflichtend für Windkraftanlagen zur Verfügung stellen müssen, lehne ich entschieden ab. Denn Ihre Forderung verletzt das Recht auf Eigentum. Das Recht auf Eigentum ist ein Grundrecht und hohes Gut unseres demokratischen Rechtsstaats. Sehr geehrter Herr Fischer, der Umstieg auf erneuerbare Energien ist beschlossen und wird von allen Bundestagsfraktion mitgetragen. Der Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien ist jedoch ein Mammutprojekt und muss mit Maß und Mitte beschritten werden, damit die Belastungen für den Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland in einem erträglichem Rahmen bleiben. Die Energieversorgung muss auch in Zukunft sicher, sauber und bezahlbar sein.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer