Frage an Jörg van Essen von Fred L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr van Essen
Meinen Namen entnehmen Sie bitte links ;-)
Ich arbeite als Fach-Krankenpfleger in NRW und sehe mit Erschrecken die Entwicklung im Gesundheitswesen.
Um meine (wahl)-politsche Einstellung zu überprüfen hätte ich ein "paar" Fragen, bzgl. Ihrer Position( bzw. ihrer Partei) im Umgang mit Problemen der Krankenpflege.
Über eine Beantwortung würde ich mich sehr freuen.
P.S. Der Fairness halber sei erwähnt, dass ich die selben Fragen an die Kandidaten der anderen Parteien stelle.Außer der NPD, da interessiert mich die Meinung nicht.
• Wie sieht das Programm Ihrer Partei zum Umbau des Gesundheitswesens aus?
• Welche Vorstellungen hat Ihre Partei zur Prävention und Gesundheitsförderung entwickelt und in welcher Rolle sehen Sie die professionelle Pflege?
• Wie stellt sich Ihre Partei die Steuerungs- und Lotsenfunktion professioneller Pflege vor?
• Wie kann Ihrer Meinung nach rechtzeitige pflegerische Intervention erhebliche Kosten im Gesundheitswesen einsparen?
• Wie will Ihre Partei die Personalsituation von Pflegenden und Mitarbeitern im Gesundheitswesen verbessern?
• Bestehen in Ihrer Partei konkrete Überlegungen, dieses Wachstumspotential gezielt zu nutzen und Fördermittel in den Arbeitsmarkt Pflege umzuleiten?
• Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, dass sich die Personalbemessungen in allen Handlungsfeldern der Pflege zukünftig am realen Pflegebedarf der zu versorgenden Klienten orientiert? Wie steht Ihre Partei zum Erhalt der Fachkraftquote von 50 Prozent und wie wollen Sie die Versorgungsmängel beheben?
• Welche Pläne hat Ihre Partei zur weiteren Finanzierung der Pflegeversicherung?
• Wie steht Ihre Partei zu einer möglichen Erweiterung der Begutachtungskriterien zur Einstufung der Pflegebedürftigkeit um psychosoziale Hilfebedarfe?
• Welche Steuerungsmöglichkeiten sieht Ihre Partei, um den sinnvollen Grundsatz "Ambulant vor Stationär" konkret zu fördern?
• Wie steht Ihre Partei zur Hospizarbeit und zu Fragen der finanziellen Absicherung?
• Sieht Ihre Partei Chancen, die Regelung der Arbeitsplatzsicherung in der Zeit der Begleitung sterbender Angehöriger auch in Deutschland einzuführen?
• Wie steht Ihre Partei zur strukturellen Zusammenführung der Pflegeausbildungen?
• Wie planen Sie die Evaluationsergebnisse von Modellprojekten der Ausbildung in die gesetzliche Berufszulassung umzusetzen?
• Wie steht Ihre Partei zur Verlagerung der bisherigen Pflegeausbildung an Hochschulen, wie dies in den meisten europäischen Ländern bereits heute üblich ist?
• Mit welchen Maßnahmen will Ihre Partei dem absehbaren Pflegepersonalnotstand und der Unterversorgung der Pflegebedürftigen in Deutschland entgegenwirken?
• Welche Anforderungen stellt Ihre Partei an professionelle Pflege und wie soll diese finanziell durch Fort und Weiterbildungen sichergestellt werden?
• Mit welchen Maßnahmen will Ihre Partei Hochschulen und Praxisfelder der Pflegeforschung fördern und die Umsetzung in die Pflegepraxis unterstützen?
• Werden Sie einen Ausbau der Forschungskapazitäten für Pflege an Universitäten fördern?
• Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Ansätze zu unterstützen und wie fördert Ihre Partei die Schaffung der Rahmenbedingungen für die professionelle Umsetzung in die Pflegepraxis?
• Wird Ihre Partei weiterhin unqualifizierte und unkontrollierte Pflege zulassen?
• Wie steht Ihre Partei zu der gesetzlichen Registrierung und Lizenzierung von Pflegenden?
• Wird Ihre Partei die Errichtung von Pflegekammern in Deutschland unterstützen?
• Könnten Sie sich vorstellen, eine/einen Bundesbeauftragten für alle Pflegeberufe zu etablieren?
Sehr geehrter Herr Leicht,
Eine sehr umfassender Fragenkatalog, der einer nicht minder umfassenden
Antwort bedarf:
Gesundheitspolitik:
Ein wesentlicher Aspekt zur Sicherung einer guten gesundheitlichen Versorgung der gesamten Bevölkerung ist die Lösung des Problems, wie auch angesichts der demografischen Entwicklung in Kombination mit einem weiter fortschreitenden medizinischen und medizinisch-technischen Fortschritts die Finanzierbarkeit gewährleistet werden kann, ohne dass die nachwachsenden Generationen zu stark belastet werden. Dabei spielt die Frage eine große Rolle, ob und inwieweit es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger zu einem gesundheitsbewussten Verhalten zu motivieren. Je besser das gelingt, umso besser ist nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Kostensituation der Krankenversicherungen, denn viele Zivilisationskrankheiten lassen sich durch gesundheitsbewusstes Verhalten vermeiden. Allerdings sind spürbare Erfolge der Prävention erst mittel- bis langfristig spürbar. Sie sind zudem nicht sicher, weil Menschen trotz des Wissens um die Notwendigkeit gesundheitsfördernder Maßnahmen nicht immer bereit oder in der Lage sind, dieses Wissen in entsprechendes Handeln umzusetzen. An einer parallelen Auseinandersetzung über das Finanzierungssystem der Krankenversicherung führt deshalb kein Weg vorbei.
Wer drastischen Beitragsanstieg und/oder Rationierung vermeiden will, muss heute Vorsorge für die Zukunft treffen. Die FDP spricht sich deshalb für eine Finanzierung aus, die auf leistungsgerechten Prämien mit Altersrückstellungen beruht. Der heutige Arbeitgeberbeitrag soll zu einem Bestandteil des Lohnes werden. Abgesehen von einer Verpflichtung zur Absicherung medizinisch unbedingt notwendiger Leistungen soll der Versicherungsschutz nach den eigenen Präferenzen zusammengestellt werden können - mit einer Auswahl unter diversen Tarifen. Bürger, die aus eigenen Kräften nicht in der Lage sind, die medizinisch notwendigen Leistungen abzusichern, erhalten Unterstützung durch das Steuer- und Transfersystem. Die Prämien für Kinder übernimmt der Staat ganz. Ergänzt werden muss die Umstellung der Finanzierung durch eine wettbewerbliche Ausrichtung des Gesamtsystems, bei der bürokratische Hemmnisse abgebaut werden und Transparenz geschaffen wird. Der Staat soll lediglich einen Rahmen setzen und für die soziale Absicherung sorgen. Er soll aber nicht mehr alles bis ins Kleinste regeln.
Prävention:
Die Prävention verstanden als aktive Gesundheitsvorsorge ist primär eine individuelle Herausforderung. Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise der Entstehung von Gesundheitsrisiken vorzubeugen, qualitätsgesicherte Angebote sachgerecht zu nutzen und auch bei bereits vorhandenen Krankheiten durch ein verantwortungsbewusstes Verhalten dazu beizutragen, dass eine Besserung erreicht oder eine Verschlimmerung vermieden werden kann. Es ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung zur Vermeidung, Heilung und Linderung bei vielen Erkrankungen zu verdeutlichen und zielgerichtet Menschen, die von sich heraus ohne Hilfe nicht zu einem gesundheitsbewussten Leben in der Lage sind, dabei zu unterstützen, entsprechende Aktivitäten zu entfalten. Die Finanzierung darf deshalb nicht allein auf die Kranken- bzw. Sozialversicherung zentriert werden.
Im Hinblick auf die knappen finanziellen Ressourcen kommt es darauf an, keine neuen bürokratischen Strukturen zu schaffen, sondern die vorhandenen koordiniert zu nutzen. Dabei spielt eine Optimierung der Zusammenarbeit staatlicher Organisationen mit der Selbsthilfe, die einen speziellen Zugang zu den Betroffenen hat, eine große Rolle. Eine Gesamtstrategie muss verhaltensbezogene und verhältnisbezogene Maßnahmen berücksichtigen mit dem Ziel, dass Menschen mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer übernehmen. Darüber hinaus sollen sie besser in die Lage versetzt werden, die Angebote des Gesundheitswesens sachgerecht zu nutzen. Notwendig ist eine Hilfestellung durch kompetente Partner wie Ärzte, Pflegekräfte, Krankenkassen, und Patientenverbände, die sich zur Aufbereitung und Vermittlung der notwendigen Informationen zusammenschließen sollen.
Damit Kinder sich zu eigenverantwortlichen Bürgern entwickeln können, bedarf es einer frühzeitigen, umfassenden Gesundheitsförderung, die Eigenaktivität, Eigenverantwortung, soziale Verantwortung, Gesundheitsbewusstsein und Lebenskompetenz von klein auf fördert. Um die Entwicklung zu gesundheitsbewusstem Verhalten zu unterstützen, sind geeignete Rahmenbedingungen, eine geeignete Infrastruktur und eine umfassende Informations- und Kommunikationsstrategie notwendig. Wichtige Orte der Prävention sind Familie, Kindergarten, Schule, Betrieb und Kommune. Auch die Medien spielen in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Sie müssen über ihren Bildungsauftrag bzw. über freiwillige Vereinbarungen stärker in die gesamtgesellschaftliche Verantwortung eingebunden werden.
Im Hinblick auf die knappen finanziellen Ressourcen ist eine Priorisierung unumgänglich. Im Vordergrund sollen Maßnahmen zur Verhinderung vermeidbarer, besonders belastender und besonders teurer Krankheiten stehen, die bevorzugt an folgenden Zielgruppen ansetzen sollen:
– Kinder und Jugendliche
– alte Menschen
- benachteiligte Gruppen.
Pflege:
Im Gesundheitswesen liegt die Steuerungsfunktion bei den behandelnden Ärzten, die für die Krankenbehandlung verantwortlich sind und haften müssen. Dabei sind sie auf eine gute und enge Zusammenarbeit mit den Pflegekräften angewiesen, die teilweise die Patienten sehr viel häufiger und näher betreuen. In den Krankenhäusern spiegelt sich die Bedeutung der Pflegekräfte z. B. in ihrer Vertretung in den Führungsgremien wider. Wer im Einzelnen am besten die Koordination übernimmt, hängt von der jeweiligen Struktur vor Ort ab. So kann es sinnvoll sein, die schon während eines Krankenhausaufenthalts notwendige Sicherung der Anschlussbetreuung durch die häusliche Pflege auch durch Pflegekräfte organisieren zu lassen. Zu 2.3 und 3.2:
Angesichts der zu erwartenden Auswirkungen der demografischen Entwicklung muss die Pflege ein attraktiveres Berufsfeld werden. Die Pflege ist ohne Zweifel einer der größten Wachstumsmärkte. Um einem möglichen Personalnotstand entgegen zu wirken, müssen wir jedoch konkret an dessen Ursachen ansetzen.
Bisher wird versucht, ein hohes Qualitätsniveau über eine detaillierte Festlegung der Strukturen und Prozesse in die Einrichtungen quasi hinein zu regulieren. In der Folge werden laut Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V (VdAB) 40 Prozent der Arbeitszeit einer Pflegekraft für verwaltende Tätigkeiten benötigt. Arbeitszeit, die für derartige Tätigkeiten benötigt wird, steht allerdings nicht mehr für die Pflege und soziale Betreuung des Pflegebedürftigen zur Verfügung. Dass die Überreglementierung somit nicht zu einer entscheiden Verbesserung der Lebensqualität der Pflegebedürftigen geführt hat, zeigen auch die Ergebnisse des Berichtes des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen aus dem letzten Jahr („Qualität in der ambulanten und stationären Pflege“). Die starre Festlegung bestimmter Anforderungen an Strukturen und Prozesse in der Hoffnung, auf diesem Weg ein höheres Qualitätsniveau zu erreichen, zeigt sich ebenfalls in der Überreglementierung des Personaleinsatzes. Die so genannte „Fachkraftquote“ fußt ebenfalls auf der Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen Qualifikation und Qualität. Wer als Fachkraft gilt, ist wieder von Bundesland zu Bundesland verschieden. Ebenso variiert der Bezugswert der Fachkraftquote, Tag oder Schicht, zwischen den Bundesländern. Durch eine starre Fachkraftquote wird ein auf den individuellen Pflegebedarf abgestimmter Personaleinsatz nicht ermöglicht, die Sicherung von Qualität und ein effizientes unternehmerisches Handeln der Einrichtung erschwert. Die Überregulierung hat auch dazu beigetragen einen erheblichen Misstrauensvorbehalt gegenüber Pflegenden aufzubauen. Sie hinterlässt in der Öffentlichkeit das Bild, dass Pflegende eigenverantwortlich nicht in der Lage wären, eine qualitativ hochwertige Pflege bereit zu stellen. Für die FDP ist dieser erhebliche Misstrauensvorbehalt gegenüber Pflegenden verfehlt und kontraproduktiv: Er demotiviert die Betroffenen, die ohnehin schon in einem durch starke physische und psychische Belastung geprägten Berufsfeld tätig sind und eigentlich ja nur einen Dienst am Menschen leisten wollen. Die in regelmäßigen Abständen in den Medien beschworenen Pflegeskandale, die Einzelfälle schlechter Pflege generalisieren, tragen ebenfalls ihren Teil bei. Die Überbürokratisierung und das, auch hieraus, resultierende schlechte Image von Pflege sind Gründe, weshalb Pflegende ihr Beruf verlassen oder junge Menschen sich erst gar nicht für die Pflege entscheiden.
Hier gilt es, mit einem entschiedenen Bürokratieabbau anzusetzen. Pflegenden muss wieder mehr Zeit für die Pflege und soziale Betreuung des Pflegebedürftigen bleiben. Erforderlich ist auch ein Perspektivenwechsel: Nicht mehr Strukturen und Prozesse sollten im Mittelpunkt stehen, sondern das Pflegeergebnis. Starre Regelungen von Prozessen und Strukturen, die zu keiner entscheidenden Verbesserung der Lebensqualität der Pflegebedürftigen geführt haben, gehören auf den Prüfstand. Einen entsprechenden Antrag hat die FDP noch vor der Sommerpause in den Deutschen Bundestag eingebracht („Entbürokratisierung der Pflege vorantreiben – Qualität und Transparenz der stationären Pflege erhöhen“, siehe auch Antwort unter 3.3, 3.5 und 4.1).
Effizientes unternehmerisches Handeln kann durch Assessmentinstrumente, die auch eine auf individuelle pflegerische Bedarfe abgestimmte Personalplanung er-möglichen, erleichtert werden. Die Entscheidung, ob und welche internen Instrumente eine Einrichtung einsetzt, sollte jedoch in der unternehmerischen Eigenverantwortung liegen.
Die FDP hat zur Zukunft der Pflege in ihrem Wahlprogramm von allen Parteien die konkretesten Vorschläge gemacht. Eine Stärkung der Pflege im häuslichen Umfeld, eine Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherungen und die stärkere Berücksichtigung des besonderen pflegerischen Bedarfs Demenzkranker sind für uns wesentliche Reformelemente. Wir müssen jedoch darauf achten, den zweiten Schritt nicht vor dem ersten zu machen: Nur wenn die nachhaltige Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung gesichert ist, haben wir einen Spielraum zur Dynamisierung und Ausweitung der Leistungen.
Unser Ziel eines nachhaltigen, generationengerechten und wettbewerbsorientierten Pflegeversicherungssystems ist nur mit einem gleitenden Übergang in ein kapitalgedecktes System realisierbar. Wir müssen in der Pflege weg von der Zwangsversicherung, hin zu einer Pflicht zur Versicherung. Jeder Bürger muss, bei freier Wahl von Versicherung und Tarif, ein vorgegebenes Regelleistungsniveau absichern. Die soziale Pflegeversicherung wird aber weiterhin nur eine Teilabsicherung des Pflegerisikos gewährleisten können. Deshalb soll jeder motiviert werden, seinen Versicherungsschutz je nach Präferenz auszuweiten. Ein Versicherungswechsel soll möglich sein. Im Rahmen eines gleitenden Übergangs wird der kohortenspezifische Prämienbeitrag gedeckelt, der bisherige Arbeitgeberbeitrag wird ausgezahlt und versteuert. Über den Aufbau von Altersrückstellungen können die Kosten aufgefangen werden, die auf eine alternde Gesellschaft zukommen und es wird ebenso vermieden, dass diese Kosten, wie im bisherigen Umlageverfahren und in einer Bürgerversicherung, auf nachfolgende Generationen verschoben werden. Der gleitende Übergang in ein Kapital gedecktes Versicherungssystem ist ebenfalls verbunden mit der Abkehr von der lohngebundenen Finanzierung des Pflegerisikos. Nur so können wir die Abwärtsspirale von hoher Arbeitslosigkeit und steigenden Beiträgen bzw. Rekorddefiziten verlassen. Die Bürgerversicherung würde diese Probleme unserer Meinung nach, aber auch nach Meinung zahlreicher Experten, verstärken. Des Weiteren soll der soziale Ausgleich aus dem Versicherungssystem hinaus dahin verlagert werden, wo er zielgenauer und transparenter ist: ins Steuer- und Transfersystem. Der Beitrag für den gesetzlich verpflichtenden Versicherungsumfang ist im Bürgergeld-Modell der FDP als Pauschale enthalten.
Hospize/Sterbebegleitung:
Die FDP will den Ausbau der Hospize. Menschenwürdiges Sterben muss ermöglicht werden. Wir sehen hier eine ethisch begründete Priorität der Gesundheitspolitik: die Konzentration knapper Mittel auf die Schwächsten. Die FDP spricht sich für die Beibehaltung der bisherigen Finanzierungsregelung aus: Die Eigenfinanzierung der Hospize von mindestens zehn Prozent sollte nicht weiter abgesenkt werden. Die Notwendigkeit, Spenden einzuwerben, verankert die Hospize in der Bürgerschaft und macht sie so unabhängiger von Entscheidungen anderer Akteure des Gesundheitswesens.
Die FDP befürwortet die Diskussion um eine unbezahlte Arbeitsfreistellung zur Pflege sterbender Angehöriger. Die Sterbebegleitung durch Angehörige ist die menschlich beste Lösung für die betroffenen Sterbenden. Vor einer endgültigen Entscheidung müssen aber die Erfahrungen hierzu aus Österreich genauer evaluiert werden. Wenn man sich für eine solche „Familienkarenz“ wie in Österreich entscheidet, sollte sie in jedem Fall im Dialog mit den Arbeitgebern entwickelt werden. Dabei sind betriebliche Interessen sind mit denjenigen, die Sterbebegleitung leisten, möglichst in Einklang zu bringen.
Ausbildung in Pflegeberufen:
Die Veränderungen im Bereich der Pflege, unter anderem der demografische Wandel, aber auch die gestiegenen fachlichen und persönlichen Anforderungen an Pflegende, erfordern zunehmend auch eine Veränderung in der Ausbildung qualifizierter und im europäischen Vergleich wettbewerbsfähiger Pflegekräfte. Pflegende unterstützen Pflegebedürftige längst nicht mehr nur bei Verrichtungen des Alltags, sondern sind zunehmend beratend und betreuend tätig, für Pflegebedürftige und auch deren Angehörige.
Um die Pflege europafest zu machen – auch im Hinblick auf eine zunehmend geforderte innereuropäische Mobilität von Arbeitskräften – sollte angestrebt werden, die Ausbildungssysteme für Pflegeberufe innerhalb der EU-Länder vergleichbar zu gestalten. Dies erfordert eine Festlegung auf klare Zugangskriterien, Qualifikations- und Abschlussprofile für die einzelnen Ausbildungen. Auch über die erste Ausbildung hinaus müssen sich Pflegende mit ihren Kollegen aus anderen EU-Ländern in Fort-, Weiterbildungs- und Studienabschlüssen vergleichen lassen können. Vom Lernenden erbrachte Leistungen während der Ausbildung könnten zudem über ein Credit-Point-System länderübergreifend vergleichbar gemacht werden.
Es wäre ebenfalls überlegenswert, die Ausbildung in den Pflegeberufen nach anderen Kriterien zu differenzieren, als dies bisher der Fall war. Es ist zu überprüfen, ob eine Differenzierung der Qualifikation nach Bedarf, also nach Grad der Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person und der Komplexität der zu erfüllenden Aufgabe, einer Differenzierung nach Lebensphasen vorzuziehen ist. Dies würde auch dem Ziel gerecht, das Berufsfeld der Pflege für möglichst viele Personen attraktiv zu machen. In den einfachen Qualifikationsstufen - das sind Personen, die alltägliche pflegerische Aufgaben verrichten - wäre dementsprechend das Anforderungsprofil geringer anzusetzen. Mit dem Umfang der zu erfüllenden Aufgabe und der erforderlichen Spezialisierung, bis in den akademischen Bereich hinein, stiege dann das Anforderungsprofil und die Ausbildung würde zunehmend in den Hochschulbereich verlagert. Es wäre jedoch darauf zu achten, dass die verschiedenen Qualifikationsstufen durchlässig blieben, der Aufstieg in eine höhere Stufe bei entsprechender Qualifikation und/oder Weiterbildung möglich ist. Dies gäbe zusätzliche Anreize zu einem lebens-langen Lernen im Pflegeberuf, was eine stärkere praktische Umsetzung von neuen medizinischen Erkenntnissen in diesem Bereich möglich machen würde.
Die FDP will in der Pflege einen Paradigmenwechsel, weg von einer detaillierten Festlegung der Struktur- und Prozessqualität hin zu einer Konzentration auf das Pflegeergebnis. Der Wachstumsmarkt Pflege muss von Regelungen befreit werden, die zu keiner spürbaren Verbesserung der Lebensqualität der Pflegebedürftigen geführt haben. Pflegenden muss mehr Zeit für die Pflege und soziale Bereuung der Pflegebedürftigen verbleiben.
Noch vor der Sommerpause haben wir deshalb den oben bereits erwähnten Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht. In unserem Antrag fordern wir unter anderem eine stärkere Konkretisierung der Prüfkompetenzen von Medizinischem Dienst der Krankenkassen (MDK) und Heimaufsicht sowie eine verbesserte inhaltliche und terminliche Zusammenarbeit zwischen den weiteren Prüfinstanzen. Des Weiteren ist schwerpunktmäßig zu unangemeldeten anlassbezogenen und ergebnisqualitätsorientierten Prüfungen im SGB XI überzugehen.
Zudem fordert die FDP eine stärkere Professionalisierung der Pflege. Dazu gehört unter anderem eine Ausweitung der bisher sehr eng gefassten Definition der Pflegefachkraft. Ziel einer stärkeren Professionalisierung muss es sein, zu einem steigenden Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der Pflegenden beizutragen – auch um das Image und die Attraktivität des Berufsfelds Pflege zu steigern.
Um gute Pflege von schlechter oder gar gefährlicher Pflege unterscheiden zu können, brauchen wir mehr Transparenz über die Qualität der Pflege. Ein Benchmarking unter den Einrichtungen nach bundeseinheitlichen Qualitätskriterien kann hier helfen. Ziel ist es, dass diejenigen Einrichtungen im Lichte der Öffentlichkeit stehen, die ein hervorragendes Pflegeergebnis abliefern. Pflegebedürftige und ihre Angehörige kön-nen eine Einrichtung dann auch nach qualitativen Aspekten auswählen. Problematisch sind jedoch die Fälle, in denen aus Kostengründen auf eine qualitativ hochwertige Pflege verzichtet wird. Vielen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen waren vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit die entstehenden Kosten nicht vollständig bekannt, individuelle Vorsore in dem Glauben, die soziale Pflegeversicherung werde schon für alle Kosten aufkommen, wurde nicht in ausreichendem Umfang betrieben. Kann die Pflege dann nicht durch Angehörige alleine sicher gestellt werden, wird in einigen Fällen auf illegale, nicht unbedingt ausreichend qualifizierte, Pflegekräfte zurück gegriffen. Die FDP will angesichts der hieraus resultierenden Versorgungsmängel zu Lasten der Pflegebedürftigen nicht untätig bleiben. In Anbetracht der Besonderheit dieser Fälle, eine Lösung über verstärkte Kontrollen in der Häuslichkeit der Pflegebedürftigen selbst dürfte an rechtlichen Problemen scheitern, führt die FDP bereits Gespräche mit Verbänden und Experten über gangbare Lösungsansätze.
Die FDP ist zu weitergehenden Diskussionen, beispielsweise zur Einrichtung von Pflegekammern, gerne bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg van Essen
Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion