Frage an Jörn Wunderlich bezüglich Recht

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Jörn Wunderlich
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Frage von Bernd R. •

Frage an Jörn Wunderlich von Bernd R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Familienrichter a.D. Wunderlich,

gern wüßte ich zunächst, welche Hinderungsgründe einer Beantwortung der Fragen entgegenstehen, die ich Ihnen vor 2 1/4 Jahren hier gestellt hatte (1).

Ihr Thüringer Genosse TEMPEL hat mir inzwischen empfohlen (2), mich mit weiteren Fragen aus Ihrem Spezialgebiet (Familienrechtspraxis) doch auch an Sie zu wenden, was ich hiermit gern tue:

1.) Wie stellen Sie sich die Aufklärung eines Kindes über sein Zeugnisverweigerungsrecht vor in familiengerichtlichen Angelegenheiten, in denen es um die Zuschreibung (oder Aberkennung) von Kompetenzen seiner engsten Familienangehörigen - und um sein Schicksal - geht?

2.) Können Sie mir mitteilen, von wem genau die Initiative für die "neue Gesetzeslage" ausging, die eine Befragung kleiner Kinder durch Richter und "mitwirkende" Sozialpädagogen von Jugendämtern? vorsieht, aber keine Regelung bzgl. der Aufklärung von womöglich gar nicht Aufklärungsfähigen erkennen läßt?

3.) Meinen Sie, die Befragung von - sozusagen ahnungslosen - Kindern sei i.d.R. in deren wohlverstandenem Interesse und Ausdruck des Willens des insoweit - auch über die denkbaren Folgen gemäß familiärer Beistandspflicht - § 1618a BGB - umfassend aufgeklärten Volkes?

Ich bitte höflichst um vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung (auch der Fragen vom 31.10.2013).

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Rieder
Kupferschmied und Obmann der Feldgeschworenen, Betriebswirt
2. Vorsitzender des Vereins Anti- Korruption.Reformation 2014 e.V.

1) http://www.abgeordnetenwatch.de/joern_wunderlich-778-78583--f409613.html#q409613
2) http://www.abgeordnetenwatch.de/frank_tempel-778-78523.html#questions

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Rieder,

Hinderungsgründe stehen nicht entgegen, die Beantwortung ist schlicht vergessen worden.
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich damals eine Anfrage über die bayerische Linke gestellt, jedoch blieb diese ohne verwertbare Ergebnisse. Insoweit wäre es hilfreich zu erfahren, an welchen Gerichten genau es zu den behaupteten Vorfällen gekommen sein soll.

Hinsichtlich der Datenkriminalität hat meine Fraktion die Vorhaben in Indien und Brasilien zum Schutz der elektronischen Kommunikation von Behörden zur Kenntnis genommen.
In Deutschland sollte mit DE-mail bereits ein geschütztes System eingerichtet werden. Allerdings wurde darauf verzichtet, die dafür notwendige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vorzunehmen. Auf dem Weg zum Server sind die Mails daher ungeschützt. Die vorgenannte Verschlüsselung hat die LINKE gefordert und zwar nicht nur für Behörden, sondern für alle Bürger. Nach Auskunft des zuständigen Fachbereichs meiner Fraktion, wird dies Problem erneut von uns beim Abschlussbericht des NSA-Untersuchungsausschusse benannt und die entsprechenden Maßnahmen gegen das Abgreifen von Kommunikationsdaten gefordert. (Beantwortung der Frage vom 31.10.2013)

Nun zu Ihren aktuellen Fragen:

Zu 1.)
Eine solche Anhörung soll in einer geschützten Gesprächssituation stattfinden, wobei das Kind seinem Alter entsprechend über das Verfahren und die möglichen Ausgänge desselben zu informieren ist, es sei denn, dass Nachteile für das Kind zu befürchten sind (etwa Weglaufen oder Selbstgefährdung etc.) Auch der Umfang der Information ist sorgfältig zu prüfen, um das Kind nicht zu belasten.
Die individuelle Gestaltung der Kindesanhörung liegt im Ermessen des Gerichts, sowohl was den zeitlichen Rahmen als auch die Umgebung anbelangt. Dies muss jeweils von Einzelfall zu Einzelfall entschieden werden.
In diesem Bereich gilt höchste Sensibilität, sowohl seitens des Gerichts als auch des bestellten Verfahrensbeistandes, wobei ich dessen Rolle für sehr wichtig erachte.

Zu 2.)
Von wem genau die Initiative ausging, kann ich Ihnen nicht sagen, es handelt sich aber um einen Gesetzentwurf der Regierung, welcher als Referentenentwurf nach dem gängigen Verfahren zunächst an beteiligte Verbände und auch Familiengerichte und Jugendämter geschickt wird, um von dort aus Stellungnahmen dazu einzuholen. Zu dem Gesetzentwurf wurde auch eine Anhörung durchgeführt, wobei ich aufgrund des Zeitablaufs mich an den wortgetreuen Inhalt nicht erinnern kann. Ebenso vermag ich die von Ihnen gestellte Frage, von wem die von Ihnen angesprochene Regelung konkret initiiert worden ist, nicht zu beantworten. Hinsichtlich der personellen und fachlichen Ausstattung hatte die Linke zu dem Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag gestellt, welcher jedoch von der Regierungskoalition abgelehnt worden ist.
Bei zu befürchtenden schwerwiegenden Belastungen für das Kind, kann allerdings von einer Anhörung abgesehen werden, wobei ich gleichzeitig zu bedenken gebe, dass das Kind auch so weit entwickelt sein muss, um nach der kindgerechten Information eine eigene Stellung oder Position zu beziehen und diese auch zu äußern. Inwieweit oder bis zu welchem Alter Sie Kinder noch als kleine Kinder bezeichnen, vermag ich nicht zu beurteilen.

Zu 3.)
Ich denke, dass bei allen Entscheidungen das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen muss. Aufgrund der altersgerechten Information sind die Kinder nicht – wie von Ihnen unterstellt – ahnungslos, wobei ich gleichzeitig die entsprechende berufliche Fortbildung und Qualifikation von Richtern erwarte, die in diesem Bereich tätig sind, um eben der von Ihnen behaupteten Ahnungslosigkeit vorzubeugen. Dies widerspricht auch nicht der familiären Beistandspflicht.