Frage an Jürgen Klimke bezüglich Gesundheit

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Jürgen Klimke
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Frage von Moritz L. •

Frage an Jürgen Klimke von Moritz L. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Klimke,

in Ihrer Antwort vom 22.07.2010 halten Sie fest, das Sie die Gesundheitsreform für den Bürger "ohne zusätzliche Antragstellung umsetzbaren Sozialausgleich über das Steuersystem" finanziell ertragbar gemacht werden soll. Gleichzeitig sagen Sie das die Verwaltungskosten bei den Krankenkassen verringert werden müssen, was in meinen Augen einer Umschreibung für das reduzieren von Personal gleichkommt.

Korrigieren Sie mich bitte wenn ich falsch liege, aber müssen die pauschal versteuerten Arbeitnehmer im Zuge der angemahnten Preisvergleiche nicht stetig bei Ihrem Arbeitgeber neue Pauschbeträge eintragen, bzw müssen Sie nicht, um am Ende den Vorteil/die Unterstüzung auch kassieren zu können, eine Steuererklärung abgeben?

Finanzämter klagen seit langem über Personalnot und Ihnen steht meiner Ansicht ein unkontrolierbarer Schwall an neuen individuellen Erklärungen ins Haus. Hinzu kommt das dieser Vorgang, der den Bürger zu einer individuellen Steuererklärung nötigt, für den Staat langfristig ein sicheres Minusgeschäft ergibt. Jeder Steuerberater wird ihnen dies gern bestätigen.

Und was bedeutet dieser potenzielle Verwaltungszuwachs auf Seiten der Lohnbuchhalter in den Betrieben und beim Finanzamt? Ich erinnere Sie hier nur an die sogenannte "Vereinfachung" durch das ELONA System. Diese cumputerisierte Verwaltungsmechanerie führte doch zu einer totalen Entfremdung der Bürger zum Staat!

Ich befürchte Sie haben sich mit dieser Reform einen Bärendienst getan und dem Bürger nicht mehr Freiheit bei der Entscheidung erstritten, sondern ihm lediglich eine kompliziertere Eigenverwaltung aufgedrückt.

Wie stehen Sie zu dieser Analyse?

Mit freundlichen Grüssen

Moritz Langwald

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Sehr geehrter Herr Langwald,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum GKV-Finanzierungsgesetz auf
http://www.abgeordnetenwatch.de .

Wenn ich Sie richtig verstehe, geht es Ihnen im Kern um die Frage, wie sicher gestellt wird, dass der Sozialausgleich im Falle der Bedürftigkeit ohne Antragstellung automatisch optimal funktioniert, ohne dass der Bürger hierzu tätig werden muss. Lassen Sie mich hierzu ein Missverständnis aus dem Weg schaffen: der Sozialausgleich der Prämie läuft völlig unabhängig vom Sozialamt oder der Steuer, sondern ausschließlich über das sozialversicherungspflichtige Einkommen.

Lassen Sie mich also zunächst etwas zum unbürokratische Sozialausgleich sagen, um anschließend detaillierter auf die Auswirkungen auf die Verwaltungskosten der Krankenkassen einzugehen.

Der unbürokratische Sozialausgleich sieht vor, dass die Zusatzbeiträge von Kassen als fester Betrag nach ihrem jeweiligen Finanzbedarf erhoben werden. Da dabei niemand überfordert werden soll, wird es einen Sozialausgleich und die Möglichkeit geben, jederzeit aus einer Kasse mit hohen Zusatzbeiträgen in eine günstigere Kasse zu wechseln. Im Falle der Bedürftigkeit wird der Sozialausgleich durch eine entsprechende Absenkung des Arbeitnehmerbeitrages ausgeglichen, ohne dass dafür ein Antrag gestellt werden muss. Er greift, wenn der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens übersteigt. Niemand wird zum Bittsteller. Damit greift der Sozialausgleich nicht mehr erst ab der heutigen 8 Euro Grenze, bis zu der bislang keine Überforderungsregelung bestand. Das neue System ist somit sozial gerechter.

Konkret heißt das: Bei einer Belastung durch den Zusatzbeitrag über zwei Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens wird der Ausgleich über den Arbeitgeber bzw. Rentenversicherungsträger durch eine Reduzierung des Arbeitnehmerbeitrages durchgeführt. Der Ausgleich erfolgt bis zur Höhe des vom Bundesversicherungsamtes zu ermittelnden durchschnittlichen Zusatzbeitrages aller Krankenkassen. Die damit einhergehenden geringeren Einnahmen des Gesundheitsfonds werden durch die in den Gesundheitsfonds fließenden Steuergelder ausgeglichen. Damit wird der Sozialausgleich, der heute ausschließlich unter den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt, zukünftig in die Gemeinschaft der Steuerzahler verlagert und die Belastung damit auf breitere Schultern verteilt.

Fiktives Beispiel für die Technik des Sozialausgleichs:

Bruttoeinkommen des Versicherten: 1.000 Euro
Individuelle Belastungsgrenze (2%): 20 Euro
BVA-Durchschnitts-Zusatzbeitrag z.B.: 25 Euro
Tatsächlicher Zusatzbeitrag der Kasse: 27 Euro

Der Versicherte zahlt also 27 Euro an seine Kasse. Der steuerfinanzierte Ausgleich erfolgt in Höhe der Differenz zwischen Durchschnitts- Zusatzbeitrag und individueller Belastungsgrenze, also in Höhe von 5 Euro.

Für die Differenz oberhalb des Durchschnitts-Zusatzbeitrags erhält das Mitglied keinen Ausgleich. Dadurch, dass der Sozialausgleich nicht über die volle Höhe des Zusatzbeitrages stattfindet, wird der Zusatzbeitrag in Zukunft auch als Preissignal für die Versicherten dienen. Das befördert den Wettbewerb zwischen den Kassen. Gleichzeitig verbessert er die Transparenz über die Kostensituation der einzelnen Kassen weitaus deutlicher als ein prozentualer Beitragssatz.

Zu den potenziellen Belastungen der Arbeitgeber durch den Sozialausgleich ist festzuhalten, dass die Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge in Verbindung mit der Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags in den nächsten Jahren zu einer deutlichen finanziellen Entlastung der Arbeitgeber führen wird. Hiervon profitieren insbesondere kleinere Unternehmen, bei denen die Personalkosten in der Regel den größten Kostenanteil ausmachen. So werden die Arbeitgeber bei einer Höhe des Zusatzbeitrags von 20 Euro/Monat gegenüber einer Finanzierung auf Basis des geltenden Rechts um ca. 4 Mrd. Euro entlastet.

Hinsichtlich der Verwaltungskosten der Krankenkassen, kann ich Ihnen folgendes mitteilen: Zur Konsolidierung der Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen werden auch die Krankenkassen in den Jahren 2011 und 2012 mit einem Beitrag von 300 Mio. Euro herangezogen, Dazu ist es notwendig, die Verwaltungskosten auf den Ist-Verwaltungskosten des Jahres 2010 einzufrieren. Davon ausgenommen sind allerdings die neuen Aufgaben, die seitens des Gesetzgebers auf die Krankenkassen zukommen. Hierbei spielen insbesondere auch mögliche Mehraufwendungen für die Umsetzung des mit dem GKV-Finanzierungsgesetzes einzurichtenden Sozialausgleichs und der Einziehung eines Säumniszuschlags eine Rolle. Darüber hinaus werden Mehrkosten, die zur Abwicklung der Sozialversicherungswahlen im Jahr 2011 seitens der Kassen anstehen, aus der Budgetierung herausgenommen. Dieses ist vor dem Hintergrund der großen Bedeutung der Sozialversicherungswahlen gerechtfertigt.

Ich glaube, dass wir mit dem GKV-Finanzierungsgesetz eine faire und soziale und überdies durchaus auch effiziente Lösung gefunden haben und hoffe, dass ich Ihre Frage ausreichend beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Klimke