Frage an Jürgen Trittin bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Jürgen Trittin
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Frage an Jürgen Trittin von Julie E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Trittin !

In den vergangenen drei Jahren wurde die Arbeitsgelegenheit MAE als Fördermaßnahme zur Integration in den Arbeitsmarkt massenhaft "verordnet" (etwa 1,2 Millionen EEJ in 2007).

Selbst das agentureigene Institut für Arbeitsmarktforschung IAB hat die Sinnlosigkeit dieser Maßnahme festgestellt und bezeichnet sie höchstens als Ultima ratio. Das Institut weist darauf hin, dass die Vermittlungschancen auch zwei Jahre nach Maßnahmeeintritt etwa zwei bis drei Prozentpunkte niedriger liegen als bei Arbeitslosen, die keinen Ein-Euro-Job annehmen mussten.
( doku.iab.de )

Nach den bisherigen realen Erfahrungen wird die Arbeitsgelegenheit MAE willkürlich, massenhaft und ohne Einwilligung des Betroffenen angeordnet. Das Hauptziel der Integration in den Arbeitsmarkt oder eine Qualifikation des Betroffenen wird in der Regel nicht erreicht. An der Diskussion fällt auf, dass diese Maßnahme bis heute nicht wegen ihres Zwangscharakters grundsätzlich in Frage gestellt wird. Für kompetente Fachleute steht inzwischen fest: die Arbeitsgelegenheit MAE ist vielfach Zwangsarbeit, die dem Charakter nach weder vom Grundgesetz der BRD (Artikel 12 u. 25), noch von vielen anderen internationalen Abkommen gedeckt ist. Sie widerspricht diesen Abkommen. Ich verweise hierzu z.B. auf das Verbot zur Zwangs- und Pflichtarbeit der Menschenrechtskonvention Art. 23 u. III Art. 8 oder Artikel 2, 1 des ILO-Übereinkommens über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930.
( www.forced-labour.de )

Wie ist es unter diesem Aspekt möglich, dass viele Mitglieder des Bundestages einem Gesetz (SGB II) zustimmen konnten, in dem sich ein so gravierender Verstoß gegen die anerkannte Menschenwürde und die international anerkannten Menschenrechte befindet? Ist es möglich, dass viele Abgeordnete diese Vereinbarungen gar nicht kennen?

Mit freundlichen Grüßen
Julie Engel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Engel,

wir wollen, dass 1-Euro-Jobs nur dort zum Einsatz kommen, wo es wirklich sinnvoll ist. Die 1-Euro-Jobs sind kein taugliches Massen-Standard-Instrument und waren auch nie als solches gedacht. Der Nutzen für eine Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt muss in den meisten Fällen stark bezweifelt werden, stattdessen reißt die Zahl der Meldungen nicht ab, wonach Kommunen und Wohlfahrtsverbände reguläre Tätigkeiten durch 1-Euro-Jobber ausführen lassen. Die Beschwerden von kleinen Unternehmern und Handwerkern sind oftmals begründet. Notwendig ist deshalb eine echte Beschränkung auf die Zielgruppe arbeitsmarktferner Personen.
Erlauben Sie mir dennoch eine Bemerkung:
Ihr umstandslose Einordnung der 1- Euro-Jobs als "Zwangsarbeit" entspricht in den allermeisten Fällen nicht der Realität. Es gibt in vielen Kommunen mehr Bewerber als Gelegenheiten und in der großen Mehrheit der Arbeitsgelegenheiten ist ihre Annahme nicht erzwungen. Oft wünschen sich die Betroffenen sogar längere Möglichkeiten der Beschäftigung in diesen Maßnahmen, Damit sollen Fälle der unnötigen und nicht zielführenden Drangsalierung nicht entschuldigt werden. Sie dürfen aber auch nicht simpel verallgemeinert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Trittin