Wie geht es nach dem Ende der KKW weiter mit Blick auf den folgenden Winter?

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Jürgen Trittin
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Frage von Dieter R. •

Wie geht es nach dem Ende der KKW weiter mit Blick auf den folgenden Winter?

Sehr geehrter Herr Trittin,
die letzten KKW werden bis 4/23 abgeschaltet.
Es soll der Ausbau von Wind u. Sonne beschleunigt u. als Backup ca. 50 Gaskraftwerke gebaut werden.
Aber Erdgas zur Verstromung steht dann nicht mehr zur Verfügung.
Das PIK fordert aber, dass der Gasverbrauch um min. 30% zu senken ist, denn nur so kann eine Mangellage ebenso verhindert werden, wie steigende Preise. Damit steht das PIK im Widerspruch zum Bundeskanzler, der heute in seiner Erklärung vor dem Bundestag nur 20% forderte. 2021 betrug der Gasverbrauch in Deutschland ca.1000 TWH, davon Industrie 37 % , 51 % für Haushalte/ Gewerbe und 12% wurden verstromt. Unsere Gasspeicher haben eine Kapazität von 240 TWH u. reichen so nur für zwei Wintermonate a' 120TWH.
1. Warum befindet sich der Bundeskanzler im Widerspruch zum PIK?
2. Wie wird nach 4/22 die notwendige Grundlast gesichert?
3. Welche veränderte Situation glaubt man im Winters 23/ 24 vorzufinden, eventuell Atomstrom aus Frankreich?
MfG
R.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

Die Bundesregierung hat gemeinsam mit dem Bundestag ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Energieversorgung in Deutschland sicherzustellen. Außerdem wurde eine unabhängige Kommission aus Expertinnen und Experten eingesetzt, die um Vorschläge für eine Abfederung des Preisanstiegs vorzulegen. So wie die Bundesnetzagentur hält es auch diese „ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ für erforderlich, dass wir mindestens 20 Prozent Gas einsparen. Selbstverständlich helfen darüber hinausgehende Einsparungen, einer Gasmangellage im Winter 2022/2023 vorzubeugen. Da es aber nicht möglich war und ist, die Gaseinsparungen, die durch das Maßnahmenpaket und die zukünftigen Gaspreise erreicht werden, genau vorherzusehen, wurde ein realistisch erreichbares Mindest-Einsparziel von 20 Prozent festgelegt.

Die Bundesregierung, die Grünen im Bundestag und die Ampelkoalition nehmen die Aufgabe der Versorgungssicherheit mit Energie sehr ernst und arbeiten mit Hochdruck daran, dass die Versorgung mit Strom und Wärme im Winter 23/24 sichergestellt wird. Durch die zahlreichen Maßnahmen der Bundesregierung, zum Beispiel die Beschleunigung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Reaktivierung von Kohlekraftwerken aus der Reserve, den Aufbau von Importstrukturen durch Flüssiggas-Terminals (LNG-Terminals) oder Effizienzmaßnahmen wie z.B. Einsparungen in öffentlichen Gebäuden oder Förderung von energetischer Ertüchtigung der Gebäude, wird die Energieversorgung im Winter 23/24 grundsätzlich robuster und entsprechend gesichert sein. Das wichtigste Instrument gegen ein zu knappes Energieangebot ist der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien. Nur eine Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien bietet Energieunabhängigkeit, Versorgungssicherheit und eine resiliente und bezahlbare Energieversorgung.

Deutschland hat insgesamt eine hohe Versorgungssicherheit im Strombereich, die Lage muss aber immer im Zusammenspiel mit den europäischen Nachbarn betrachtet werden. Dabei spielt die Versorgungssituation in Frankreich eine große Rolle. Lange Zeit waren mehr als die Hälfte der französischen Atomkraftwerke außer Betrieb, aktuell sind immer noch 18 von 56 Atomkraftwerken abgeschaltet, weshalb Strommengen in Frankreich fehlen, die Deutschland momentan durch Exporte von Strom auch aus Gaskraftwerken ausgleicht. Energieversorgungssicherheit bietet Atomkraft also nicht, wie man in Frankreich sehen kann. Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie, die keine Zukunft hat.

Mit freundlichen Grüßen

Team Trittin