Frage an Julien Bender bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Julien Bender
SPD
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Frage von Mirko O. •

Frage an Julien Bender von Mirko O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bender,

ich bitte Sie um Antwort auf folgende Fragen:

Setzen Sie sich für eine bedingungslos folter- und gewaltfreie Psychiatrie ein? (siehe auch www.folter.abschaffen.de )

Setzen Sie sich für eine Abschaffung aller psychiatrischen Sondergesetze ein, wie es die Behindertenrechtskonvention fordert?

Setzen Sie sich für die Abschaffung von Zwangsbetreuung ein? Setzen Sie sich dafür ein, dass rechtliche Betreuung nurmehr als unterstützende Leistung bzw. Assistenz erbracht wird und der Entmündigung durch Betreuung die Grundlage entzogen wird?

Setzen Sie sich für eine Todesfallstatistik aller psychiatrisch Behandelten ein?

Setzen Sie sich für mehr Geld für die Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener ein?

Herzlichen Dank für Ihre Antwort! Für ein persönliches Gespräch zum Thema Menschenrechte in der Psychiatrie stehe ich gerne zu Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Mirko Ološtiak-Brahms

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ološtiak-Brahms,

herzlichen Dank für Ihre Fragen.

Das deutsche Betreuungsrecht ist ein System unterstützter Entscheidungsfindung, dessen Kernelement das Selbstbestimmungsrecht ist. Art. 12 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sieht vor, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, überall als Rechtssubjekt anerkannt zu werden und in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit zu genießen. Von diesem Grundsatz ist das politische Handeln der SPD geleitet.

Dennoch gibt es Fälle, in denen Menschen, die unter rechtlicher Betreuung stehen und eine medizinische Behandlung dringend benötigen, nicht eigenständig in der Lage sind, deren Notwendigkeit zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln. In diesen Fällen können ärztliche Zwangsmaßnahmen mitunter unumgänglich sein. Hierfür brauchen wir verlässliche Regeln, um ihnen die für sie notwendige Behandlung zu gewähren.

Mit dem Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 21. Juli 2017 haben wir eine Schutzlücke geschlossen, die dadurch eingetreten war, dass notwendige ärztliche Zwangsmaßnahmen bisher zwingend von einer Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung abhängig waren. Dies ist nach der Neuregelung nicht mehr der Fall. Gleichzeitig haben wir das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gestärkt: Die ärztliche Zwangsmaßnahme ist nur zulässig, soweit sie dem vom Patienten geäußerten Willen entspricht. Maßgeblich ist somit der Patientenwille, welchen er in einwilligungsfähigem Zustand in einer Patientenverfügung geäußert hat bzw. der aufgrund anderer Äußerungen oder Umstände ermittelt werden kann. Somit sollen ärztliche Zwangsmaßnahmen so weit wie möglich vermieden werden und nur als letztes Mittel zur Anwendung kommen. Die Auswirkungen der Änderungen auf die Anwendungspraxis werden wir in der 19. Wahlperiode evaluieren und gegebenenfalls weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf prüfen.

Außerdem wollen wir die Vorsorgevollmacht stärker ins Bewusstsein bringen. Denn mit ihr können Bürgerinnen und Bürger selbst bestimmen, wer im Notfall ihre Entscheidungsfindung unterstützt oder stellvertretend für sie ihre Angelegenheiten regeln darf. Die Anordnung einer Betreuung muss immer das letzte Mittel bleiben. Deshalb werden wir den Grundsatz der Erforderlichkeit im Betreuungsrecht stärken. Betreute müssen sich darauf verlassen können, dass für sie ein guter Betreuer bestellt wird, der ihr Selbstbestimmungsrecht respektiert.

Gerne stehe ich auch zu einem persönlichen Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Julien Bender