Frage an Karin Roth von Jost G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Roth,
mit Interesse habe ich Ihr Abstimmungsverhalten bezüglich der VDS zur Kenntnis genommen. Ich würde Sie bitten, Ihre Gründe für die Zustimmung zur Gesetzesnovelle näher auszuführen.
So weit ich weiß, sind sie an Ihren Auftrag durch den Wähler und Ihr Gewissen gebunden. Können Sie die Tatsache, dass ab 2008, spätestenes 2009 jeder Deutsche unter Generalverdacht gestellt wird, mit Ihrem Gewissen vereinbaren - abgesehen davon, dass Ihre Berufsgruppe zu den gesetzlich geregelten Ausnahmen gehört? Wenn ja, wüsste ich gerne, wie Sie das rechtfertigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Jost Gerischer
Sehr geehrter Herr Gerischer,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Vorratsdatenspeicherung.
Mit dem Gesetz wird die EU-Richtlinie zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) in deutsches Recht umgesetzt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Bewusstsein der Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung ihre Verpflichtung für Bürgerrechte ernst genommen und dafür Sorge getragen, dass die EU-Vorgaben so grundrechtsschonend wie möglich gestaltet wurden. So ist es Deutschland gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedstaaten gelungen, dass die Mindestspeicherungsdauer auf sechs Monate (statt der ursprünglich auf EU-Ebene diskutierten 36 Monate) beschränkt wurde. Dies ist ein vom Deutschen Bundestag wirksam unterstützter Verhandlungserfolg der Bundesregierung auf EU-Ebene.
Die wegen der Umsetzung künftig zu speichernden Daten sind im Wesentlichen die Verkehrsdaten, die von den Telekommunikationsunternehmen schon heute üblicherweise zu Abrechnungszwecken gespeichert werden. Das sind insbesondere die genutzten Rufnummern und Kennungen sowie Uhrzeit und Datum der Verbindungen. Neu hinzu kommt nur, dass bei der Mobilfunktelefonie auch der Standort (Funkzelle) bei Beginn der Mobilfunkverbindung gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden.
Zu den Telekommunikationsverkehrsdaten gehören neben den Daten über Telefonverbindungen auch solche Daten, die bei der Kommunikation über das Internet anfallen. Diese müssen nach der EU-Richtlinie künftig ebenfalls gespeichert werden. Auch in diesem Bereich werden nur Daten über den Internetzugang und die E-Mail-Kommunikation gespeichert. Dabei speichert das TK-Unternehmen lediglich, welchem Teilnehmeranschluss eine bestimmte Internetprotokoll-Adresse (IP-Adresse) zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war sowie die Daten über die E-Mail-Versendung, nicht dagegen, welche Internetseiten besucht wurden oder welchen Inhalt eine E-Mail hatte.
Die Daten werden – wie bisher – nur bei den TK-Unternehmen gespeichert. Wie bisher schon können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. In diesem Beschluss legt der Richter genau fest, welche Daten das Unternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.
Für alle verdeckten Ermittlungsmaßnahmen gilt darüber hinaus eine Reihe von Verfahrensregelungen. Sie verbessern den Grundrechtsschutz aller, die von verdeckten Ermittlungsmaßnahmen betroffen sind: Richtervorbehalt bei allen eingriffsintensiven verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, umfassende, gerichtlich kontrollierte Benachrichtigungspflichten, Einführung eines nachträglichen Rechtsschutzes bei allen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen und die Einführung von einheitlichen Kennzeichnungs-, Verwendungs- und Löschungsregelungen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zu diesem Gesetz dafür Sorge getragen, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist, so dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt.
Aus diesen genannten Gründen konnte ich dem Gesetz zur Voratsdatenspeicherung zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Roth, MdB