Werden Sie am 26.09. beim Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen mit Ja stimmen? Und wenn er erfolgreich sein sollte, werden Sie sich dafür einsetzen, dass er auch umgesetzt wird?

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Karsten Strien
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Frage von Jasmin O. •

Werden Sie am 26.09. beim Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen mit Ja stimmen? Und wenn er erfolgreich sein sollte, werden Sie sich dafür einsetzen, dass er auch umgesetzt wird?

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Sehr geehrte Frau O.,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Im Vorfeld des Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" habe ich mich mit meinen Unterschriften für den Volksentscheid ausgesprochen. Denn ich bin der Meinung, dass bei einer solch elementaren Frage die Berlinerinnen und Berliner befragt werden sollten.

Bei dem Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" werde ich hingegen mit Nein stimmen. Die Versorgung mit leistbaren Wohnraum ist für alle Berlinerinnen und Berliner eine große Aufgabe. Vor allem sehe ich hier die Politik im Zusammenspiel mit den kommunalen Wohnungsunternehmen in der Pflicht. Aber auch private Bauherren und Immobilienkonzerne müssen entsprechend ihren Beitrag leisten: Eigentum verpflichtet! Die Erfahrungen zum Mietendeckel zeigen, dass es nicht so einfach ist, rechtsichere Gesetze zu erlassen.

Ein Blick auf das Ansinnen der Initiative zeigt für mich einige Angriffspunkte: Die Anzahl der Wohnungen von 3.000, ab der enteignet werden soll, scheint willkürlich. Hier müsste es gut und rechtssicher begründet werden, warum genau diese Anzahl. Die Ausnahme von Genossenschaften scheint mir auch schwierig. Unter der Regierung Helmut Kohl (CDU) wurde die Wohngemeinnützigkeit abgeschafft. Genossenschaften müssen also grundsätzlich gewinnorientiert arbeiten. Es ist also nicht sicher, ob ein Gesetz die Genossenschaften tatsächlich von der Enteignung ausnehmen kann. Hier spielen auch die Erfahrungen zum Mietendeckel eine Rolle. Letztendlich konnten die Genossenschaften nicht ausgenommen werden. Und die Berechnung für die Entschädigungssumme scheint mir eher Wunsch, statt Realität zu sein. So heißt es bei der Initiative: "Wir setzen daher einen Mietpreis von 4,04 € pro Quadratmeter an, da er auch für Geringverdienende in Berlin bezahlbar wäre. Mit einer solchen Miete ließe sich eine Entschädigung von 10-11 Mrd. € bezahlen." Diese 4,04 Euro pro Quadratmeter als Entschädigungssumme anzusetzen ist aus meiner Sicht Augenwischerei. Aber genau daran hängt die Kalkulation der Initiative für dann günstige Mieten. Dazu kommen noch notwendige Modernisierungs- und Sanierungskosten und Kosten für Notar und Grundbucheinträge. 

Zudem ist davon auszugehen, dass die großen Immobilienkonzerne klagen werden. Daraus entsteht auch eine Unsicherheit für die Genossenschaften, auch wenn sie erst einmal von der Enteignung ausgenommen werden würden. Eine Folge könnte sein, dass sowohl Immobilienkonzerne und Entwicklungsgesellschaften als auch Genossenschaften ihre Bautätigkeit einstellen, solange es Rechtssicherheit gibt. Oder, dass vermehrt Eigentumswohnungen gebaut werden, die dann einzeln zu hohen Mieten vermietet werden.

Sollte der Volksentscheid das erforderliche Quorum erreichen und der Senat aufgefordert werden ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten, werden ich mich damit auseinandersetzen. Ich werde mir dann auch die Meinung der Bürgerinnen und Bürgern und der Genossenschaften in meinem Wahlkreis anhören, abwägen und dann entscheiden. Können meinen Bedenken vollständig ausgeräumt werden, würde ich mit Ja stimmen. Ist das nicht möglich, würde ich mit Nein stimmen.

Übrigens, die Forderung der Initiative nach einer Anstalt des Öffentlichen Rechts unterstütze ich mit Blick auf die kommunalen Wohnungsunternehmen. So könnte durch sie auch der dringend benötigte Wohnraum in der Preisspanne von 6,50 bis 9,00 Euro gebaut werden. Formal sind die kommunalen Wohnungsunternehmen zur Zeit auch verpflichtet gewinnorientiert zu wirtschaften. Zudem muss die Wohngemeinnützigkeit wieder eingeführt werden, damit Wohnraum günstiger angeboten werden kann und eine entsprechende Förderung und steuerliche Befreiung möglich ist.

Beste Grüße

Karsten Strien