Frage an Katharina Schulze bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katharina Schulze
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Silvio d. •

Frage an Katharina Schulze von Silvio d. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schulze,

eines der obersten Gebote der Grünen ‎lautet meiner Meinung nach Diskriminierungsfreiheit. Alle Menschen sind demnach gleich, ganz egal ob in Bezug auf Alter, Geschlecht, Religion oder Sexualität.

Doch irgendwie hat man in jüngerer Zeit den Eindruck gewonnen, dass diese liberale Einstellung der Grünen obsolet wird. Denn offenbar scheinen die Grünen ganz gezielt alte Menschen zu diskriminieren, und zwar ganz speziell "alte, weiße Männer". Hier sehe ich ganz konkret eine Diskriminierung von Hautfarbe, Alter und Geschlecht.
In Reden und Textbeiträgen der jüngeren Vergangenheit wird diese Zielgruppe seitens der Grünen massiv angegangen, besonders prominent in Ihrer eigenen Videobotschaft (https://www.youtube.com/watch?v=D6h8fo_osBQ), in der Sie dieser Gruppe vorwerfen, die „Zukunft zu verspielen“.

1.) Stehen Sie nach wie vor zu dieser Aussage?

2.) Wie kann es sein, dass eine derartige Aussage nicht der Hass und die Hetze sind, gegen die sich angeblich so einsetzen?

3.) Ich frage Sie weiter: Ist das wirklich die Einstellung der Grünen, einen großen Teil der weltweiten Bevölkerung, deren Anteil im Zeitalter der Überalterung der Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen wird, derart abzulehnen? (Wenn dem so wäre, müsste ich in Zukunft schließlich auch auf die Meinung Ihrer alteingesessenen Parteimitglieder Fischer, Trittin, Ströbele und Cohn-Bedit verzichten.)

4.) Zählt Ihr Spitzenkandidat Ludwig Hartmann bereits zu den „alten, weißen Männern“?

5.) Sehen Sie derartigen Rassismus und Sexismus in Ihrer Partei als Problem?

6.) Und, zu guter Letzt – wie wäre Ihrer Meinung nach eine angemessene Reaktion, wenn ein anderer Politiker ein Problem bei (beispielsweise) jungen, schwarzen Männern verortet?

Mit freundlichen Grüßen,

A. & S. d. L.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr d. L.,

vielen Dank für Ihre Frage an mich. Sie kritisieren die Wortwahl „Ich habe keinen Bock, dass alte weiße Männer, weil sie mit Vielfalt nicht zurechtkommen, unsere Zukunft verspielen“ in meinem Video über die Missstände deutscher und EU-weiter Asylpolitik. Ich habe diese Wortwahl getroffen, da diese Gruppe nun mal die privilegiertesten Mitglieder unserer Gesellschaft stellt, also diejenigen, die in Mehrzahl noch in Entscheiderrollen sind.
Diejenigen, die jetzt älter sind, haben in einer Zeit Schule und Ausbildung genossen, als Jungen mehr zugetraut wurde als Mädchen und Menschen mit Migrationshintergrund. Oftmals ist das heute noch so, und ich arbeite daran, dass zu ändern. Unsere Gesellschaft hält zusammen, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass es gerecht zugeht. Hier gibt es noch viel zu tun, damit Bayern ein Land der Chancen für alle wird.
Sie unterstellen mir umgekehrten Rassismus. Ich bin überzeugt davon, dass es das per Definition gar nicht geben kann, in einer Welt, in der Weiße (fast ausschließlich Männer) seit Jahrhunderten die Macht haben. Denn Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist nicht eine Verfehlung einzelner Personen, sondern weit verbreitet, hat System. Die ungleiche Verteilung von Macht reicht von der Bildung, über Job- und Wohnungschancen, Wohlstand, politische Vertretung und weiter bis zur Strafverfolgung.
Es war bislang immer gut, ein alter weißer Mann zu sein. Überproportional gut, das waren und sind gute Startbedingungen, über die man sich als Betroffener vermutlich wenig bewusst ist. Über diese Privilegien müssen wir reden und sie gerecht verteilen. Grüne Politik, das heißt gleiche Chancen für Frauen und Männer in Bayern.

Herzliche Grüße
Katharina Schulze

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