Jobcenter: müssen 25-jährige Hochschulabsolventen und 60-jährige Arbeitslose die gleiche verpflichtende Maßnahme absolvieren?

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Katja Mast
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Frage von Thomas W. •

Jobcenter: müssen 25-jährige Hochschulabsolventen und 60-jährige Arbeitslose die gleiche verpflichtende Maßnahme absolvieren?

Sehr geehrte Frau Mast
ich würde gerne mehr über die verpflichtenden Maßnahmen des Jobcenters erfahren. Könnten Sie mir bitte mitteilen, ob diese Maßnahmen für alle Bürger gelten und ob sie von allen Betroffenen in Anspruch genommen werden müssen? Falls nicht, welche Schritte werden unternommen, wenn jemand sich weigert, an diesen Maßnahmen teilzunehmen?
Des Weiteren würde ich gerne verstehen, was der Zweck dieser verpflichtenden Maßnahmen ist. Werden Hochschulabsolventen und Migranten in dieselben Maßnahmen einbezogen? Werden Hochschulabsolventen und ukrainische Flüchtlinge gleich behandelt?
Zusätzlich würde ich gerne wissen, welche gesetzlichen Grundlagen das Jobcenter für diese verpflichtenden Maßnahmen heranzieht und ob es gesetzliche Bestimmungen gibt, die dem widersprechen.
Darüber hinaus interessiert mich, warum es keine Unterstützungsleistungen oder Programme für Hochschulabsolventen gibt und warum keine Praktika oder Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden,
MfG Th.W.

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SPD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Bürgergeld.

Lassen Sie mich zuerst festhalten, dass die Einführung des Bürgergeldes die größte Sozialstaatsreform der letzten 20 Jahre bedeutet. Vor allem bedeutet das neue Bürgergeld im Vergleich zum Vorgänger Hartz IV einen echten Kulturwandel im Umgang mit Menschen, die Bürgergeld beziehen. Wir setzen auf eine Kultur der Augenhöhe und des Respekts zwischen den Mitarbeitenden in den Jobcentern und den leistungsbeziehenden Menschen, außerdem bauen wir Bürokratie ab und sorgen für mehr nachhaltige (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt. Das Bürgergeld ist ein großer Fortschritt für unseren Sozialstaat und unser Land!

Konkret bedeutet mehr Respekt und Augenhöhe beispielsweise: Zu Beginn des Leistungsbezug erfolgte bisher eine schwer verständliche und sehr juristische Eingliederungsvereinbarung, das haben wir im Bürgergeld abgeschafft. Stattdessen erarbeiten Menschen im Leistungsbezug und Mitarbeitende in den Jobcentern gemeinsam, auf Augenhöhe und im Konsens einen Kooperationsplan, eine Vereinbarung in verständlicher Sprache, ohne juristische Fachbegriffe. Hier werden die nächsten Schritte individuell vereinbart und festgehalten. Das heißt auch, dass die Maßnahmen individuell auf die Menschen und deren Hintergrund und Bedürfnisse abgestimmt werden.

Ferner wollen wir mit dem Bürgergeld stärker nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt erreichen. Der Vermittlungsvorrang entfällt daher. Weiterbildung und Qualifizierung werden gleichrangig unterstützt wie die Aufnahme eines neuen Jobs. Vermittelt wird außerdem in Tätigkeiten und Maßnahmen, die vorher gemeinsam und konsensual im Kooperationsplan festgehalten wurden. Das übergeordnete Ziel ist ein stabiles Beschäftigungsverhältnis.

Außerdem legt das neue Bürgergeld den Fokus stärker auf positive Anreize statt auf eine Drohkulisse: So gibt es beispielsweise 150 Euro pro Monat Weiterbildungsgeld zusätzlich zum Regelsatz bei einer beruflichen Weiterbildung, die zu einem Abschluss führt, 75 Euro pro Monat Bürgergeldbonus zusätzlich zum Regelsatz für eine Weiterbildung. Auf der anderen Seite bauen wir die verfrühte Androhung von Sanktionen ab. Die erste Einladung vom Jobcenter wird immer ohne die Androhung von Sanktionen verschickt. Wer von Anfang an mitmacht und zu den Terminen kommt, sollte gar nicht mehr mit der Androhung von Sanktionen in Berührung kommen. Bevor später eine Sanktion verhängt wird, soll eine persönliche Anhörung erfolgen.

Grundsätzlich werden Terminversäumnisse mit 10 Prozent des Regelsatzes für die Dauer eines Monats sanktioniert. Pflichtverletzungen werden zukünftig bei der 1. Verletzung mit 10 Prozent des Regelsatzes für 1 Monat sanktioniert. Bei der 2. Verletzung mit 20 Prozent für 2 Monate. Bei der 3. Verletzung mit 30 Prozent für 3 Monate. Insgesamt darf die Summe der Sanktionen die Höhe von 30 Prozent des Regelsatzes zu keinem Zeitpunkt übersteigen. Setzt die Mitwirkung wieder ein, wird die Sanktion vorzeitig wieder aufgehoben.

Lassen Sie mich abschließend festhalten: Mit dem Bürgergeld erreichen wir einen System- und Kulturwandel für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Wir brauchen einen Sozialstaat, der den Menschen hilft, ihre Potenziale zu entwickeln und neue Chancen zu ergreifen.

Mit freundlichen Grüßen,

Katja Mast

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