Frage an Kerstin Bednarsky von Birgit S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Bednarsky,
im Sozialgesetzbuch 9 ist verankert, das Menschen mit Behinderung ein Recht auf Rehabilitation und Förderung haben. Durch meine Tätigkeit im Förder- und Beschäftigungsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung weiß ich, dass Heimbewohner dieses Recht in der Regel für 2 Jahre zugesprochen bekommen. Diese Leistung wird verwehrt, wenn sie die geforderten Aufnahmekriterien nicht erlangen konnten, um in einen Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich einer Werkstatt zu wechseln. Durch meine langjährige berufliche Erfahrung konnte ich feststellen, dass Menschen mit mehrfach schwersten Behinderungen einen verlängerten intensiven Förderzeitraum benötigen, um die geforderten Ansprüche erfüllen zu können.
Das Wegfallen der Leistung hat zur Folge, dass diese Menschen aus Gründen von Doppelfinanzierung wieder ganztägig im Wohnheim betreut werden. Da die Förderung im Wohnheim oftmals nicht so intensiv wie in einer Werkstatt erfolgen kann, sehe ich darin einen enormen Einschnitt in das Recht auf Bildung und Rehabilitation für Menschen mit Behinderung.
Wie ist Ihre Meinung zu diesem brisanten Thema? Sehen Sie hier Handlungspotential?
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Schulze
Sehr geehrte Frau Schulze,
diese von Ihnen angesprochene Problematik ist mir auf Grund meiner Berufes als Heilerziehungspflegerin leider auch bekannt.
Wie Sie schon erwähnten, ist im Sozialgesetzbuch IX verankert, das Menschen mit Behinderung ein Recht auf Rehabilitation und Förderung haben. Der Zuspruch dieser Leistungen für zwei Jahre, ist auch aus meiner Sicht nicht ausreichend, da wie sie selbst sagten, Menschen mit schwersten Behinderungen einen viel längeren Zeitraum benötigen, um Fähigkeiten vertiefen zu können, Fertigkeiten sich anzueignen und vorallem auch noch alles zu behalten. Hinzu kommt noch der Aspekt des Heimbewohners/Doppelfinanzierung. Alle Menschen egal ob mit oder ohne Behinderungen, haben ein Recht auf lebenslanges Lernen. Dazu zähle ich auch für Menschen mit Behinderungen die Förderung. Ich sehe derzeit praktisch nur eine kurzfristige Möglichkeit. Es muss immer im Einzelfall geprüft werden, ob die Nichtgewährung von weiteren Leistungen gerechtfertigt ist. Generell gegen diese Entscheidungen Widerspruch einzulegen, ist dabei wichtig.
Eine weitere Möglichkeit, die aber sehr lange dauern kann ist, diese Problematik genau zu beschreiben und an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages zu senden. SGB IX ist einen Bundesgesetzgebung. Ich sehe, genau wie Sie, Handlungsbedarf. Diese Situation der betroffenen Menschen mit Behinderungen muss der Politik bekannt sein.Veränderungsbedarfe müssen von der Basis/Praxis heraus angezeigt werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie diese Antwort nicht sehr zufreiden stellen wird. Als Landtagsabgeordnete und erneute Kandidatin für den Landtag kann ich Ihnen nur zusagen, dass ich diese Frage, falls ich wieder gewählt werden sollte, mit in den Fachausschuß nehmen werde.
Im nachfolgenden Text möchte ich Ihnen noch ein paar wenige Grundforderungen
der LINKEN nahe bringen
DIE LINKE setzt sich dafür ein, Selbstbestimmung als dominierendes Prinzip in der Behindertenpolitik zu verankern, und unterstützt den Selbstvertretungsanspruch von Menschen mit Behinderungen. Chancengerechtigkeit soll hergestellt und Barrieren – auch in den Köpfen vieler nicht behinderter Menschen – müssen abgebaut werden. Das Prinzip der barrierefreien Zugänglichkeit fördert den solidarischen Zusammenhalt.
Die Fraktion DIE LINKE fordert:
a.. ein umfassendes und wirkungsvolleres Antidiskriminierungsgesetz; ein Nachteilsausgleichsgesetz, welches ermöglicht, behinderungsbedingte Nachteile (z. B. spezielle Hilfsmittel, notwendige Assistenz für ein selbstbestimmtes Leben oder behindertengerechter Wohnungsumbau) ohne Einkommens-, Vermögens- bzw. Bedürftigkeitsprüfung auszugleichen und somit Chancengerechtigkeit schafft;
b.. dauerhafte Arbeitsplätze, Beschäftigungs- und Ausbildungssicherung für Menschen mit Behinderungen; das Recht auf persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen für ein selbstbestimmtes Leben in Arbeit, Studium, Haushaltsführung und Freizeit; die Stärkung der Stellung schwer geistig und mehrfach behinderter sowie psychisch und chronisch kranker Menschen;
c.. praktische, an der Familie orientierte offene Hilfen mit gesetzlich geregelter und finanzieller Absicherung, die auch Alleinerziehende unterstützen (Beratung, Frühförderung etc.);
d.. gemeinsame Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung in allen Entwicklungsphasen;
e.. Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen durch Umsetzung des „Design für Alle“ (Planungen unter dem Aspekt Barrierefreiheit in allen Bereichen – Bau, Verkehr, Kommunikation, Verbraucherpolitik etc.) sowie Beseitigung bestehender Barrieren.