Frage an Kirsten Tackmann bezüglich Soziale Sicherung

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Kirsten Tackmann
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Frage von Michael D. •

Frage an Kirsten Tackmann von Michael D. bezüglich Soziale Sicherung

Hartz 4 Reform , na toll das ist eine hartz 4 kürzung und das trotz steigender preise

frage warum benutzt man nicht den pfändungsfreibetrag , denn dieser scheint ja ein existenzminimum darzustellen , oder irre ich mich da ?
oder sind menschen die gearbeitet haben und aufgrund von krankheit in hartz 4 gerutscht sind weniger wert als menschen die ihre schulden nicht bezahlen ?
ich hätte mal gerne erklärt bekommen warum es diese unterschiede gibt ?
da muss doch mal jemand beschlossen haben das der pfändungsfreibetrag das existenzminimum ist.
warum wird zugelassen das es hartz 4 gibt ?
ja die würde des menschen ist unantastbar solange die wirtschaft daran verdient. ich würde gerne eine verfassunfgsklage einreichen zumal die regierung bei der jetzigen reform getrickst hat und somit das verfassungsgericht verhöhnt .
doch leider fehlen mir der sachvertstand so wie die mittel dies zu bewerkstelligen
über eine antwort würde ich mich freuen die mir erklärt warum es faktisch 2 existenzminimums in deutschland gibt.

vielen dank für ihre mühe
mit freundlichem gruss

michael dölker

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Dölker,

vielen Dank für Ihre Frage vom 28.2.2010. Ihre Verärgerung über die so genannte Reform in Sachen Hartz IV teile ich. DIE LINKE bleibt dabei: Schon das ursprüngliche Hartz IV - Gesetz bleibt politisch falsch, weil es Armut per Gesetz bedeutet und handwerklich so schlecht gemacht ist, dass es unendlich viele Rechtsunsicherheiten und -streitigkeiten bewirkt. An dieser grundsätzlichen Kritik ändert auch das aktuelle Ergebnis des Vermittlungsverfahrens zwischen Bundestag und Bundesrat nichts. Die jetzt von der Union, FDP und SPD beschlossenen fünf bzw. acht Euro mehr Regelsatz für Erwachsene und die nach wie vor nicht transparent ermittelten Regelsätze erfüllen aus Sicht der LINKEN nicht die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts, das eine verfassungskonforme Neuberechnung der Regelsätze für Erwachsene und Kinder bis Ende 2010 gefordert hatte. DIE LINKE Fraktion im Bundestag hat sich deshalb an die SPD und die Grünen gewandt, um die notwendige Zahl an Unterschriften zu erreichen, die für eine Normenkontrollklage beim Verfassungsgericht notwendig sind. Dazu werden Unterschriften von mindestens 25 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages gebraucht – das sind 156 Abgeordnete. Die Abgeordneten meiner Fraktion wären bereit dazu, aber bei Grünen und SPD wird das Anliegen bislang nicht oder nicht ausreichend unterstützt.

Was Ihre Frage zum Pfändungsfreibetrag angeht, habe ich mich noch einmal bei meinen zuständigen FachkollegInnen rückversichert. Die Pfändungsfreigrenze leitet sich in der Tat auch vom Existenzminimum ab, sie ist aber nicht identisch mit diesem. Den Pfändungsfreibetrag als Bemessungsgrundlage für die Grundsicherung heranzuziehen würde bedeuten, dass überschuldete, aber erwerbstätige Menschen über genau so viel Geld verfügen würden, wie Menschen im Grundsicherungsbezug ohne ein Einkommen. Das ist in der Gesellschaft mehrheitlich nicht akzeptiert, weil es dem allgemeinen Gerechtigkeitsgefühl widerspricht.

Unabhängig davon ist es tatsächlich so, dass das Existenzminimum nicht einheitlich und stringent geregelt ist. Das vom Gesetzgeber zu gewährleistende Existenzminimum ist uneinheitlich und verstreut geregelt - vom SGB II, über das Steuerrecht, hinein in das Familienrecht (Unterhalt) bis zu den Pfändungsfreigrenzen in der Zivilprozessordnung. Es kann daher durchaus zu verschiedenen Freibeträgen kommen, je nachdem in welcher Rechtsmaterie man sich gerade bewegt; dies ist allerdings z.T. auch unterschiedlichen Zielen der Gesetze geschuldet.

Ein stringentes Gesamtsystem zu dieser Frage kann derzeit aber auch die LINKE nicht anbieten, weil gerade aus Sicht einer sozial gerechten Regelung sehr viele verschiedene Aspekte zu berücksichtigen sind, was eher für differenzierte, wenn auch dadurch etwas kompliziertere Regelungen spricht.

Eine Verfassungsklage einreichen kann man nur, wenn man selbst von einer Regelung persönlich betroffen ist. Bei den Sozialverbänden, zum Beispiel bei der Volkssolidarität, gibt es Beratungsstellen, die Sie gern als Anlaufstelle für Detailfragen nutzen können. Ich denke, dort werden Ihnen viele Fragen sehr kompetent beantwortet.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Tackmann