Frage an Klaus Hänsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Klaus Hänsch
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Frage von Ralf K. •

Frage an Klaus Hänsch von Ralf K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Dr. Hänsch,

Ihre Antwort zu Dr. Grützkes Anmerkungen bewegt mich, Ihnen folgende Frage zu stellen:

Setzten Sie die Bevölkerung der Ja-Sager (Spanien, Luxemburg) gegen die der Nein-Sager (Frankreich, Niederlande, Irland), welche Fraktion hat dann Ihrer geschätzten Meinung nach mehr Gewicht?

Und zum Punkt der demokratischen Legitimation des gesamten Lissabon-Prozesses:

Sind Sie nicht auch der Meinung, dass Volksvertreter bei einer Wahlbeteiligung von gerade einmal 43% in 2004 allenfalls für sich in Anspruch nehmen können, eine Minderheit des eigenen Wahlvolkes zu vertreten?

Und nimmt dies den Abgeordneten nicht im Grunde das Recht, derart gesellschaftsverändernde Entscheidungen, wie sie der Vertrag von Lissabon mit sich bringt, ohne erneute Volksbefragung zu beschliessen?

Kleine Randbemerkung: Längst nicht alle, die 2004 ihre Stimmabgabe verweigerten, sind deshalb politisch desinteressiert, das Gegenteil ist eher richtig!

Mit demokratischen Grüssen
Ralf Kulikowsky

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SPD

Sehr geehrter Herr Kulikowski,

ein internationaler Vertrag, der einen andern ändert, muss von allen Vertragsstaaten ratifiziert werden. Jeder einzelne Staat trifft seine Entscheidung entsprechend den Regeln seiner nationalen Verfassung. Es ist deshalb rechtlich ohne Belang, die Zahl der "Ja-Staaten" mit der Zahl der "Nein-Staaten" europaweit abzugleichen und die Zahl der "Ja-" und der "Nein-Stimmen". Es zählen nur die Staaten. Im Übrigen: Wen ich Ihrem Ansatz einmal rein theoretisch folge und nur die Ergebnisse der fünf Volksabstimmungen (Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Spanien, Irland) zusammenzähle, haben für die Reform der Europäischen Union (Verfassungsvertrag bzw. Lissabon-Vertrag) rund 27,5 Mio. europäische Bürgerinnen und Bürger mit "Ja" gestimmt und nur ca. 23,5 Mio. mit "Nein".

Sie bezweifeln die demokratische Legitimation des Lissabon-Prozesses, weil sich an der letzten Europawahl nur 43 Prozent der Deutschen beteiligt hätten. Darf ich Sie daran erinnern, dass nicht das Europäische Parlament den Lissabon-Vertrag ratifiziert, sondern der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat jeweils mit 2/3-Mehrheit? Die Beteiligung an der Wahl zum Deutschen Bundestag lag bei der letzten Wahl bei 77 Prozent.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Hänsch