Frage an Konrad Schily bezüglich Finanzen

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Konrad Schily
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Frage von Egon H. •

Frage an Konrad Schily von Egon H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Schily,

am Beispiel Steinkohlesubventionen wird doch deutlich, daß der deutsche Staat über Jahrzehnte Milliarden verschwendet hat. So wurde eine veraltete und im Sterben liegende Industrie künstlich am Leben gehalten. Diese Subventionen sind doch letztendlich wettbewerbsverzerrend und behindern leistungsfähige mittelständische Unternehmen, etwa bei der Entwicklung innovativer Technologien. Wie beurteilen Sie persönlich die Sinnhaftigkeit solcher Subventionen ?

Der deutsche Staat war ein wesentlicher Mitakteur bei der Entwicklung der Finanzkrise. Untermauert wird dies dadurch, daß Landesbanken, wie z. B. die West LB oder die Bayerische Landesbank als erste nach Finanzhilfen des Staates gerufen haben. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang das Versagen der Politik ?

Mit freundlichen Grüßen

Egon Hammel

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Hammel,

Ihre beiden Fragen vom 6. März 2009 möchte ich wie folgt beantworten:

1. Zur Steinkohle-Subvention

Die FDP ist davon überzeugt, dass die soziale Marktwirtschaft das beste Wirtschaftssystem ist, das wir haben können. Die soziale Marktwirtschaft beruht auf den Prinzipien von Leistung und Wettbewerb bei gleichzeitiger Einhaltung sozialer Spielregeln. Die Steinkohle-Subvention hat zu Beginn des industriellen Strukturwandels durchaus eine wichtige Funktion gehabt, die aus der Idee resultierte, den Ausstieg aus der nicht mehr wettbewerbsfähigen Steinkohleförderung sozial zu gestalten und den Strukturwandel zielgerichtet und nachhaltig zu organisieren. Diese richtige Ursprungsidee ist dann aber in den Jahren danach zu einer völligen Verkehrung marktwirtschaftlicher Prinzipien pervertiert. Die künstlich Aufrechterhaltung von völlig unrentablen Arbeitsplätzen macht volkswirtschaftlich, aber auch sozialpolitisch keinen Sinn. Die mittlerweile rund 130 Milliarden Euro, die der Steuerzahler seither zur Aufrechterhaltung der Förderung aufbringen musste, geht voll und ganz an der ursprünglichen Zielsetzung vorbei. Die FDP kritisiert dies seit Jahren scharf und begrüßt daher, dass nun 2018 endgültig Schluss mit der Bergbau-Subvention ist und künftig mehr Steuergeld zur Förderung von zukunftsfähigen Technologien, für Bildung und Familienpolitik zu Verfügung steht. Die FDP hätte sich einen Ausstieg schon 2012 gewünscht, ein solcher Fahrplan war aber politisch nicht durchzusetzen.

2. Zur Situation der Landesbanken

Ihre Einschätzung, der deutsche Staat sei ein wesentlicher Mitakteur der Entwicklung der aktuellen Finanzkrise, teile ich nur mit Abstrichen. Richtig ist, dass die rot-grüne Bundesregierung in den Jahren vor 2005 zur Lockerung der Finanzaufsicht und zum Abbau wichtiger Steuerungsmechanismen für die internationale Finanzwirtschaft beigetragen hat. Die Große Koalition hat es dann weiterhin versäumt, hier Korrekturen durchzusetzen. Gleichwohl ist der eigentliche Kern der aktuellen Finanzkrise vor allem im finanzwirtschaftlichen Verhalten der USA begründet. Insbesondere in der dortigen Immobilienblase und im späteren Fehlverhalten im Kontext des Leman-Bankrotts liegen die Ursachen dafür, dass wir jetzt mit Verwerfungen enormen Ausmaßes zu kämpfen haben. Jenseits dieser grundsätzlichen Einsicht wirft die Finanzkrise einmal mehr ein Schlaglicht darauf, dass unser System der Landesbanken reformbedürftig ist. Die Landesbanken sind durch die aktuelle Finanzkrise unter Druck geraten. Sie zählen zu den Instituten in Deutschland, die die höchsten Belastungen zu schultern haben und daher in vielen Fällen auf Staatshilfen angewiesen sind. Die Geldhäuser gehören in der Regel den Sparkassen und den jeweiligen Bundesländern und stehen damit in besonderer Einflusssphäre der Politik. Dass die Sparkassen selbst darauf drängen, ein verändertes Geschäftsmodell umzusetzen, sollte uns zu denken geben. Prinzipiell gilt es, die Landesbanken zu verschlanken und stärker die Realwirtschaft zu verpflichten.

Die Liberalen verfolgen daher die Idee, die Landesbanken zu einer großen Zentralbank unter Führung der Sparkasse zu vereinigen. Als Sitz einer solchen "Sparkassen-Zentralbank" wäre Frankfurt denkbar. Wenn Sie weitere Informationen über die FDP-Position zur Zukunft der Landesbanken wünschen, dann schauen Sie doch einmal auf der Internetseite meines finanzpolitischen Kollegens Jürgen Koppelin vorbei.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Konrad Schily