Frage an Leo Meyer-Giesow bezüglich Familie

Leo Meyer-Giesow
ÖDP
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Frage von Andreas L. •

Frage an Leo Meyer-Giesow von Andreas L. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Leo Meyer-Giesow,

inwiefern wollen Sie die einzelnen Mitglieder unserer Gesellschaft unterstützen, Familien zu gründen - und ihnen helfen, dass diese auch gelingen, und nicht wieder zerbrechen?

Vernünftig:
Finanzielle Rahmenbedingungen, Wohnraum, Betreuungsmöglichkeit. Wie lange (14 Monate ist der Stand heute, gestern waren es 3 Jahre) sollte die alleinige Betreuung durch die Eltern gefördert werden?
Wie soll gefördert werden, wenn nicht einer alleine die Betreuung ausführt, sondern beide in Teilzeit?
Bis wann, bzw. ab wieviel Kindern sollte die elterliche Bereuungsarbeit finanziell honoriert werden, wenn diese nicht extern, sondern intern in Voll- oder Teilzeit ausgeübt wird?

Emotional:
In wiefern kann Politik gerade den jungen Bürgern in ihrer Liebes- Beziehungs- und Konfliktfähigkeit helfen und in Krisen geratenen Eltern den Glauben in eine lebenswerte, gemeinsame Zukunft stärken?

Körperlich:
Gesunde Sexualität (beziehungsfördernd nicht zerstörend)
"Unter den Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren konsumierten bis zu 90 Prozent bereits pornografische Inhalte, berichtete der Sexualexperte Rolf Trauernicht. Er sagte, als internetsexsüchtig gälten in Deutschland rund 700 000 Menschen, die pro Woche mehr als 35 Stunden pornografische Online-Angebote nutzen."
http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article967991/Stoppschild-statt-Kinderporno-im-Internet.html
Peter Falk (SPD-Kandidat aus FFB) sagte mir zur letzten Wahl am Telefon, dass es in Münchens ca. 10.000 Prostituierte gäbe, was für mich bedeutet, dass es eine ungeheure Zahl von Männern geben muß, die hier eine Nachfrage haben.

Analog zu Zigaretten könnte ich mir Warnungen vorstellen wie:
Der Konsum dieser Dienstleistung kann ihr Frauenbild / ihre Beziehungsfähigkeit / ihr Sexualleben negativ beeinflussen. Außerdem empfinde ich in der Öffentlichkeit erkennbare Erotikanbieter als Zumutung.

mit liebem Gruß
Andreas Landgraf

Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Landgraf,

vielen Dank für Ihr zwar umfangreiche aber interessante Fragestellung.

Die ödp ist die Partei, welche die Werte Ökologie und Demokratie als Leitmotive politischen Denkens und Handelns hat und zugleich die Wertschätzung der Familien betont. Als Bundestagskandidat der ödp kann ich Ihnen daher weitgehend auf Basis des bundespolitischen Programms der ödp antworten. In dessen Kapitel II ist das umfangreiche Konzept der ödp zur Familienpolitik dargestellt. Sie finden das Programm unter www.oedp.de.

Ich versuche Ihre drei Fragenkomplexe der Reihe nach zu beantworten:

1.) Nach dem ödp-Konzept soll ein Erziehungsgehalt die finanzielle Basis für Familien sichern. Das Erziehungsgehalt soll sich am Durchschnittsentgelt der gesetzlich Versicherten (Bezugsgröße nach § 18 SGB IV) orientieren, also dynamisiert sein und das Alter sowie die Anzahl der Kinder berücksichtigen. Es ist in halber Höhe zu zahlen bei Erziehung eines Kindes unter 7 Jahren oder von zwei Kindern zwischen 7 und 14 Jahren. In voller Höhe ist es gerechtfertigt bei Erziehung von drei Kindern unter 7 Jahren. Bei behinderten Kindern sind Sonderregelungen zu treffen. Das Erziehungsgehalt ist keine Lohnersatzleistung, sondern Entgelt für Kindererziehung. Das Erziehungsgehalt ist wie anderes Einkommen zu versteuern. Familien mit geringem sonstigen Einkommen werden dadurch stärker entlastet.

Die Bezahlung der Kinderbetreuung und deren Höhe darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Kinder durch die Eltern oder durch andere betreut werden. Das Erziehungsgehalt ist entweder Lohn für die Betreuung der Kinder durch die Eltern, oder - wenn beide Eltern anderweitig voll erwerbstätig sein wollen - Entgelt für die Fremdbetreuung (Tagesmutter, Kinderkrippe, häusliche Kinderbetreuung durch Fremdkräfte, Großeltern u.a.). Das ödp-Konzept des Erziehungsgehaltes schafft die Voraussetzung, dass jede Familie eigenständig entscheidet, wer sich der Kindererziehung widmet: Mutter, Vater, beide in Teilzeit oder dritte Personen. Bisher sind häufig beide Elternteile zur außerhäuslichen Erwerbsarbeit gezwungen, oder aber der Vater kann sich nur in geringem Umfang der Kindererziehung widmen, weil nur er ein für den Familienunterhalt ausreichendes Erwebseinkommen erzielen kann.

Das von der großen Koalition aus CSU/CDU und SPD eingeführte Elterngeld richtet sich nach der individuellen Einkommenshöhe der Eltern vor der Geburt. Es benachteiligt daher Geringverdiener und leistet nur bei Besserverdienern einen ausreichenden Ausgleich für den befristeten Verzicht eines Elternteils auf anderweitiges Erwerbseinkommen. Da es nur auf 14 Monate beschränkt ist, bietet es für die Eltern keine Möglichkeit, dass sich ein Elternteil alleine oder beide Eltern in Teilzeit zumindest die ersten drei Lebensjahre ausschließlich der Kindererziehung widmen, es sei denn die Eltern sind Besserverdiener. Dadurch sind viele Eltern gezwungen ihre Kinder in Kinderkrippen zu geben, um einer außerhäuslichen Erwerbsarbeit nachzugehen. Diese Kinderkrippen werden von der öffentlichen Hand mit rund 1.000 Euro pro Krippenplatz/Monat subventioniert.

Ich halte es für eine verfehlte Politik die außerhäusliche Kinderbetreuung finanziell mehr zu fördern als die Kinderbetreuung durch die eigenen Eltern. Ich halte es außerdem für ungerecht, dass Geringverdienern wenige 100 Euro pro Kind/Monat und Besserverdienern bis zu 1.800 Euro pro Kind/Monat gezahlt werden, bei gleichwertiger Erziehungsleistung. Daher werde ich mich im Bundestag für eine Umwandlung des Elterngeldes in ein Erziehungsgehalt nach dem ödp-Konzept einsetzen.

2.) Emotional sind Familie und Freunde für die meisten Menschen das Wichtigste in ihrem Leben, auch heute noch. Dies kann man vielen Umfragen entnehmen.

Familie, das sind Kinder und Eltern, aber auch Ahnen und Verwandte. Jede Familie hat ihre Familientradition. Werte werden übernommen, aber auch in Frage gestellt. Der Gemeinwille der Familie stimmt nicht immer mit den einzelnen Sonderwillen aller Familienmitglieder überein. In einer modernen Familie sollten solche Konflikte nicht durch ein Machtwort des Patriarchen oder gar körperliche Gewaltanwendung gelöst werden, sondern bedürfen einer ergebnisoffenen Diskussion. Dann besteht eine gute Chance, dass ein Familienmitglied die anderen Familienmitglieder durch Darlegung seiner Gründe überzeugen kann. Kommt es zu keinem Konsens, so vielleicht doch zur Akzeptanz der anderen Meinung. Wo dies nicht möglich ist, bleibt der Kompromiss, das Zurückstecken eines jeden, um des Zusammenlebens willen. Voraussetzung ist der Wille zum Leben in der Gemeinschaft der jeweiligen Familie. Wer diesen Willen einmal bekundet hat, sollte sich auch dauerhaft daran gebunden fühlen.

Die Diskussionsfähigkeit und die Bereitschaft zu Konsens, Akzeptanz und Kompromiss sollten in der Familie eingeübt, aber auch in Kindergarten und Schule gefördert werden. In Einzelfällen ist manchmal Unterstützung durch Mediatoren oder vergleichbare Einrichtungen notwendig. Letztlich handelt es sich um Eigenschaften, die in allen demokratischen Gemeinschaften benötigt werden, egal ob in einer demokratischen Familie, einem demokratischen Verein, einem demokratischen Unternehmen oder einem demokratischen Staat. Die Alternative ist eine autoritäre Diktatur der Minderheit oder der Mehrheit. Diese entspricht aber weder unserer kulturellen Tradition in Deutschland noch der Zielsetzung des deutschen Grundgesetzes.

Ich werde mich in der Politik daher dafür einsetzen, die Erziehung zur Demokratie und das demokratische Gemeinschaftsleben in allen Bereichen zu fördern, um die Basis für das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.

3.) Selbstbestimmung und Selbstbeherrschung ist das, was dem Menschen seine besondere Würde verleiht. Tiere sind fremdbestimmt durch den natürlichen Instinkt, und das ist für sie meist nützlich. Menschen sind fremdbestimmt durch Süchte, und das ist für sie meist schädlich. Es ist daher die vielleicht wichtigste Aufgabe der Erziehung, den Menschen zu befähigen durch Selbstbeherrschung der Fremdbestimmung durch Süchte zu entgehen und seine Selbstbestimmung zu erlangen.

Der Internetsexsüchtige ist abhängig von pornographischen Internetseiten, wie andere abhängig sind von Zigaretten, Alkohol, Zucker oder sonstigen Genussmitteln. Es ist schwierig mit einer Entzugstherapie nachzuhohlen was in der Erziehung zur Suchtvermeidung versäumt wurde. Wahrscheinlich sollte man bei der Erziehung einen Tipp aus Rousseaus Emil mehr beachten: „Ein Kind darf nichts bekommen, weil es danach verlangt, sondern weil es dessen bedarf.“

Leider führen Süchte häufig nicht nur zur Selbstschädigung des Süchtigen, sondern auch zur Schädigung anderer. Ist die Prostitution erzwungen, so beutet der Zuhälter für seine Gewinnsucht die Prostituierte und den Freier aus. Ist die Prostitution "freiwillig", so beutet immer noch die Prostituierte für ihre Gewinnsucht den Freier aus. Der Freier lässt sich um seiner Sexsucht willen ausbeuten. Zuhälter, Prostituierte und Freier sind fremdbestimmt. Prostitution ist also durchgängig ein Fall fremdbestimmter Sexualität.

Selbstbestimmte Sexualität sieht anders aus. Sie verhilft den beteiligten Menschen zu einem gemeinsamen Vergnügen. Kein Mensch ist dabei nur ein Mittel zum Zweck.

Einen politischen Ansatz für eine Lösung des Problems sehe ich nicht. Die von Ihnen vorgeschlagenen Warnhinweise sind sicherlich eine originelle Idee und zielen in die richtige Richtung. Süchtige müssen sich zunächst ihrer Sucht bewusst werden, um sich überhaupt von dieser Sucht befreien zu wollen. Gemeinsame selbstbestimmte Sexualität setzt selbstbestimmte Männer und Frauen voraus, die gemeinsame selbstbestimmte Sexualität leben wollen. Daran besteht nach der von Ihnen angegebenen Anzahl von Prostituierten offenbar ein Mangel.

Mit freundlichen Grüßen
Leo Meyer-Giesow