Frage an Lothar Schwarz bezüglich Finanzen

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Lothar Schwarz
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Frage von Manfred F. •

Frage an Lothar Schwarz von Manfred F. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schwarz,

Wer hat die desolate Berliner Haushaltslage verschuldet? Was würden Sie als Stadtverordneter unternehmen, um die stadtbekannten Verursacher dieser Misere zur Verantwortung zu ziehen und die Auswirkungen dieser horrenden Verschuldungen auf die Berliner Sozialpolitik (zum Beispiel bei Blindengeld, Büchergeld für Schülerinnen und Schüler, Stützung des öffentlichen Nahverkehrs u.a.m.) zu minimieren oder gar zu beseitigen?- Waere mit Ihnen das desolate Risikoabschirmungsgesetz zu kippen?

mfg,
Manfred Fischer

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Antwort von
WASG

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Frage - besser zu Ihren Fragen - zu diesem sehr wichtigen Thema. Bitte verzeihen Sie, dass die Antwort etwas länger geworden ist.

"Wer hat die desolate Berliner Haushaltslage verschuldet?" Da denken ich und vielleicht auch Sie im ersten Moment an den CDU-Klüngel um Landowsky und Diepgen. Und das ist ja auch nicht falsch - nicht wenige der Milliarden Euro Schulden gehen auf dessen Konto. Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass auch die SPD damals in der Regierung war, für die Arbeit der Bankgesellschaft also ebenfalls verantwortlich ist. Und der PDS muss insoweit Mitschuld attestiert werden, als sie durch das Risikoabschirmungsgesetz die Lasten des Skandals dem Land Berlin - praktisch also dessen Bürgern - mit aufbürdete.

Aber ist das die ganze Antwort? Gewiss nicht - Berlin ist zwar ein Extremfall, aber Verschuldung, sehr oft hohe Verschuldung, ist für die Kommunen der BRD ja der Regel-, nicht der Ausnahmefall. Korruption und Misswirtschaft haben vielerorts dazu beigetragen - sie als die eigentlichen Ursachen anzusehen, griffe jedoch zu kurz. Es ist die Steuerpolitik der Regierungen - ob unter Kohl, Schröder oder Merkel -, die den Kommunen nicht die Mittel lässt, den für die Bürger erreichten sozialen Stand zu halten oder gar zu erweitern. (Und sollte das nicht das Normale sein in einer insgesamt immer reicher werdenden Gesellschaft?)

Ist das ein Fehler dieser Regierungen? Ist Unvermögen oder Dummheit die Ursache? Gewiss nicht. Wo nicht die Minister, da sind doch die Beamten in der Regel sehr fähige Leute. Nein, hier liegt bewusste Politik vor - die Kommunen sollen arm, sollen verschuldet sein.

Warum? Nun, eine stark verschuldete Kommune kann, so scheint es, nicht anders: Sie ´muss´ doch sparen, den Bürgern Leistungen entziehen. Und kann mit gewissem Erfolg auch den geprellten Bürgern einreden, anders gehe es nicht. Im Ergebnis wird weniger Geld für die Bedürfnisse des einfachen Bürgers ausgegeben. Und wo bleibt das eingesparte Geld? Nun, da, wo es nach Meinung der in dieser Gesellschaft Mächtigen eben hingehört - bei den großen Konzernen, bei den ohnehin Reichen. Reich genug sind sie eben nie. (Und nebenbei, an verschuldeten Kommunen verdienen die Banken ausgezeichnet.)

(Ein anderer Berlin betreffender Verschuldungsgrund sei nur genannt: der Staat, die Kommune haben heute fast keine vertretbaren Mittel, zu steuern, wo sich welche Wirtschaftszweige entwickeln. Diese für die Gesamtgesellschaft entscheidenden Fragen sind jeder demokratischen Kontrolle entzogen.)

Sie fragen weiter, was ich unternehmen würde, um die Verursacher dieser Misere (ich vermute, Sie meinen die am Bankenskandal Beteiligten) zur Verantwortung zu ziehen. Bitte entschuldigen Sie, dass ich zwar wünsche, dass das geschieht, die möglichen Wege und Mittel dafür jedoch noch nicht überschaue, diese Frage also noch nicht konkret beantworten kann.

Wie die Auswirkungen der Verschuldung zu minimieren oder gar zu beseitigen wären? Da die Verschuldung politisch gewollt ist, würde eine Rücksichtnahme darauf, ein Versuch, sie durch Einschränkung der Leistungen für die Bürger abzubauen, - wie er leider von SPD und Linkspartei.PDS in Berlin durchgeführt wird - nur bedeuten, dass man dem Willen derer, die die Verschuldung bewusst herbeiführen, nachkommt. Das kommt für die WASG Berlin wie für mich nicht in Frage. Wir treten vielmehr dafür ein, dass etwa die von Ihnen genannten Verschlechterungen zurückgenommen werden, dass im Gegenteil mehr investiert wird, in die Schulen zum Beispiel.

Und was wird mit den Schulden? Die wachsen dann ja weiter!? Ja, das tun sie zunächst. Das tun sie ohnehin, auch bei der jetzigen Berliner Politik, selbst - nach einer gewissen Reduktion - bei Erfolg der Klage in Karlsruhe. Die Schulden werden nicht durch Sparen beseitigt, sondern nur durch politischen Druck, sie zu streichen, das Geld von den Profiteuren des Bankenskandals wie überhaupt der Verschuldungspolitik des Staates einzufordern. Und eine ausreichende Finanzierung der Kommunen durchzusetzen.

Nein, das Ganze kann nicht einfach durchgesetzt werden. Aber wenn die Berliner sich stärker gegen die Einsparungen wehren, sich dabei nicht spalten lassen in verschiedene Interessengruppen, kann es erreicht werden. Schließlich: warum hat denn der Staat die jetzt eingeschränkten Leistungen für die Bürger früher erbracht? Es waren nie Geschenke, sie sind immer erkämpft worden. (Allerdings spielte die Schaufensterrolle gegenüber der DDR auch eine Rolle.)

Zu Ihrer letzten Frage: ja, ich trete für die Rücknahme des Risikoabschirmungsgesetzes ein. Gekippt werden kann es aber nur, wenn die Vertreter der WASG im Abgeordnetenhaus durch eine kräftige ausserparlamentarische Opposition bei dieser Forderung unterstützt werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Lothar Schwarz