Frage an Marina Schuster bezüglich Finanzen

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Marina Schuster
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Frage von Günter K. •

Frage an Marina Schuster von Günter K. bezüglich Finanzen

Geehrte Frau Schuster

Ich höre immer nur das Jammern seitens der Politik, wenn eine Privat Equity Gesellschaft wieder mal eine Firma ausgesaugt hat und die Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Warum wird keine Initiative ergriffen und die Gesetze und Vorschriften in Richtung eines demokratischen und sozial gerechten Kapitalmarktes geändert?

Wie stehen sie und ihre Partei zu folgenden Forderungen:
-schärfere Eigenkapitalvorschriften für die Banken bei Kreditvergabe an PE-Gesellschaften;
-Verhinderung von kreditfinanzierten Sonderausschüttungen;
-PE-Fonds dürfen nicht länger von der Gewerbesteuer befreit werden;
-Streichung des Steuerprivilegs von Managern für Gewinnbeteiligungseinkünfte;
-Beteiligungsgesellschaften dürfen das Eigenkapital ihrer Opfer nicht unter eine bestimmte Schwelle abpumpen;
-Finanzgewinne müssen gleich hoch versteuert werden wie Arbeitseinkommen;
-Stärkung der Mitbestimmung der Betriebsräte,
-Schließung von Steueroasen.

Im Voraus schon einmal Dank für die hoffentlich sehr umfangreiche Beantwortung.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Kunz

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kunz,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ich freue mich, dass Sie an meinen Antworten ein hohes Interesse haben und lade Sie daher an dieser Stelle nochmals zu meiner Bürgersprechstunde ein. Erst vergangenen Montag hat diese in Hilpoltstein – unweit von Ihrer Heimat – stattgefunden.

Für mich ist eines in dieser Debatte grundsätzlich wichtig: Nicht nur Management- auch Staatsversagen muss Konsequenzen haben. Oft wird eines davon ausgeblendet.

Zu den Private Equity Gesellschaften: festzuhalten bleibt, dass die Finanzkrise doch bei den Banken - also im „regulierten“ Bereich - entstanden ist, nicht bei den „weniger regulierten“ Private Equity Gesellschaften. Fest steht auch: wir brauchen bessere Regelungen für den Finanzmarkt. Nicht vergessen darf man dabei aber, dass Regulierungsversagen oder Regulierungsversäumnisse Staatsversagen ist, nicht Marktversagen. Deshalb muss die staatliche Bankenaufsicht auf nationaler und internationaler Ebene effektiver werden. Hierzu hat die FDP schon vor Jahren Vorschläge eingebracht. Erst gestern hat Dr. Guido Westerwelle Anmerkungen dazu im Rahmen der Plenardebatte gemacht.

Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Kapitalmarkt ist die Bereitstellung von genügend Krediten für Unternehmen. Das tun die Banken derzeit nicht, so dass auch Private-Equity-Gesellschaften bei der Unternehmensfinanzierung eine wichtige Rolle spielen können.

Die Finanzkrise, die zu einer Wirtschaftskrise wurde, hat die Schwächen der bisherigen Weltfinanzordnung offen gelegt. Das bestehende Weltfinanzsystem muss reformiert werden, damit sich ein solcher Vorgang in Zukunft nicht wiederholen kann. Meine Partei hat hierzu ein umfassendes und kohärentes Konzept verabschiedet, aus dem ich Ihnen die zur Beantwortung Ihrer Fragen relevanten Punkte darlegen möchte.

Wir fordern grundsätzlich festere und transparentere Regeln der Eigenkapitalunterlegung von Krediten, unabhängig vom Kreditnehmer. Die Regelungen im Rahmen des bestehenden Regimes (Basel I und II) haben sich hierbei als nicht ausreichend erwiesen, sondern haben vielmehr zu einer Entkoppelung der Risiken von den Eigenkapitalquoten der kreditgebenden Banken geführt. Daneben sollten die Banken dazu angehalten werden, die bisherigen Prämien- und Anreizsysteme für die Finanzmarkthändler und Bankvorstände zu überdenken und zu ändern. Bislang werden Bankvorstände fast ausschließlich nach Bilanzvolumen oder Rendite und nicht nach Risiken bezahlt. Neben der Rendite- und Umsatzorientierung sollten künftig risikoadjustierte Erfolgskennzahlen in die Anreizsysteme einfließen.

Des weiteren fordern wir, die Eigentümerrechte in Unternehmen zu stärken. Gerade die hohen, am kurzfristigen Erfolg orientierten Bonuszahlungen an Vorstände, deren Unternehmen kurze Zeit später in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, haben vor Augen geführt, dass die Unternehmensverfassung bei großen Aktiengesellschaften die Rolle der Aktionäre, also der Eigentümer des Unternehmens, nicht ausreichend berücksichtigt. Die Aktionäre tragen das volle Vermögensrisiko, können derzeit aber nicht auf das Vergütungsmodell bzw. die Vergütungsstruktur des Vorstandes Einfluss nehmen. Stattdessen findet diese Abstimmung in den paritätisch besetzten Aufsichtsräten bzw. seinen Ausschüssen statt, bei denen Interessenskollisionen vorherrschen und die Gefahr besteht, dass nicht im Sinne der Eigentümer entschieden wird. Der Staat muss daher den ordnungspolitischen Rahmen verbessern. Dazu ist eine Stärkung der Rolle der Eigentümer, insbesondere der Aktionäre großer Aktiengesellschaften, notwendig. Daher fordern wir, dass die Aktionäre in der Hauptversammlung über das Vergütungssystem und die Höhe der Vergütung entscheiden können. Darüber hinaus unterstützt die FDP den Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance, unabhängig von bestehenden Ansprüchen gegen die Gesellschaft auch eine direkte zivilrechtliche Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften für vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschinformationen über die Gesellschaft vorzusehen.

Zu den Steueroasen: Die FDP unterstützt alle Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung notwendig und wirklich geeignet sind. Denn Steuerhinterziehung ist kriminell. Wir haben zu dieser Debatte am 01.07.2009 einen eigenen Entschließungsantrag eingebracht, den Sie unter folgendem Link finden:
http://www.fdp-fraktion.de/files/538/EA-Steuerhinterziehungsbekaempfungsgesetz.pdf .
Interessant dazu ist auch unsere „Kleine Anfrage“ meiner Fraktion zu „Defizite in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung“ (BT-Drs. 16/12339). Oder unsere Anfrage zu „Steueroasen“ (BT-Drs. 16/11699).

Zu Ihren Forderungen nach einem „demokratischen und sozial gerechten Kapitalmarktes“ möchte ich Ihnen doch eines mit auf den Weg geben: Es mag ja sein, dass die SPD im Wahlkampf immer gerne mit ihrem angeblich so entschlossenen Engagement gegen ausufernde Finanzmärkte wirbt. Dabei verschweigt sie allerdings gerne, dass sie seit nunmehr 11 Jahren(!) den Finanzminister stellt. Wenn die SPD heute mehr Kontrolle fordert, ist das nichts anderes als das Eingeständnis, dass man 11 Jahre lang nicht genügend getan hat.

Die Bundesregierung bestätigt diesen Eindruck in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Das SPD-Finanzministerium versucht nun durch eine hektische Einstellungspolitik das nachzuholen, was man in 11 Jahren immer wieder versäumt hat. Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurden sage und schreibe 235 Stellen neu geschaffen. Das zeigt, welche Lücken 11 Jahre SPD-Finanzpolitik in der Finanzaufsicht hinterlassen haben. Der personalpolitische Aktionismus ist ein spätes Eingeständnis sozialdemokratischer Versäumnisse. Die Zahlen der Bundesregierung verdeutlichen, dass die Regulierung und Beaufsichtigung der Finanzmärkte vielleicht im SPD-Wahlkampf eine große Rolle spielen, keinesfalls aber in der SPD-Regierungspolitik.

Vielleicht interessiert Sie auch der Bericht zum HRE-Untersuchungsausschuss? Ich würde Ihnen diesen zur Lektüre dringend empfehlen. Gerne kann ich Ihnen auch hierzu den Link schicken.

Mit freundlichen Grüßen

Marina Schuster