Frage an Marlene Mortler bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Marlene Mortler
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Frage von Florian S. •

Frage an Marlene Mortler von Florian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Mortler,

wie vereinbaren Sie Ihre Zustimmung zum Panzerverkauf an Saudiarabien und Ihre Ablehnung eines Abschiebestopps für syrische Flüchtlinge mit Ihrer ausgewiesen christlichen Einstellung, die Sie durch die Mitgliedschaft in einer sich selbst als christlich bezeichnenden Partei auch zu Ihrem politischen Programm gemacht haben?

Die für den christlichen Glauben essentielle Tugend der Nächstenliebe ist damit schwer in Einklang zu bringen.

Von Ihnen als meine Wahlkreisabgeordnete wünsche ich mir ein mehr an christlichen Werten orientiertes Abstimmungsverhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Stark-Fischbacher

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Stark-Fischbacher,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 6.12.2011 auf der Internetplattform Abgeordnetenwatch hinsichtlich der Themen "Panzerverkauf an Saudiarabien" (A.) und Ablehnung des Abschiebestopps für syrische Flüchtlinge (B.).

Der Aufforderung Ihres letzten Satzes entsprechend ist für uns das christliche Menschenbild der Kompass, an dem sich unsere Entscheidungen selbstverständlich ausrichten. Es muss aber für jede Frage nach einer passenden Antwort gesucht werden. Aus dem christlichen Menschenbild ergibt sich in den seltensten Fällen eine ganz bestimmte Lösung in einer politischen Sachfrage. Ich empfehle Ihnen zu diesem Thema einen Beitrag des Fraktionsvorsitzenden der CDU-Bundestagsfraktion:
http://www.cducsu.de/Titel__text_interview_das_c_ist_fuer_uns_programm/TabID__6/SubTabID__9/InhaltTypID__3/InhaltID__10460/Inhalte.aspx .

A. Zunächst einmal möchte ich Sie gern darauf hinweisen, dass Panzerverkäufe nach Saudi-Arabien nicht in die Zuständigkeit des deutschen Bundestages fallen, sondern die Genehmigung von Rüstungsexporten der Exekutive überlassen ist, die geheim darüber berät. Zuständig ist der Bundessicherheitsrat, einem Kabinettsausschuss, der unter Vorsitz der Bundeskanzelerin tagt. Ihm gehören die Bundesminister des Auswärtigen, der Finanzen, des Innern, der Justiz, der Verteidigung, für Wirtschaft und Technologie sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. Der Bundestag wird im jährlichen Rüstungsexportbericht lediglich im Nachhinein darüber informiert - daran wurde auch bei der Verschärfung der Rüstungsexportrichtlinien unter Rot-Grün nichts geändert.
Von einer "Zustimmung" meinerseits oder anderer Bundestagsabgeordneter kann deshalb nicht die Rede sein.
Obwohl uns allerdings Presseberichte über eine angeblich rüstungskontrollpoltische Entscheidung des Bundessicherheitsrates zur Ausfuhr von 200 Panzern nach Saudi-Arabien bekannt sind, hat. die Bundesregierung hat gegenüber dem Bundestag allerdings erklärt, dass ihr ein entsprechender Ausfuhrantrag nicht vorliegt.
Im Übrigen hat die Bundesregierung in allgemeiner Form zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien Stellung genommen und dabei betont, dass sie über Rüstungsexporte im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen entscheidet. Grundlage hierfür sind die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" aus dem Jahr 2000 und der "Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern". Nach diesen Grundsätzen kommt der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland eine besondere Bedeutung zu, die die Bundesregierung in Saudi-Arabien besonders scharf beobachtet.

B. Bei Ihrer zweiten Frage ist zu unterscheiden: einerseits das im Januar 2009 in Kraft getretene bilaterale Rückübernahmeabkommen mit Syrien, das sich auf prozedurale Regelungen beschränkt und die völkerrechtliche Verpflichtung zur Übernahme eigener Staatsangehöriger konkretisiert und in der Zuständigkeit der Länder liegt, § 60a Absatz 11 AufenthG. Soweit bekannt, schiebt - entsprechend der Empfehlung des Bundesinnenministeriums - keines der 16 Bundesländer nach Syrien ab. Für eine Kündigung des Abkommens, über die die Bundesregierung zu entscheiden hätte, besteht allerdings kein Anlass, zumal das Abkommen mit dem Staat Syrien und nicht mit dem gegenwärtigen Regime abgeschlossen wurde. Die Kündigung völkerrechtlicher Verträge ist international höchst unüblich und in der gegenwärtigen Situation auch nicht geboten, zumal Deutschland darüber entscheiden kann, ob Rückführungen durchgeführt werden. Gegenwärtig ist dies nicht der Fall.
andererseits: humanitäre und menschenrechtliche Aspekte, die bereits im Ausländer bzw. Asylrecht berücksichtigt werden und durch das Abkommen nicht berührt werden. Ausländern, denen im Herkunftsland politische Verfolgung, eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder die Folter droht, erhalten in Deutschland Asyl oder Flüchtlingsschutz.
Die Bundesregierung hat wiederholt die brutale Gewalt des syrischen Regimes gegen die Zivilbevölkerung verurteilt, auch gegenüber dem Botschafter der Syrischen Arabischen Republik in Berlin, der seit Ende März 2011 bereits sechsmal ins Auswärtige Amt bestellt wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Marlene Mortler MdB

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