Frage an Matthias Groote bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Matthias Groote
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Frage von Franz I. •

Frage an Matthias Groote von Franz I. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Groote,

am 7. Juli steht im Ausschuß ´Industrie, Forschung und Energie´ das sogenannte "Telecom package" zur Abstimmung.

Die jüngsten Änderungsvorschläge Frankreichs und Englands betreffen die offene Architektur des Internets und haben die Kontrolle und Überwachung aller Nutzer zum Ziel.

Die vorgeschlagenen Änderungen erlauben es den Internet-Providern, Websites und Kommunikation zu überwachen und zu blockieren, Nutzer zu sanktionieren, den Netzzugang zu unterbrechen oder ganz abzuschalten. Verpflichtende Spionagesoftware kann europäische Internetnutzer davon abhalten, das Internet rechtmäßig zu nutzen - im vermeintlichen Interesse der "Sicherheit". Das Recht, freie Software zum Internetzugang zu benutzen, kann nicht mehr zugesichert werden.

Die geplanten Copyright-Änderungsvorschläge schränken die individuelle Freiheit und Privatsphäre im Internet ein - ein Bruch fundamentaler Menschenrechte in Europa.

Die Netzneutralität wird direkt angegriffen, genau wie der Grundsatz, dass technische Vermittler nicht zur vorherigen Überwachung des Inhalts verpflichet sind.

Inwieweit haben Sie sich mit den geplanten Änderungen befaßt und welche Konsequenzen hat das für Ihr Abstimmungsverhalten?

Ich bitte Sie darum, die Änderungsvorschläge abzulehnen, die mit Rechten des geistigen Eigentums in Verbindung stehen. Diese haben meiner Meinung nach absolut keinen Bezug zum Telekom-Paket und dort überhaupt nichts zu suchen.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Isfort

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SPD

Sehr geehrte Herr Isfort,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Als stellvertretendes Mitglied im Industrieausschuss beantworte ich ihnen diese gerne. Sie bringen Ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass die Beratungen im Europäischen Parlament zur Reform der Telekommunikations-Gesetzgebung zu Eingriffen in die Netzneutralität und zur Überwachung bestimmter Inhalte im Internet führen könnten. Mit Ihren Bedenken folgen sie vielen Organisationen die davor warnen, dass der EU-Gesetzgeber eine systematische Kontrolle durch die Zusammenarbeit von Unternehmen und nationalen Regulierungsbehörden beschließen könnte.

Im Rahmen der Beratungen zur Reform der Telekommunikationspolitik wurden sowohl in dem federführenden wie auch in den begleitenden Ausschüssen viele Anträge eingereicht, mit der die Internet-Provider ermutigt werden sollen, "gesetzeskonforme Inhalte" (lawful content) "zu fördern und zu schützen". Darüber hinaus wurde gefordert, dass Internetprovider mit den nationalen Regulierungsbehörden zusammenarbeiten sollten, um einen entsprechenden Schutz auch technisch zu gewährleisten.

Als Mitglied der SPE Fraktion im Europäischen Parlament teile ich Ihre Sorge, dass diese Vorstellungen in vielfacher Hinsicht sehr problematische Auswirkungen haben könnten und die SPE Abgeordneten haben sich deshalb für eine Entschärfung der Problematik eingesetzt. Wir haben angeregt, dass die entsprechenden Anträge nur noch einen Hinweis auf die Förderung und nicht mehr auf den Schutz von entsprechenden Maßnahmen enthalten. Dies hat dazu geführt, dass sowohl im federführenden Industrieausschuss, wie auch im Binnenmarkt/Verbraucherschutzausschuss in den Abstimmungen am 7. Juli 2008 entsprechende Änderungen vorgenommen und verabschiedet wurden.

Der verabschiedete Kompromiss sieht vor, dass Nutzer Zugang zu "rechtmäßigen" Inhalten haben und diese auch verbreiten dürfen. Darüber hinaus wurde in der bisherigen Formulierung des Paragraphen das Wort "Schutz" gestrichen, so dass Internet-Provider nicht mehr auch für den Schutz "gesetzeskonformer Inhalte" zuständig sein sollen. Dies hätte bedeuten können, dass auch eine verdachtsunabhängige systematische Überwachung von Inhalten möglich gewesen wäre.

Des Weiteren wurde eine Verbindung zu Artikel 33 der Universaldienstrichtlinie (2002/22/EC) hergestellt, in dem eine Beratung mit den entsprechenden Interessenvertretern vorgesehen ist.

Die Abstimmung im Plenum zu den betreffenden Gesetzen ist für September 2008 vorgesehen; entsprechende Passagen werden vor der Abstimmung im Plenum noch einmal geprüft. Nach der Abstimmung in den beiden federführenden Ausschüssen ist aber davon auszugehen, dass eine Mehrheit im Europäischen Parlament Regelungen, die ein automatisches Filtern erlauben würden, nicht annehmen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Groote