Frage an Matthias Wissmann von Gerhard C. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Wissmann,
Wie stehen Sie zu dem Thema der Ungleichbehandlung und der großen Benachteiligung von Kindern aus Trennungsfamilien?
Wie erklären Sie den Vätern, welche von ihren Frauen verlassen wurden, warum sie zusätzlich bestraft werden?
Zu den Fakten: ich gehöre zu den 0,4% allein erziehenden berufstätigen Vätern in Deutschland.
Alle Politiker (in den vielen Diskussionen, welche ich bis heute im Wahlkampf verfolgen durfte) betonen, das insbesondere Familien und deren Kinder geschützt und unterstützt werden müssten. Die Kinder seien die Zukunft unseres Landes.
Nach der Statistik hat eine 6-köpfige Familie ein Durchschnittshaushaltseinkommen in Deutschland von ca. 4400€ Netto (inkl. Kindergeld).
Wir waren jahrelang somit eine ganz normale Durchschnittsfamilie.
Nach der Trennung leben 2 Kinder bei mir und 2 bei ihrer Mutter.
Zu den höheren Aufwendungen (750€ Miete zusätzlich) kommt nun eine zusätzliche Bestrafung durch den Finanzminister: ich zahle fast 500€ mehr Steuern, obwohl sich an unserer Leistung für die Allgemeinheit in der Kindererziehung/Rente usw. sich nichts geändert hat! Von doppelter Haushaltsführung, den Umgangskosten usw. ganz zu schweigen.
Für 30 Jahre hartes arbeiten, Kindererziehung und jahrelanges soziales Engagement fühle ich mich (auch in Namen meiner Kinder) von dieser Gesellschaft und ihren Politikern betrogen.
Unsere Kinder werden sehr stark benachteiligt. Bafög wird auch noch verwehrt, da mein Bruttoeinkommen sich nicht erniedrigt hat. Meine Kinder und ich lebe unter weit schlechteren Bedingungen als vor der Trennung.
Die Einstellung meiner Kinder, das sie keine Kinder haben möchten, kann ich jetzt absolut nachvollziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Collmann
Sehr geehrter Herr Collmann,
gerne nehme ich zu Ihrem Eintrag vom 11. September und Ihrer Frage nach der steuerlichen Behandlung von Alleinerziehenden Eltern Stellung.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hat 2002 im Auftrag des Bundesfinanzministeriums eine „Empirische Analyse der effektiven Inzidenz des deutschen Steuersystems“ vorgelegt. Für das Jahr 1998 – dem letzten Jahr der Regierung Kohl - kommt das Institut hier zu eindeutigen Ergebnissen: Die durchschnittliche Einkommensteuerbelastung der Haushalte betrug 12,8 vH. Die höchste Belastung trugen Alleinlebende (Männer 16,0 vH; Frauen 15,4 vH). Die Steuerbelastung der Paare ohne Kinder lag mit 13,7 vH deutlich über der der Paare mit Kind(ern). Deren Belastung sank mit der Anzahl der Kinder. Die niedrigste Einkommensteuerbelastung hatten (mit 8,2 vH) Alleinerziehende zu tragen. Die Abweichungen von der durchschnittlichen Belastung zeigen, dass die Alleinlebenden und die kinderlosen Paare eine überdurchschnittliche, alle anderen Haushalte eine unterdurchschnittliche Steuerbelastung trugen.
Die Einkommensteuerbelastung wird als Anteil der gezahlten Einkommensteuer am Bruttoeinkommen berechnet. Weil die Ergebnisse nicht durch Haushalte, die 1998 keine Einkommensteuer gezahlt haben, verzerrt werden sollten, wurden die Haushalte der Arbeitslosen, Studenten, Rentner und der „Sonstigen Nichterwerbstätigen“ nicht berücksichtigt – betrachtet wurden somit insgesamt 23,3 Mill. Haushalte.
Auch in den unterschiedlichen Schichten jeweils gleichen Haushaltsnettoeinkommens wurden seinerzeit Alleinerziehende und Paare mit Kindern unterdurchschnittlich und jeweils deutlich geringer als Paare ohne Kinder belastet. Alleinerziehende sind dabei z. T. sogar geringer belastet worden als Paare mit Kindern.
Die geschilderte Situation aus Zeiten der letzten unionsgeführten Bundesregierung ist aber für uns nicht das Signal, dass in unserem Land die Förderung von Kindern und Familie und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinreichend wären. Die Union sieht daher steuerliche Maßnahmen vor, die gerade Familien mit Kindern entlasten. Politik für Familie muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen: neben der finanziellen Förderung geht es um die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; dazu gehören familienfreundliche Arbeitsplätze, Wiedereinstiegschancen nach einer Familienphase und ein bedarfsgerechtes, flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Kinderbetreuungsangebot für alle Altersstufen.
Die Erhöhung bzw. das Festhalten am Kinderfreibetrag beruht auf der Überzeugung, dass es grundsätzlich die Eltern - und nicht der Staat - sein sollten, die für die Kinder sorgen. Daher wird den Eltern ein für alle pro Kind gleich hoher Betrag von 8.000 Euro steuerfrei gestellt. Das Kindergeld kann letztlich als eine staatliche Grundunterstützung von Kindern derer angesehen werden, die nur über eine finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen, bei der die Nutzung der Freibeträge keine oder eine geringere finanzielle Entlastung bringt. Daher ist die Besserstellungsprüfung zwischen Kindergeldleistung und Nutzung der Freibeträge sinnvoll und wird von uns beibehalten.
Wie Sie sehen, werden sich CDU und CSU auch weiterhin für eine familien- und kinderfreundliche Steuerpolitik in unserem Lande einsetzen und darauf bedacht sein, Ungerechtigkeiten im deutschen Steuerrecht in Zukunft zu vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen