Frage an Michael Theurer bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Michael Theurer
Michael Theurer
FDP
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Frage von Randi W. •

Frage an Michael Theurer von Randi W. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrter Herr Theurer,

seit nunmehr 3 Jahren bin ich Mitglied der FDP. Heute morgen schaue ich die Bilder aus Moira der letzten Tage an und frage mich, ob dass das Europa ist, in dem ich leben möchte. Meine klare Antwort ist: nein! Europa steht für mich für Menschenrechte, insbesondere für Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Vielfalt und vieles mehr. Dass mitten in Europa Geflüchtete, die alles verloren haben, erneut alles verlieren durch unmenschliche und absolut inakzeptable Lebensbedingungen und nun durch einen Brand, der wohl denke ich erreichen sollte, dass wir alle genauer hinschauen. Dass man diesen so verzweifelten Menschen mit Gewalt begegnet, das will und kann ich als Europäerin und als Verfechterin unseres deutschen Grundgesetzes (ich habe selbst gerade im Bereich des Verfassungs- und Strafprozessrechts promoviert) nicht mehr einfach nur hinnehmen. Ich frage Sie deshalb: was gedenken Sie politisch zu tun um dieser Situation ein Ende zu setzen? Wie sieht ihr Lösungsvorschlag aus um diese Zustände auf Moira zu beenden? Wie positioniert sich die FDP? Warum werden die Liberalen Stimmen nicht lauter? Diese aktuelle Situation hat nichts mit liberal-freiheitlichen Werten zu tun, meine ich.

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Randi Weil

Michael Theurer
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Weil,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Migration und der Lage in Moria.

Die humanitäre Situation der Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln war bereits in der Vergangenheit katastrophal und ist durch den Brand in Moria noch schlimmer geworden. Auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist klar, dass zeitnah und entschlossen gehandelt werden muss. Die Bilder aus Moria machen auch mich sehr betroffen – und so wie Sie es auch schreiben, das ist nicht das Europa wie es sein sollte.

Humanität ist Pflicht. In einem ersten Schritt ist es erforderlich, die akute Notlage zu bewältigen. Deutschland trägt durch die EU-Ratspräsidentschaft in dieser Situation eine besondere Verantwortung. Die Bundesregierung muss Griechenland jedwede Hilfe anbieten, um die akute Ausnahmesituation zu entspannen und eine angemessene Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge in Griechenland sicherzustellen. Deutschland könnte beispielsweise das THW und weitere Hilfskräfte zur Unterstützung entsenden, zur Verbesserung der hygienischen Lage und medizinischen Versorgung vor Ort. Griechenland ist in der Pflicht, diese Hilfe anzunehmen.

Weiter müssen Familien mit Kindern und unbegleitete Minderjährigen unter 14 Jahren schnellstmöglich evakuiert werden, und auch Deutschland muss hier seinen Beitrag leisten. Alle weiteren Schutzsuchenden, die sich heute auf den griechischen Inseln befinden und die nach der Prüfung ihres Antrags eine Bleibeperspektive haben, sollten einmalig und schnell innerhalb der EU auf die aufnahmebereiten Mitgliedstaaten verteilt werden. Die Schutzsuchenden, deren Anträge bereits positiv beschieden worden sind, könnten bereits jetzt zügig innerhalb der EU auf die aufnahmebereiten Mitgliedstaaten verteilt werden. Alle anderen Schutzsuchenden müssen aber auch schnellstmöglich Rechtsklarheit erhalten. Dazu müssen vor Ort in Griechenland die Prozesse beschleunigt werden. Deutschland sollte auch bei der Prüfung der Anträge auf humanitären Schutz die griechischen Behörden unterstützen, beispielsweise durch zusätzliche Entscheider des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Task-Force.

Dass sich die Bundesregierung darauf verständigt hat, 1553 zusätzliche Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln aufzunehmen begrüßen die Freien Demokraten im Grundsatz. Aber wir vermissen einen Migrationskonsens und einem Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Gemeinden, denn Moria ist und bleibt die Chiffre für die totale Sackgasse der europäischen Flüchtlingspolitik. So provisorisch ein neues Auffanglager als Ersatz für Moria - auch unter EU-Führung - sein wird, so provisorisch wird weiterhin auch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und der Europäischen Union bleiben, wenn nicht ein systematischer und effektiver Ansatz gewählt wird, der auf Solidarität unter den europäischen Staaten und auf echte Ursachenbekämpfung in den Herkunftsstaaten setzt.

Abschließend möchte ich nochmal betonen, Griechenland und die Menschen in Moria brauchen Hilfe; für die Koordinierung brauchen wir einen Migrationsgipfel; nachhaltig hilft uns aber nur eine europäische Lösung und ein Einwanderungsrecht für das wir uns als FDP seit Jahren einsetzen.

Herzlichst
Ihr
Michael Theurer

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