Frage an Monika Griefahn von Werner H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr verehrte Frau Griefahn,
mein Anliegen sind die geplanten Diätenerhöhungen und Ihre Meinung zu diesem Punkt.
Schon jetzt ist das Einkommen von Bundestagsabgeordneten (7009 €) und die steuerfreie Aufwandsentschädigung (3647 €) eine Summe, die in keiner Relation zum Einkommen der Bundesbürger steht. Nun werden Erhöhungen von fast 10 % innerhalb von zwei Jahren geplant; Erhöhungen, die ebenfalls in keiner Relation zu Einkommenssteigerungen in Deutschland stehen; ausgenommen die überzogenen Forderungen der Lokführer.
Die Argumentation der Parteien lautet, dass die Gehälter an die Einkommen von Bürgermeistern mittlerer Städte und Bundesrichtern angeglichen werden soll. Im Gegenzug würde es auch zu Abstrichen in der Altersversorgung kommen.
Entspricht das tatsächlich der Wahrheit, oder besitzen nicht schon jetzt Bundestagsabgeordnete Privilegien, deren Wert sie weit über das Gehalt von Bundesrichtern hinaus hebt?
Die Altersvorsorge gehört sicherlich auch zu diesen Privilegien; Bundestagsabgeordnete erreichen die volle Altersversorgung schon viel früher als Bundesrichter und außerdem schon mit 57 Jahren; Richter erst mit 67 Jahren! Hier ist eine Kürzung sicherlich angezeigt, aber ob diese angekündigte Kürzung auch tatsächlich eine Kürzung ist, dazu interessiert mich Ihre Sichtweise.
Gerne würde ich auch meine Gehälter selbst festlegen; das geht aber nur bei Abgeordneten, schade eigentlich. Aber ist das Gerecht und gut?
Mit freundlichem Gruß
Werner Haarhues
Sehr geehrter Herr Haarhues,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur Neuregelung der Abgeordnetenbezüge und Ihren Anmerkungen dazu. Da ich ein öffentliches Amt bekleide, haben Sie ein Anrecht darauf zu wissen, wie sich mein Einkommen zusammensetzt und wonach es sich richtet.
Dass Abgeordnete grundsätzlich eine „angemessene“ Entschädigung bekommen sollen, die ihre Unabhängigkeit sichert, ist in Artikel 48, Abs. 3 des Grundgesetzes geregelt. Diese Entschädigung („Diät“) liegt derzeit bei 7.009 Euro und wurde das letzte Mal zum 1. Januar 2003 erhöht. Die Summe ist wie alle Einkommen – Löhne und Gehälter – zu versteuern. Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld gibt es für Abgeordnete nicht. Als Orientierungsgröße für die Festlegung der Entschädigung werden die Einkommen von Bürgermeistern von Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern oder von Landräten sowie die Besoldungen einfacher Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes
(Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht...) herangezogen.
Man hat sich für eine Orientierung an diese Berufsgruppen entschieden, weil Verantwortung und Arbeitsbelastung dieser Berufe mit der der Abgeordneten vergleichbar ist. Dabei sind die Diäten immer unterhalb der Bezugsgrößen, also der Beamtenbesoldungsgruppe B6 und der Richterbesoldungsgruppe R6, geblieben.
Wenn ich mir mein alltägliches Berufsleben ansehe, kann ich guten Gewissens sagen, dass ich die Höhe der Abgeordneten-Entschädigung gerechtfertigt finde. Sie liegt sicherlich höher als das Einkommen vieler Bürger in diesem Land, aber auch weitaus niedriger als das nicht zu rechtfertigende Millioneneinkommen so einiger Manager in der freien Wirtschaft. Ich trage große Verantwortung bei meinen Entscheidungen, etwa, ob wir deutsche Soldaten in Krisengebiete schicken, wie wir das Gesundheitssystem gerecht und bezahlbar umbauen, welche Weichen wir in der Energiepolitik für zukünftige Generationen stellen. Ich verbringe mehr als die Hälfte des Jahres nicht mit meiner Familie und habe keine geregelten Acht-Stunden-Tage und auch keine Fünf-Tage-Wochen. Häufig umfasst meine Arbeitswoche 70 Stunden. Wie bei jedem Arbeitnehmer auch halte ich ein angemessenes Gehalt für eine gerechtfertigte Entschädigung für diese Arbeit.
Und wie alle Beschäftigten in Deutschland haben wir in den wirtschaftlich schwierigen Jahren Maß gehalten – wie gesagt, die letzte Anhebung der Diäten liegt fast fünf Jahre zurück. Jetzt aber steigen Löhne, Gehälter und auch Renten allmählich wieder. Die jüngsten Tarifabschlüsse in der Metallindustrie bringen eine Lohnsteigerung um 4,1 Prozent, der Abschluss in der Chemiebranche sieht Lohnerhöhungen von 3,6 Prozent vor, das Baugewerbe hat sich auf eine Erhöhung von 3,1 Prozent geeinigt. Angesichts dieser Entwicklung ist auch eine Anhebung der Abgeordneten-Entschädigung vertretbar. Die geplanten gut 9 Prozent sollen in zwei Stufen verwirklicht werden, um dann etwa die Höhe des Gehalts unseres Landrats zu erreichen. Das relativiert die zunächst hoch erscheinende Prozentzahl.
Die geplante Anhebung zum 1. Januar 2008 um 330 Euro entspricht einem Prozentsatz von 4,7 Prozent. Dieser Steigerungssatz dürfte dem Anstieg der durchschnittlichen Erwerbseinkommen von 2005 bis Ende 2007 entsprechen. Mit der Anhebung um weitere 329 Euro zum 1. Januar 2009, die 4,48 Prozent beträgt, wird dann die Orientierungsgröße der oben genannten Besoldungsgruppen erreicht. Inbegriffen ist auch die voraussichtliche Steigerung der durchschnittlichen Erwerbseinkommen bis zur nächsten Anpassung der Abgeordnetenentschädigung frühestens im Jahr 2010.
Hinzu kommt, dass wir den Anspruch auf Altersversorgung absenken werden. Auch für Abgeordnete gilt künftig die Rente mit 67. Diese wird wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung auch stufenweise umgesetzt. Derzeit erhält ein Abgeordneter für jedes Jahr seiner Mitgliedschaft im Bundestag eine Altersentschädigung von 3 Prozent der monatlichen Diät – dafür muss er aber mindestens acht Jahre Mitglied im Deutschen Bundestag gewesen sein. Diese 3 Prozent werden wir auf 2,5 Prozent reduzieren, so dass er nach acht Jahren 20 Prozent seiner Diät erhält. Der Höchst-satz der Altersentschädigung beläuft sich auf 67,5 Prozent. Dafür muss ein Abgeordneter aber dann auch 27 Jahre im Bundestag gewesen sein. Das ist bei den wenigsten der Fall. Durchschnittlich bleiben Abgeordnete etwa zwei bis drei Wahlperioden im Bundestag, also acht bis zwölf Jahre.
Ein letztes Wort noch zu dem häufig genannten Kritikpunkt, dass Abgeordnete selbst über die Höhe ihrer Diäten entscheiden. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes von 1975 so vorgesehen. Die Parlamentarier sollen danach vor den Augen der Öffentlichkeit durch Gesetz über ihre Diäten entscheiden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass die Erhöhung nicht maßlos ist, sondern sich in bereits geschehene und zu erwartende Lohn- und Gehaltsentwicklungen einpasst. Sie honoriert auch unseren ungeregelten, oft hektischen Alltag und unsere Bereitschaft, viele Wochen im Jahr von Heim und Familie getrennt zu leben. Beachten Sie bitte auch, dass ich wie Sie Steuern zahle und die Krankenversicherung selbstverständlich auch von der Diät abgeht. Ich muss zusätzliche Kosten wie eine Wohnung in Berlin bestreiten, da ich mindestens zwei Wochen im Monat in Berlin verbringe. Auch bei mir ist also brutto nicht gleich netto. Die steuerfreien Aufwandsentschädigungen ist für die Unterhaltung der Büros im Wahlkreis, Veranstaltungen, die Fahrten im Wahlkreis - bei mir etwa 30.000 km pro Jahr. Dadurch sind, anders als bei Selbstständigen, diese auch nicht absetzbar.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Griefahn