Frage an Olaf Böttger bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Olaf Böttger
CDU
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Frage von Ronald S. •

Frage an Olaf Böttger von Ronald S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Böttger,

am 27.09.2006 haben Sie in der Hamburgischen Bürgerschaft für das "Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft, des Gesetzes über die Wahl zu den Bezirksversammlungen und des Bezirksverwaltungsgesetzes" gestimmt.

Ich würde von Ihnen gerne wissen, wodurch Sie Ihrer Meinung nach hierzu legitimiert sind.

Die letzten Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft, aus der sich Ihr Mandat ableitet, wurden am 29. Februar 2004 durchgeführt. Knapp 3 1/2 später wurde paralell zur Europawahl der Volksentscheid "Mehr Bürgerrechte - Ein neues Wahlrecht für Hamburg" durchgeführt.
Mit 66,5% wurde der Gesetzentwurf des Volksbegehrens von den Hamburger Wählern angenommen. Der Gesetzentwurf der Bürgerschaft bekam 12,7% weniger an Stimmen (53,8%) und unterlag damit klar.

Womit begründen Sie, dass Sie wesentliche Elemente des per Volksentscheid eingeführten Wahlrechts ändern und die direkte Einflussnahme des Bügers beschneiden?

Bedenken Sie:

Nach Artikel 7, Abs. 1, der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg sind Abgeordnete Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes und nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden.

- Sie sollen das ganze Volk vertreten!

Und nach Artikel 21, Abs. 1, Satz 1, Grundgesetz wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.

- Die Mitwirkung bei der politischen Willenbildung durch Parteien findet ihre Grenze dort, wo das Volk seinen politischen Willen eindeutig bekundet hat.

Ich ersuche Sie eindringlich Ihr Gewissen zu prüfen, Ihre Ansicht zur Wahlrechtsänderung zu überdenken und bei der zweiten Lesung des Änderungsgesetzes am 11. Oktober 2006 im Sinne der Volksabstimmung abzustimmen.

Haben Sie Mut und zeigen Sie Charakter. Machen Sie es Ihrem Fraktionskollegen Bruno Claußen gleich.

Vertreten Sie das Volk!

Mit freundlichen Grüßen

gez. - Ronald Saß -

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Saß,

nach Artikel 48 der Hamburgischen Verfassung (HV) werden Gesetze von der Bürgerschaft oder durch Volksentscheid beschlossen. Aus Art. 50 Abs. 4 HV ergibt sich das Recht der Bürgerschaft, auch durch Volksentscheid zustande gekommene Gesetze zu ändern, wie auch das Hamburgische Verfassungsgericht bestätigt hat. Die Bürgerschaft ist dabei nicht an Fristen gebunden, und somit steht die verfassungsrechtliche Legitimation außer Frage, d.h. die von Ihnen postulierte "Grenze" existiert in dieser Form nicht.

Sie schreiben, dass der Volksentscheid über das Wahlrecht mit 66,5% der Hamburger Wähler angenommen wurde - hierzu möchte ich anmerken, dass wegen der niedrigen Beteiligung dies nur 21,2% der Wahlberechtigten entspricht und die Mindestschwelle von 20% für einen gültigen Volksentscheid somit nur knapp (um 13.986 Abstimmende) überschritten wurde.

Die Stellung der Abgeordneten nach Art. 7 Abs. 1 HV gibt eine weitere Legitimation zur Änderung des Volksentscheids, denn die Abgeordneten sind, wie Sie ja auch schreiben, nicht an Aufträge gebunden - dies gilt auch für einen per Volksentscheid erteilten Auftrag. Das ist für eine pluralistische repräsentative Demokratie auch unverzichtbar, denn "das" Volk ist nicht monolithisch, sondern auch in seinen Meinungen vielfältig und jede(r) Abgeordnete muss bei seiner Entscheidungsfindung die unterschiedlichen Meinungen, Interessen und Auswirkungen berücksichtigen, weil sie bzw. er eben nicht der Vertreter einer bestimmten Interessengruppe ist.

Die CDU-Fraktion hat die Frage, ob und ggf. wie das Wahlrecht jetzt geändert werden soll, lange, offen und intensiv beraten - aus welchen Gründen wir Änderungen des Wahlrechts für nötig erachten, können Sie unter www.cdu-hamburg.de nachlesen. Gerade dass wir uns zu dieser (zumindest bei Teilen der Bevölkerung) unpopulären Änderung bekennen, ist Zeichen von Charakter und Mut.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Böttger