Frage an Petra Bierwirth von Steven R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Bierwirth,
der Klimawandel und die damit verbundenen Probleme sind inzwischen nicht mehr von der Hand zu weisen.
Welche Schritte werden von gesetzgeberischer Seite unternommen, um die Einsparpotentiale in allen Bereichen (damit sind auch die Restindustrien und nicht nur die Automobilhersteller und Autofahrer gemeint) auszuschöpfern?
Mit freundlichen Grüßen
Steven Reddel
Sehr geehrter Herr Reddel,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 4. März 2007.
Die in den vergangenen Monaten veröffentlichten ersten drei Teile des IPCC-Berichts machen es in aller Nachdrücklichkeit deutlich: Der Klimawandel findet statt, er schreitet voran -- und er ist menschengemacht. Aus dem Klimabericht geht aber auch hervor: Wir können noch etwas tun -- aber es muss schnell geschehen. Uns bleiben noch acht Jahre, um die CO_2 -Emissionen einzudämmen.
Ein wesentliches Element zur Verhinderung eines ungebremsten Klimawandels ein Ausbau der erneuerbaren Energien und eine massive Steigerung der Energieeffizienz.
Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag haben zu der Erreichung dieser Ziele in den vergangenen Jahren umfassende gesetzgeberische Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen ergriffen.
Neben den von Ihnen angesprochenen Maßnahmen in Bereichen Automobilindustrie und Verkehr sind zu den wichtigsten Maßnahmen die folgenden zu zählen:
Mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom 21. Juli 2004 werden Stromnetzbetreiber verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen und dafür einen festgelegten Preis zu zahlen. Seit der Verabschiedung des EEG-Vorläufergesetzes im Jahr 1990 hat sich zunächst die Windenergie kräftig entwickelt. Mit dem Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 weitete sich der Boom auf die Biomasse und die Photovoltaik aus. Bemerkenswerte Entwicklungen gibt es auch bei der Nutzung der Erdwärme zur Stromproduktion. Das EEG ist damit zu einem beispielhaften und erfolgreichen Instrument geworden.
Deutschland setzt sich dafür ein, die Energieeffizienzrevolution voranzubringen. Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft sowie der G8-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 hat die Bundesregierung Klima und Energie zu Schwerpunktthemen erklärt und damit ihre Relevanz in der internationalen Politik unterstrichen.
Ein konkretes Beispiel für die Förderung von mehr Energieeffizienz ist das Gebäudesanierungsprogramm. Bis 2009 fließen insgesamt 5,6 Milliarden Euro an Bundesmitteln in die energetische Gebäudesanierung. Damit können Zinssätze verbilligt und Tilgungszuschüsse gezahlt werden. Darüber hinaus bekommen Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen ab 2007 direkte Zuschüsse. Das im Jahre 2001 aufgelegte Programm wurde bereits zum Februar 2006 vereinfacht und verbessert. Seit 1. Januar 2007 gelten nochmals deutlich verbesserte Programmbedingungen.
Seit dem 1. Januar 2007 wird nunmehr zusätzlich die energetische Sanierung von Schulen, deren Turnhallen, von Kindertagesstätten sowie bestimmter Gebäude von gemeinnützigen Vereinen im Rahmen der KfW-Programme Kommunalkredit und Sozial Investieren verstärkt gefördert. Dafür stellt die Bundesregierung bis 2009 jährlich 200 Millionen Euro zur Zinsverbilligung von Krediten zur Verfügung.
Die Einführung eines Gebäude-Energiepasses für alle bestehenden und neuen Gebäude ist eine weitere Maßnahme auf dem Weg hin zu größerer Energieeffizienz. Der Energiepass zeigt allen Hausbesitzern und Mietern, wie viel Energie ein Gebäude verbraucht und durch welche Maßnahmen Energie am besten eingespart werden kann. Dies wird -- in Verbindung mit dem CO_2 -Gebäudesanierungsprogramm -- die Energieeffizienz von Gebäuden deutlich erhöhen.
Die Bundesregierung hat einen ehrgeizigen nationalen Allokationsplan für die Emissionshandelsperiode 2008-2012 vorgelegt. Darin werden Emissionsreduktionen von Energie und Industrie in Höhe von 15 Millionen Tonnen pro Jahr gefordert. Das ist mehr als das Siebenfache dessen, was der erste "Nationale Allokationsplan" (NAP I) für den Zeitraum 2005-2007 vorsah. Die Energiewirtschaft erhält für ihre Altanlagen eine Minderungsverpflichtung von 15%, während diese Zahl im NAP I bei etwas 3% lag.
Die große Koalition hat auch Wind-Offshore auf den Weg gebracht: Die größten Zukunftspotenziale für die weitere Windenergienutzung in Deutschland liegen auf dem Meer. Das Bundesumweltministerium hat im vergangenen Jahr mit den Anlagenherstellern Repower und Multibird, den Projektentwicklern und den Energieunternehmen E.ON, EWE und Vattenfall eine Rahmenvereinbarung zur Errichtung eines Offshore-Testfelds getroffen, das bis 2008 entstehen soll. Das Bundesumweltministerium wird für die Forschung und Entwicklung in diesem Testfeld 50 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren bereitstellen. Zudem hat die Koalition im Rahmen des Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes vereinbart, dass die Netzanbindung der Offshore-Windparks -- genauso wie andere Stromnetze auch -- von den Verbrauchern im Rahmen der Netzentgelte zu zahlen ist und nicht den Windanlagenbetreibern aufgebürdet werden soll.
Die Nachfrage nach Solarkollektoren und Biomassekesseln hat sich im letzten Jahr enorm erhöht: Im ersten Halbjahr 2006 wurden im Rahmen des Marktanreizprogramms doppelt so viele Förderanträge gestellt wie im Vorjahrszeitraum. Im Jahr 2006 wurden etwa 165.000 Investitionsvorhaben von Hausbesitzern im Bereich erneuerbare Wärmeversorgung gefördert, mit einem Investitionsvolumen von etwa 1,6 Milliarden Euro. Aufgrund der großen Nachfrage hat die Koalition in den Haushaltsberatungen beschlossen, das Marktanreizprogramm im Jahr 2007 um 39 Millionen Euro auf 213 Millionen Euro zu erhöhen.
Um die Entwicklung innovativer Technologien zu unterstützen, hat die Bundesregierung die originären Forschungsmittel für erneuerbare Energien gegenüber dem 2005 vorgesehenen Haushaltstitel von 45 Millionen Euro auf 83 Millionen Euro im Jahr 2006 fast verdoppelt. Zudem wächst das Budget pro Jahr um 5 Millionen Euro, so dass 2009 knapp 100 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden.
Ein weiteres Element, um zu einer höheren Energieeffizienz zu gelangen, ist die Gleichbehandlung von Gas und Kohle bei der Stromerzeugung. Die bestehenden Steuern auf den Einsatz von Erdgas und Mineralöl in der Stromerzeugung wurden mit dem 1. August 2006 abgeschafft. Damit werden erstmals in Deutschland alle Energieträger, die der Stromerzeugung dienen, gleichgestellt. Hocheffiziente Gas- und Dampfkraftwerke können künftig bei der Stromerzeugung eine wesentlich größere Rolle spielen.
Die Mineralölwirtschaft hat mit der Bundesregierung vereinbart, ab 2009 flächendeckend schwefelarmes Heizöl anzubieten. Das macht den Weg frei für energieeffiziente und umweltfreundliche Brennwert-Heizölkessel. Die bislang nur bei Gasheizungen übliche Brennwerttechnik verursacht rund zehn Prozent weniger CO_2 -Emissionen als die in den letzten Jahrzehnten üblichen Niedertemperaturkessel, im Vergleich zu älteren Ölkesseln betragen CO_2 -Minderung und Energieeinsparung bis zu 30 Prozent.
Der Klimawandel lässt sich nicht wegreden -- aber wir können ihn bremsen, wenn wir jetzt entschlossen handeln. Ich denke, die aufgezählten Maßnahmen leisten einen Beitrag für eine energieeffiziente und klimaschonende Welt. Nun ist es an der Zeit, dass die internationale Staatengemeinschaft -- und allen voran die EU als gutes Vorbild -- entschlossene Schritte geht, um einem unkontrollierbaren Klimawandel Einhalt zu gebieten, bevor es zu spät ist.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Bierwirth