Frage an Reinhard Zabel bezüglich Recht

Reinhard Zabel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mirko R. •

Frage an Reinhard Zabel von Mirko R. bezüglich Recht

Guten Tag Herr Zabel,

Wie halten Sie es mit der Demokratie?
Werden Sie sich für die Volksabstimmung-Plebiszit in Grundsatzfragen der Menschen in diesem Lande einsetzen, wenn ja, bitte in welchem Umfang und/oder mit welchen Einschränkungen?
MfG
M. Roswora

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Roswora,

unsere Position zu diesem Thema lautet: „Demokratie lebt vom Mitmachen“. Aus diesem Grund sehen wir uns aufgefordert, mehr Teilhabemöglichkeiten für die Bürger zu schaffen. Wir wollen, dass Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheide im Grundgesetz verankert werden. Denn diese Verfahren stärken unsere politische Kultur und beugen Rückzugstendenzen innerhalb der Gesellschaft vor.
Ein Politikmonopol der politischen Parteien darf es dagegen nicht geben. Bündnis 90/Die Grünen sehen Bürgerinnen und Bürger nicht als "Wahlvolk", sondern fordern sie zur aktiven Teilnahme auf. Gerade Themen, die von Berufspolitikern vernachlässigt wurden, konnten auf diese Weise in die Gesetzgebung eingebracht werden.
Bereits 2002 haben die Regierungskoalitionen einen "Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in das Grundgesetz" in den Bundestag eingebracht. Dabei stimmte die große Mehrheit der Abgeordneten für das Gesetz (348 ja / 199 nein), erreichte aber nicht die nötige 2/3-Mehrheit, da die Union blockierte und somit den Bürgern mehr Mitsprache verweigerte.
Unser inzwischen gemeinsam mit der SPD weiterentwickelter Entwurf sieht „Volksinitiativen“ vor, für die 400.000 Stimmberechtigte votieren müssen, damit ein Gesetzentwurf im Bundestag beraten werden muss. Hat das Parlament den eingebrachten Gesetzentwurf nicht innerhalb von acht Monaten verabschiedet, können die Vertrauensleute der Volksinitiative die Durchführung eines „Volksbegehrens“ einleiten. 5 Prozent der Stimmberechtigten, d. h. rund 3 Millionen Bürgerinnen und Bürger müssen innerhalb von 6 Monaten das Volksbegehren unterstützen. Ist das Volksbegehren erfolgreich, findet innerhalb von sechs Monaten ein „Volksentscheid“ statt. Ein Gesetz kommt dann durch Volksentscheid zu Stande, wenn ihm die Mehrheit der Abstimmenden zugestimmt hat, sofern diese Mehrheit mindestens 15 Prozent der Stimmberechtigten entspricht (Zustimmungsquorum). Verfassungsänderungen erfordern ein höheres Zustimmungsquorum von 25 Prozent der Stimmberechtigten.
Ein weiteres Ziel ist es, in Zukunft auch europaweite Volksentscheide zu ermöglichen. Dazu gab es von uns und von den Grünen im Europaparlament Initiativen. Bei wichtigen EU-Fragen sollen alle Bürgerinnen und Bürger in einem europaweiten Volksentscheid mitbestimmen dürfen. Nationale Referenden schaden der Sache Europas, da bei diesen Abstimmung meist nicht Europa im Mittelpunkt der Debatten steht, sondern jeweils innenpolitische Diskussionen. Um einen Volksentscheid auch über die EU-Verfassung zu ermöglichen, hat sich die Koalition darauf verständigt, dass der Bundestag selbst Referenden initiieren kann. Es ist vorgesehen, dass die Bundesregierung, der Bundesrat oder der Bundestag selbst einen Antrag stellen können, um verfassungsändernde Gesetze dem Volk zur Entscheidung vorzulegen. Stimmen 2/3 der Abgeordneten des Bundestags dem Antrag zu, wird dieses Gesetz dem Volk zur abschließenden Entscheidung vorgelegt. Grundsätzlich sollen sich Volksentscheide auf alle Politikbereiche beziehen dürfen. Ausnahmen sind lediglich das Haushaltsgesetz selbst, Abgabengesetze (die v.a. die Höhe der Steuern regeln) und die Wiedereinführung der Todesstrafe. Die neuen Beteiligungsrechte müssen sich ebenso wie parlamentarische Initiativen und Entscheidungen an den Grundrechten, den unveränderlichen Grundentscheidungen der Verfassung sowie den übrigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ausrichten. Damit sollen u.a. Minderheitenrechte geschützt werden.
Ergänzend zur parlamentarischen Demokratie wollen wir die direkte Demokratie, von der kommunalen bis zur Bundesebene, ausbauen. Die direktdemokratischen Instrumente sollen so bürgerfreundlich gestaltet sein, dass es zu einer lebendigen demokratischen Praxis kommt. Dafür gibt es in der Gesellschaft immer mehr UnterstützerInnen. Wir werden CDU und CSU weiterhin bei diesem Thema angreifen, denn sie alleine verhindern mehr Demokratie in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Zabel