Frage an Renate Schmidt bezüglich Familie

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Frage an Renate Schmidt von Horst S. bezüglich Familie

Das Bundeselterngeldgesetz ist eine gute Sache, wenn die Durchführungsverordnungen nicht wieder totale Verunsicherungen einbringen und das Gesetz in wesentlichen Punkten verfälschen würden.

Beispiel:
§ 2 Abs.7 BEEG . Dort wird genau beschrieben, wie das Elterngeld für Arbeitnehmer (Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit) zu berechnen ist. Es wird hierbei teilweise auf das Einkommensteuergesetz verwiesen. In diesen Punkten scheinen die Beamten aus dem Sozialbereich total überfordert zu sein.

Der indirekte Hinweis, dass beim zu versteuernden Einkommen nur der maximale Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von EUR 920 pro Jahr zu berücksichtigen ist, wird dazu verwendet, dass vom durchnittlichen Monats-Netto- Lohn 1/12 des Pauschbetrages in vollem Umfang abgezogen wird. Dies bedeutet für den Antragsteller (Mutter/Vater), dass er von dem ihm zustehenden Elterngeld EUR 51,36 je Monat weniger zur Auszahlung bekommt als ihm nach dem BEEG zusteht. Es sei denn, der Bezieher verdient mehr als EUR 2.738 Netto im Monat, dann wirkt sich diese Schikane nicht mehr aus.

Bei Kleinverdienern ist dieser ungerechtfertigte Abzug eine Menge Geld.
Die nächste Gemeinheit besteht darin, daß sogenannte Einmalzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Prämien etc. überhaupt nicht in die Berechnung aufgenommen werden.

Zur Streichung dieser Einkommensteile wird der § 38 a Satz 3 EStG herangezogen. Dies steht auch im BEEG so. Allerdings ist die Vorschrift des Einkommensteuergesetzes nicht dazu zu verwenden diese Einkommensteile nicht in die Berechnung aufzunehmen. Der § 38 a Satz 3 EStG besagt lediglich, dass sonstige Einkünfte dann zu versteuern sind, wenn diese auch zugeflossen sind. Sinngemäß sind demnach bezogen auf das Eltergeld nur Einkünfte nicht zu berücksichtigen, welche im Berechnungszeitraum nicht zugeflossen sind.

Diese Angelegenheit sollte schnellsten geklärt werden.

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Sehr geehrter Herr Seibold,

vielen Dank für Ihre Fragen und Anregungen bezüglich des Elterngeldes. Zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen oder steuerfreien Bezügen ist Folgendes festzustellen: Das Elterngeld ist steuerfinanziert. Bei der Frage, welches Einkommen für die Berechnung des Elterngeldes herangezogen wird, folgt es einer ganz einfachen Regel: Steuerpflichtiges Erwerbseinkommen wird berücksichtigt, steuerfreies hingegen nicht. Daraus folgt, dass Einkünfte insoweit außen vor bleiben, als sie steuerfrei sind, im Übrigen werden sie in die Berechnung mit einbezogen, es sei denn es handelt sich um sonstige Bezüge im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Auf § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG wird im BEEG Bezug genommen, weil dort eine Definition der sonstigen Bezüge erfolgt. Als sonstiger Bezug gilt danach Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sonstige Bezüge weder im Bemessungszeitraum vor der Geburt zu Gunsten noch im Bezugszeitraum des Elterngeldes nach der Geburt zu Lasten des Elterngeldanspruchs berücksichtigt werden. Mit dem Ausklammern der sonstigen Bezüge knüpft das Elterngeld an die entsprechend Regel im Mutterschaftsgeld zum einmalig gezahlten Arbeitsentgelt an. Eine jeweils nach der konkreten Art der Leistung differenzierte Lösung ist angesichts der unüberschaubaren Vielzahl von Gehalts- und Lohnzahlungsmodellen weder in gleichbehandlungskonformer Weise möglich noch mit dem Interesse an einer schnellen Bewilligung der Elterngeldleistung vereinbar.

Maßgeblich für den Elterngeldanspruch ist das bereinigte Nettoerwerbseinkommen des Antragstellers oder der Antragstellerin in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes (Bemessungszeitraum). Da das Elterngeld in Anknüpfung an das Einkommenssteuergesetz nur steuerpflichtiges Einkommen ersetzt, wird ein Zwölftel des Betrages der geltenden Werbungskostenpauschale abgezogen. Die Werbungskostenpauschale wird im Rahmen des Lohnsteuerabzuges zunächst pauschaliert berücksichtigt, d.h. es erfolgt bereits von vornherein ein geringerer Steuerabzug. Das BEEG geht daher von der Annahme aus, dass dieser Betrag im Bemessungszeitraum nicht zur Verfügung stand, weil er arbeitsbedingte Aufwendungen berücksichtigen soll. Das heißt, die Werbungskosten, die während des Bemessungszeitraums angefallen sind, entstehen während des Bezuges von Elterngeld nicht mehr. Daher ist der Abzug dieses Betrages sachgerecht. Dass der Abzug in allen Fällen erfolgt, auch dann, wenn gar keine oder nur geringe Steuern gezahlt werden, ist der Tatsache geschuldet, dass die Verwaltung praktisch nicht ermitteln kann, wieso keine Steuern gezahlt werden. Denn dazu wäre eine Vergleichsberechnung ohne den Freibetrag erforderlich. So ist denkbar, dass z.B. deswegen keine Steuern gezahlt werden müssen, weil genau der Freibetrag erreicht wird. Deshalb hat sich der Bundestag für die pauschale Lösung entschieden, die ganz regelmäßig auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen dürfte.

Nur eine solche Typisierung gewährleistet eine schnelle Bewilligung und Auszahlung der Leistung an die Eltern. Dabei werden bei solchen Typisierungen einzelne Ergebnisse insbesondere von den Betroffenen oft als unbefriedigend empfunden. Wollte man jedoch für jede Einkommensart, für positive wie negative Einkünfte, für jede Art des Steuerabzugs usw. im Elterngeld eine spezielle Regelung finden, wäre das Gesetz im Vollzug wesentlich schwieriger zu handhaben und die Leistungshöhe für den Berechtigten kaum noch vorhersehbar. Derzeit besteht in der Mehrzahl der Fälle die Möglichkeit auf steuerrechtliche Vorentscheidungen zurückzugreifen; für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genügen in der Regel die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Eine komplexere Ausgestaltung der Leistung erscheint insgesamt weder für die Berechtigten noch für die für den Vollzug verantwortlichen Länder vertretbar zu sein.

Um herauszufinden, ob das Elterngeld die mit ihm verfolgten Wirkungen erreicht, gibt es im Übrigen seit Inkrafttreten des Gesetzes eine umfassende Evaluation dieser Leistung durch das Familienministerium. Das Ergebnis wird zum 1. Oktober 2008 dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Dabei wird es auch darum gehen, ob und ggf. welche Weiterentwicklung der Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes notwendig sind.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Schmidt