Frage an Renate Schmidt bezüglich Umwelt

Portrait von Renate Schmidt
Renate Schmidt
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Renate Schmidt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Rainer B. •

Frage an Renate Schmidt von Rainer B. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Schmidt,

als Wähler aus Ihrem Heimatwahlkreis Erlangen nehme ich Bezug auf das novellierte EEG und die Bundesratsinitiative zur Änderung der Anlagenbegrifflichkeit für bereits bestehende Anlagen. Darin wird der Bundestag ersucht ein Änderungsgesetz bzgl. des Bestandsschutzes von Altanlagen zu beschließen, da die seit 1.1.09 geltende Regelung für viele Altanlagen die Vergütung so sehr verringert, dass ohne Bestandschutz hinsichtlich der bisherigen Vergütungsregelung diese Anlagen in ihrer Existenz gefährdet sind. Damit stehen tausende Arbeitsplätze in dieser Zukunftsbranche auf dem Spiel und es werden zukunftsorientierte Anleger, die die Neuausrichtung der deutschen Energiewirtschaft unterstützen wollten, ihre Einlagen verlieren.

Mehrere anhängige Verfahren bis hin zum Bundesverfassungsgericht zeigen, dass dieses Vorgehen rechtlich äußerst umstritten ist und somit die „handwerkliche“ Qualität seitens des Gesetzgebers fraglich erscheinen lässt.

Darüber hinaus ergibt sich in diesem Zusammenhangt ein technologischer Aspekt, der mit dem grundsätzlichen Verständnis der dezentralen Energieversorgung zu tun hat. In Fachkreisen ist Stand des technischen Wissens, dass sich mit der Zunahme der Anzahl dezentral betriebener Stromerzeugungsanlagen die Gefährdung für das zentral geführte Stromnetz erhöht. Es muss daher mit dem weiteren Ausbau der wünschenswerten dezentralen Energieversorgung eine zunehmende Koordinierung durch Bildung von Anlagenverbund und Einflussmöglichkeit des Netzbetreibers bei Gefährdung der Netzstabilität vorgesehen werden.
Die jetzt in Frage gestellten Altanlagen sind der erste richtige Schritt dorthin und sollten durch das Ablehnen der Bundesratsinitiative im Bundestag nicht zu Fall gebracht werden.

Ich möchte Sie daher um eine Stellungnahme bitten, wie Sie persönlich zu dieser Frage stehen werden, die für die Nachhaltigkeit der dezentralen Energieversorgung in Deutschland eine Schlüsselrolle darstellt.

Viele Grüße,
Prof. Dr. Rainer Bitsch

Portrait von Renate Schmidt
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Herr Dr. Bitsch,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Behandlung kombinierter Kleinanlagen im Bereich der Biomassenutzung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz von 2009 (EEG 2009).

Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen differenzieren. Die Sätze für die Kilowattstunde Strom sind nach der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Größenklasse bestimmt und sinken, je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist. Bereits im EEG 2004 war nach § 3 Absatz 2 geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.

Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift ihre Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut, um die hohe Vergütung für Kleinanlagen zu erhalten. Damit wurde aber das EEG 2004 und der Gesetzeszweck des § 3 Absatz 2 bewusst umgangen. Dieses Vorgehen war bereits damals rechtswidrig und die Betreiber hatten demnach keinen Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz. Die Bundesregierung hat dies im August 2006 auf Antrag des Bundesrates auch ausdrücklich festgestellt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagenbegriffes genau geprüft. Wir haben über mehrere Jahre hinweg beobachtet, wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben. Dies konnte der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Rahmen des EEG 2009 eine Klarstellung in § 19 EEG vorgeschlagen, die von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet wurde. Diese Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 und somit keine Neuregelung. Damit stellt sich aber auch nicht die Frage des Bestandsschutzes.

Wir haben Verständnis dafür, wenn Kleinanleger aufgrund der bestehenden Gesetzeslage um die Früchte ihres Investments fürchten. Soweit es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Kleinanleger und dem Unternehmen bzw. durch die Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat, sollten sich die Betroffenen mit der örtlichen Verbraucherberatung in Verbindung setzen. Hier könnten sich ggf. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss in jedem Einzelfall geprüft werden.
Der Bundesrat hat im November 2008 einen Änderungsantrag zum EEG beschlossen, der die Anwendung des § 19 EEG nur für Neuanlagen gelten lassen will. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2009 empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, abzuwarten.

Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht am 18.02.2009 den Antrag einer Betreiberin eines Bioenergieparks, § 19 Abs. 1 EEG im Wege einer einstweiligen Anordnung einstweilen außer Kraft zu setzen, abgelehnt. Die Ablehnung begründet das Bundesverfassungsgericht damit, dass § 19 Abs. 1 EEG verhältnismäßig sei und dem legitimen Ziel diene, eine unnötig hohe finanzielle Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich der Stromkunden zu vermeiden. Daraus leiten wir andererseits aber auch ab, dass für Anlagen, in jedem Fall ein Bestandsschutz bei Dauer und Höhe der Vergütung gilt, bei denen die Vergütung nicht rechtsmissbräuchlich beantragt worden ist.
Ausdrücklich nicht Gegenstand des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht war die Frage, ob auch mehrere unabhängig voneinander errichtete Einzelhofanlagen verschiedener Betreiber erfasst werden. Sofern einzelne Biomasseanlagenbetreiber nun befürchten, zu Unrecht vom Netzbetreiber die höhere Vergütung versagt zu bekommen, sollten sie sich an die Clearingstelle wenden, die zur Klärung solcher Streitigkeiten vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet worden ist.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Musterverfahren bei der Clearingstelle zum Anlagenbegriff beobachten und danach entscheiden, ob ein Anpassungsbedarf beim EEG 2009 besteht.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Schmidt MdB