Frage an Roland Richwien von Holm W. bezüglich Verkehr
Was unternehmen Sie, falls Sie gewählt werden, damit Jena nach der Inbetriebnahme der ICE-Trasse über Erfurt ab 2017 im Eisenbahn-Fernverkehr Berlin-München nicht schlechter gestellt ist als heute, insbesondere was die Fahrzeit nach Berlin bzw. München betrifft, aber auch was die Qualität (Umsteigen) der Verbindung betrifft? Ich würde sowohl nach Berlin als auch nach München sogar jeweils einmal umsteigen akzeptieren, wenn die Fahrzeit nicht länger ist als heute (im Gegensatz zu heute, wo kein Umsteigen erforderlich ist).
Warum ist auf der Mitte-Deutschland-Verbindung 20 Jahre nach der Wende (!) der Abschnitt zwischen Großschwabhausen und Weimar noch immer nicht zweigleisig ausgebaut? Was unternehmen Sie, falls Sie gewählt werden, damit diesem Ausbau künftig Vorrang eingeräumt wird, damit die vielen Pendler zur Arbeit und wieder nach Hause zwischen Erfurt/Weimar und Jena/Gera (dem die Deutsche Bahn und die Thüringer Landesregierung beim Eisenbahnnahverkehr scheinbar kaum interessierenden Rest von Thüringen: Ostthüringen) auf dieser Strecke künftig flexibler und schneller vorankommen (und nicht nur zu völlig bahnkundenunfreundlichen Taktzeiten (2x pro Stunde mit sehr ungünstigen Abständen zwischen den Abfahrtzeiten) mit teilweise rappelvollen Zügen, wenn sie ohne Zwischenhalt z. B. zwischen Weimar unde Jena verkehren)?
Sehr geehrter Herr Wenzel,
vielen Dank für Ihre Anfrage und ich möchte Ihnen gerne dazu Auskunft geben.
Zu Ihrer ersten Frage möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
Derzeit verkehrt auf der Achse Berlin – Leipzig – Jena – Nürnberg – München ein stündliches Fernverkehrsangebot mit ICE-T Neigetechnikfahrzeugen. Nach Fertigstellung der ICE-Neubaustrecke werden sich die heutigen Fernverkehrsbeziehungen in der Form verändern, dass diese Fernverkehrslinie über die Hochgeschwindigkeitsstrecke Leipzig – Erfurt – Nürnberg verlaufen wird. Wie sich das Fernverkehrsangebot auf der heutigen Nord-Süd-Fernverkehrsachse (Leipzig) – Naumburg – Jena – Saalfeld – Lichtenfelds – (Nürnberg) nach 2017 entwickeln wird, ist derzeit nicht bekannt.
Im Zuge der Bahnreform Mitte der 90er Jahre hatte die Politik mit großer Mehrheit entschieden, dass der Fernverkehr, unabhängig welches Unternehmen diesen betreibt, eigenwirtschaftlich zu erbringen ist. Wenn ich mir die damaligen Angebote der Deutschen Bundesbahn oder der Deutschen Reichsbahn ansehe, zeigt sich, dass dieser Schritt richtig war. Die Politik sollte sich daher nicht in die unternehmerischen Entscheidungen der Deutsche Bahn AG einmischen, wenn es um die konkrete Planung der Angebote geht. Die Politik muss gleichwohl die Rahmenbedingungen gewährleisten, dass ein attraktives Fernverkehrsangebot vorgehalten wird. Dabei setze ich große Hoffnung auf die Kräfte eines regulierten Wettbewerbs.
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Sollte die Deutsche Bahn AG auf der Strecke Leipzig-Naumburg-Jena-Saalfeld–Lichtenfels (Nürnberg) nach Fertigstellung der ICE-Neubaustrecke keine Fernverkehrszüge mehr anbieten, könnten hier gegebenenfalls Wettbewerber der Deutschen Bahn AG aus eigenem wirtschaftlichem Interesse Fernverkehrsleistungen erbringen.
Hinsichtlich des künftigen Nahverkehrs-Angebots bestehen in Thüringen bereits Planungen, die jedoch im Rahmen der anstehenden Leistungsvergaben unter Beteiligung der Nachbarländer Sachsen, Sachsen Anhalt und Bayern konkretisiert werden müssen.
Fest steht jedoch, dass die betroffenen Städte, die nach Fertigstellung der ICE-Neubaustrecke nicht mehr direkt vom ICE angefahren werden, durch schnelle Zu- und Abbringerleistungen an die ICE-Knoten Erfurt, Leipzig, Halle und Bamberg heranzuführen sind. Dies könnte beispielsweise durch ein attraktives RegionalExpress-System erfolgen.
Insbesondere werden der weitere Infrastrukturausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung sowie bereits geplante Taktverdichtungen gewährleisten, dass Ostthüringen schnell und komfortabel an den ICE-Knoten Erfurt angebunden wird.
Konkret für die Verbindung Jena – München ist festzustellen, dass die Reisezeit heute zwischen 3:30 h und 4:19 h liegt. Zukünftig würde sich die Reisezeit Jena-München trotz Umsteigen in Erfurt auf 2:41 h reduzieren.
Die Reisezeit Jena-Berlin liegt heute zwischen 2:19 h und 2:26 h. Zukünftig wird sich die Reisezeit über Erfurt auf rund 2 h verkürzen.
Damit wird deutlich, dass auch Jena von der ICE-Neubautrasse profitiert.
Unabhängig von den Planungen der Deutschen Bahn AG werde ich mich auch zukünftig als Mitglied im Deutschen Bundestag für effiziente und möglichst flächendeckende Fernverkehrsleistungen engagieren.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
In den 20 Jahren seit der Wende wurde in außergewöhnlich großem Umfang in den Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung investiert.
Neben den umfangreichen Investitionen der DB Netz AG hat auch der Freistaat in den vergangenen Jahren ca. 20 Millionen Euro aus Landesmitteln für den zweigleisigen Ausbau der MDV im Abschnitt Weimar – Gera eingesetzt
Mit der Deutschen Bahn AG ist abgestimmt, dass der Um- und Ausbau der Bahnhöfe Jena West und Göschwitz mit 1 Million Euro und der weitere zweigleisige Streckenausbau ebenfalls mit 1 Million Euro aus Landesmitteln in den Jahren 2011 – 2013 gefördert werden könnte.
In den nächsten Jahren soll der Ausbau der MDV im Abschnitt Weimar – Gera mit dem Ziel der durchgängigen Zweigleisigkeit fortgeführt werden. Der Bund hat hierzu 50 Mio. € zusätzlich zur Verfügung gestellt. Die Planungsphase für den ersten Teilabschnitt hat bereits begonnen.
In den Jahren 2011/12 sollen der Streckenabschnitt Weimar – Mellingen zweigleisig ausgebaut werden. Auch die Bahnhöfe Jena West und Göschwitz werden umfangreich saniert und ausgebaut. In einem zweiten Bauabschnitt wird dann 2012/13 die Zweigleisigkeit der Abschnitte Mellingen – Großschwabhausen und Neue Schenke – Stadtroda hergestellt. .
Mit dann über 80% Zweigleisigkeit kann die Leistungsfähigkeit dieses Streckenabschnitts weiter erhöht werden. Dies ermöglicht dem Land, das SPNV- Angebot bedarfsgerecht zu erweitern.
Ich denke, es ist deutlich, dass bereits viel geleistet wurde, um die MDV attraktiv auszubauen. Richtig ist, dass wir noch keinesfalls alles erreicht haben und noch viele Aufgaben vor uns stehen.
Ich werde mich als Mitglied im Deutschen Bundestag weiterhin für die Verbesserungen der MDV einsetzen.
Sehr geehrter Herr Wenzel, ich hoffe, dass ich Ihre Fragen ausreichend beantworten konnte. Sollten Sie noch weiteren Informationsbedarf haben, stehe ich Ihnen weiterhin gern zur Verfügung. Ihnen alles Gute für die Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Richwien