Frage an Sabine Wölfle bezüglich Frauen

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Sabine Wölfle
SPD
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Frage von Sabine K. •

Frage an Sabine Wölfle von Sabine K. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Wölfle,

Sie sind frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und haben sich zum Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in den Parlamenten zu erhöhen. Baden-Württemberg ist auf diesem Gebiet ja trauriges Schlusslicht in Deutschland. Das derzeit heiß diskutierte Paritégesetz bietet die Chance, den Anteil der Frauen in den Gemeinderäten ernsthaft voranzubringen, wie die Erfahrungen aus Frankreich zeigen. Alle bisherigen Bemühungen fruchteten ja wenig; der Frauenanteil liegt seit Jahren unter 25%.
Nun profiliert sich Ihr Kollege Nikolaos Sakellariou damit, dem Paritégesetz die Verfassungsmäßigkeit abzusprechen. Wie steht denn nun Ihre Fraktion zum Paritégesetz? Und wie ernsthaft werden Sie für das Gesetz und das Ziel, mehr Frauen politische Mitbestimmung zu ermöglichen, eintreten? Und wie verfassungsgemäß ist ein Art.3. Abs.2 GG, wenn er vor allem auf dem entscheidenden Gebiet der politischen MItwirkung nicht eingelöst wird?

Mit herzlichen Grüßen
S. Keitel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Keitel,

das Paritégesetz in Frankreich hat in der Tat einen guten Erfolg, denn direkt nach der Einführung erhöhte sich der Frauenanteil. Voraussetzung war aber eine Verfassungsänderung, für diese würden wir in Baden-Württemberg eine 2/3 Mehrheit benötigen. Hierfür aber sehe ich mit CDU und FDP keine Chance.

Wir haben im Koalitionsvertrag versprochen, dass wir prüfen werden, wie wir den Frauenanteil in den kommunalen Parlamenten erhöhen können.
Als Vorschlag liegt jetzt der paritätische Reißverschluss vor. Diese Variante wird nun vom Innen- und Justizministerium auf Verfassungskonformität geprüft, denn es muss klar sein, dass ein solches Gesetz nur im Einklang mit der Verfassung des Landes in Kraft treten kann. Es wäre fatal, wenn überall die Kommunalwahllisten bereits nach diesem Verfahren aufgestellt worden sind und dann würde eine Klage vor dem Verfassungsgericht alles zunichtemachen. Die Freien Wähler haben ja bereits für diesen Fall eine Klage angekündigt.

Wo liegt das Problem genau ? Es gibt zu einem das Förderungsgebot im Grundgesetz Paragraph 3 und den Paragraphen 21 der Parteienfreiheit. Letzterer Paragraph ist auch vor einem historischen Hintergrund zu sehen, denn nach den Erfahrungen des Nazidiktatur will und darf sich der Staat nicht in Angelegenheiten der Parteien einmischen, d.h. die Freiheit der Kandidatenaufstellung ist ein hohes Gut. Andererseits fordert der Paragraph 3 des GG die Gleichberechtigung und auch die Chancengleichheit. Zudem sollen Parlamente ein Spiegel der Gesellschaft sein und diese ablichten. Frauen bilden die Mehrheit der Gesellschaft sind aber deutlich unterrepräsentiert, somit bildet der Landtag nicht unsere Gesellschaft ab. Freiwillige Vereinbarungen haben nicht geholfen und jetzt muss man sich in der Tat überlegen, was man tun kann.
Gegner eines solchen Gesetzes argumentieren immer damit, dass auch da, wo Frauen auf den Listen gut vertreten waren, sie dennoch nicht gewählt wurden, auch nicht von Frauen. Unser Wahlrecht sichert durch Kumulieren und Panaschieren auch die Frauen auf einer paritätischen Liste nicht ab, denn der Wähler entscheidet und es kann trotz Gesetz dazu kommen, dass nicht mehr Frauen gewählt werden.
Als frauenpolitische Sprecherin ist meine Meinung aber die: wir brauchen eine gesetzliche Regelung und auch die Parteien müssen ihre Satzungen ändern ( die SPD wird dies im September auf ihrem Landesparteitag auch machen). Gleichzeitig aber müssen wir im Vorfeld die Frauen auch aktiv ansprechen, sie ermutigen und sie unterstützen.
Ich bin überzeugt, alleine die jetzige Diskussion zum Thema zeigt den Frauen, dass etwas in Bewegung geraten ist und nach 60 Jahren konservativer und nicht gerade frauenfreundlicher Politik sich das Klima für Frauen ändert. Mir ist auch wichtig, dass die Sitzungszeiten familienfreundlicher sind, dass man für Kinder- oder Familienbetreuung Unterstützung erhält und vielleicht sogar in Ausnahmefällen für kurze Zeit aus dem Mandat ausscheiden kann. Gerade junge Frauen scheuen sich vor einer Verpflichtung von 5 Jahren, wenn sie kleine Kinder haben, hier könnte eine Öffnung zu mehr Flexibilität diese Schwelle mildern.
Es braucht also ein ganzes Paket.
Jetzt aber warten wir die rechtliche Prüfung ab. Aber nochmals: wenn alle Parteien ihre Satzungen ändern und man die begleitenden Maßnahmen gemeinsam durchführt, würde es auch ohne Gesetz gehen. Die Wirkung wird aber eindeutig durch ein entsprechendes Gesetz verschärft, daher muss dies unser Ziel sein.

Ihre
Sabine Wölfle