Frage an Siegmund Ehrmann bezüglich Kultur

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Siegmund Ehrmann
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Frage von Jürgen S. •

Frage an Siegmund Ehrmann von Jürgen S. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Ehrmann,

es geht mir um die Gesetzesbegründung hinsichtlich des aktuellen Refenrentenentwurfes zum Kulturgutschutzgesetz.

In der Kanzleramtsgesprächsrunde vom 30.09.2015 stellte Dr. Winands die Frage, ob das Buch von Herrn Wessel (Günther Wessel "Das schmutzige Geschäft mit der Antike") gelesen worden ist.

Ich habe mit diesem genannten Buch meine Probleme. Ich stelle von meiner Seite her den wissenschaftlich-empirischen Wert eines solchen Buches ganz klar in Frage und verlinke daher zu einer Stellungnahme der IADAA, die auch meinen eigenen Einschätzungen sehr ähneln dürfte.

http://www.iadaa.org/sites/default/files/stellungnahmeiadaa.pdf

Auch habe ich besondere Probleme mit dem Zahlenmaterial von Prof. Müller-Karpe, auf dem ja auch die Gesetzesbgründung beruhen soll. Und zwar geht es um die Ausgabe Handelsblatt vom 31.07.2015, Seite 59.

Um meine Probleme, die ich mit diesem Zahlenlieferanten habe, noch mehr zu verdeutlichen, verlinke ich zu einem Artikel MünzenWoche vom 5. August 2010. Hier geht es um eine Einschätzung dieser Person durch ein deutsches Gericht.

http://www.muenzenwoche.de/de/In-der-Naehe-geistiger-Verwirrtheit--ein-deutsches-Gericht-ueber-den-privaten-Kreuzzug-des-Michael-Mueller-Karpe/4?&id=221

Für mich sind die Zahlen, was mit illegalem, diesbezüglichem Handel verdient werden soll, überhaupt nicht stimmig, insbesondere Behauptungen hinsichtlich Terrorismusfinanzierung sind in meinen Augen keineswegs adäquat abgesichert.

Weshalb wird diese in meinen Augen überaus fraglichen Zahlen und Behauptungen, also gemeint sind Wessel und Müller-Karpe, überhaupt so übernommen? Haben Sie und die SPD-Fraktion mit dieser Grundlage denn gar kein Problem? Verfolgt man eine politische Stossrichtung und wählt selektiv nur das aus was in das eigene Konzept passt?

Gerne sehe ich Ihrer Antwort entgegen, bedanke mich schon dafür im voraus und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Jürgen Schmidt

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Größe des Transaktionsvolumens des illegalen Kunstmarktes und die Bewertung dieser vor dem Hintergrund des nun anstehenden Gesetzgebungsverfahrens für eine Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes.

Es ist unbestritten, dass die große Nachfrage nach archäologischen und ethnologischen Objekten in den vergangenen 20 Jahren dazu führte, dass sich auch der illegale Handel zu einem sehr lukrativen Geschäft entwickelte und vielerorts von der organisierten Kriminalität übernommen wurde. Plünderungen und Raubgrabungen führen dazu, dass Objekte ihres kulturhistorischen Kontextes beraubt werden und es damit zur Vernichtung des kulturellen Erbes der Menschheit kommt.
Die Motive für den illegalen Handel mit Kulturgütern sind unterschiedlich und reichen vom Bagatelldiebstahl über illegale archäologische Ausgrabungen bis hin zur Verbringung von Artefakten in Kriegssituationen. Viele Regionen der Erde leiden damit auch in Friedenszeiten unter Zerstörung und Verlust ihres kulturellen Erbes; für sie ist der illegale Kulturgüterhandel zu einer massiven Bedrohung geworden. Er geht einher mit Diebstahl, mit der Plünderung und Zerstörung archäologischer Stätten, mit Schmuggel und Geldwäscherei.
Dabei erreichen uns von Seiten der Strafverfolgungsbehörden und der Deutschen UNESCO-Kommission sehr beunruhigende Hinweise darauf, dass auch Deutschland zu einem wichtigen Umschlagsplatz für den illegalen Handel mit geraubter Kunst geworden ist.
Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die SPD Bundestagsfraktion ein unabhängiges Gutachten beim wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages in Auftrag gegeben, welches sich unter anderem auch mit dem Umfang des illegalen Kunsthandels befasst. Aus eben diesem geht hervor, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich das jährlichen Transaktionsvolumen von illegalem Kulturguthandel zwischen 6 bis 8 Milliarden US-Dollar (ca. 5 bis 7 Mrd. Euro) bewegt. Gleichwohl geht daraus auch hervor, dass es gegenwärtig kaum belastbares Zahlenmaterial zum Umfang des illegalen Handels mit Kulturgütern in Deutschland gibt.
Dies bedeutet aber nicht, ein etwaiger illegaler Handel würde hierzulande nicht existieren. Im Gegenteil, gerade das BKA macht immer wieder deutlich: Deutschland hat ein Problem mit illegalem Kulturguthandel. Daher möchte ich auf das Projekt ILLICID hinweisen, welches dieses Dunkelfeld in den kommenden drei Jahren genauer untersucht. Das Projekt konzentriert sich auf antike Kulturgüter aus dem östlichen Mittelmeerraum, da durch die jüngsten politischen Entwicklungen in dieser Region Raubgrabungen, Plünderungen von archäologischen Stätten sowie illegaler Kunsthandel dramatisch zugenommen haben. Neben der Erforschung des illegalen Handels hat ILLICID auch zum Ziel einen Praxisleitfaden mit Handlungsempfehlungen für Akteure im Bereich des Kulturgüterhandels zu entwickeln. Darüber hinaus wird eine Datenbank zur systematischen Dokumentation von legal und illegal gehandeltem Kulturgut eingerichtet, in der unter anderem verdächtige Auktionen gespeichert werden sollen.

Ich hoffe, ich konnte mit diesen Ausführungen einige Ihrer Fragen beantworten. Zugleich will ich noch einmal versichern, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion im parlamentarischen Verfahren sehr eingehend mit diesem wichtigen Gesetzgebungsvorhaben befassen und die verschiedenen Hinweise auf mögliche Verbesserungsmöglichkeiten berücksichtigen wird. Das bedeutet auch, dass wir uns bei der Prüfung empirischer Grundlagen nicht nur auf einen oder zwei Experten verlassen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Siegmund Ehrmann, MdB