Frage an Ska Keller bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Ska Keller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolfgang M. •

Frage an Ska Keller von Wolfgang M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Das EU-Parlament ist undemokratisch zusammengesetzt. Die Bürger in den verschiedenen Staaten haben ein verschieden starkes Stimmrecht. Je kleiner das Land ist, desto höher ist das Stimmrecht. Gemessen an der Bevölkerung stünden Deutschland 121 Sitze im EU-Parlament zu, es hat aber nur 95 Sitze. Gemessen an der Bevölkerung stünden Malta aufgerundet 1 Sitz zu, es hat aber 6 Sitze. Gemessen an den Wahlberechtigten müsste Deutschland wahrscheinlich noch mehr Sitze haben, weil die Bevölkerung in Deutschland relativ alt ist.
Würden Sie und die Grünen sich für eine demokratische Aufteilung der Sitze im EU-Parlament einsetzen? Aus meiner Sicht ist das EU-Parlament bei der aktuellen Aufteilung demokratisch nicht legitimiert.
W. M.

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,

Vielen Dank für Ihre Frage. Die Stärkung der Europäischen Demokratie ist uns ein zentrales Anliegen. Wir wollen die Entscheidungsprozesse in der Europäischen Union noch demokratischer machen, das Parlament stärken und die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger*innen verbessern. Dafür wollen wir ein europäisches Wahlrecht mit transnationalen Listen, demokratischen Mindeststandards für Listenaufstellungen, Mindestquotierungen sowie Transparenzregeln für die Parteienfinanzierung.

Das von Ihnen beschriebene Problem besteht, allerdings ist die Sitzverteilung im Europaparlament deshalb nicht undemokratisch sondern stellt, wie in vielen Parlamenten üblich, einen Kompromiss dar. In diesem Fall vor allem zwischen der Größe des Parlaments an sich, der angemessenen Vertretung der einzelnen Staaten und der Darstellung der Pluralität des Parteiensystems auch in kleineren Mitgliedsstaaten wie Malta. Hierdurch treten natürlich Verzerrungen auf. Solche entstehen jedoch beispielsweise auch dann, wenn in einem Mitgliedsstaat die Wahlbeteiligung sehr viel höher ist als in einem anderen und so nicht ausschließlich die Zahl der Wähler*innen einer Partei, sondern auch die der Wahlberechtigten eines Landes mitentscheidend für den Sitzanteil einer Partei ist. Bezugnehmend auf Ihre Beispielse Malta und Deutschland: In Malta betrug die Wahlbeteiligung bei der letzten Europawahl über 78%, in Deutschland knapp unter 50%.

Für diese Probleme ist in unseren Augen die beste Lösung eine Reform des europäischen Wahlrechts hin zu transnationalen Listen. Leider wurde ein erster Schritt hierzu in der vergangenen Legislatur verpasst: Der Europäische Rat hatte das Europäische Parlament aufgefordert, einen Vorschlag für eine Änderung der Sitzverteilung vorzulegen. Im Februar 2018 lehnte jedoch eine Mehrheit aus Konservativen und Linken, zusammen mit Rechtspopulist*innen unseren Vorschlag, zumindest einen Teil des Parlaments (50 Sitze) nach dem Prinzip transnationaler Listen zu besetzen, ab.

Ausführliche Informationen zu unseren Vorstellungen finden Sie unter https://www.greens-efa.eu/de/artikel/news/transnational-lists-for-the-european-elections/

Mit freundlichen Grüßen
Ska Keller

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