Frage an Stefan Liebich bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Stefan Liebich
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Frage von Jan M. •

Frage an Stefan Liebich von Jan M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Liebig.

Ich beziehe mich auf die Artikel "Mehr Macht und Einfluß" vom 26.10.2013 und "»Abnutzungskampf« gegen Die Linke" vom 30.01.2014. Beide Artikel erschienen in der jungen Welt.

1. Ein von ihnen mitunterzeichnetes Papier der SWP und des German Marshall Fund bezeichnet u.a. Venezuela und Kuba als Störer der Weltpolitik. Stimmen Sie mit dieser Feinderklärung überein? Wenn ja, was folgt für Sie daraus (Sanktionen, Regimechange, etc.), wenn nein, warum haben Sie dieses Papier unterzeichnet?

2. Laut dem zweiten Artikel befürworten Sie unter bestimmten Umständen eine Militärintervention Deutschlands. Etwa um einen Völkermord zu verhindern. Im Unterschied zum Parteiprogramm der Linken müsse Ihrer Meinung nach in jedem Einzelfall entschieden werden, ob Sie einer Militärintervention zustimmen oder nicht. Wie stellen Sie sich das vor?
Gerade vor Kriegen wird in den Medien doch massive Gräuelpropaganda betrieben, die sich später als Lüge herausstellt (Brutkastenlüge, Massaker von Racac, Hufeisenplan, Massenvernichtungswaffen im Irak, Behauptung, dass Ghadaffi von Flugzeugen aus sein eigenes Volk bombardiere etc.).

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Maier,

im Rahmen des Projekts „Elemente einer außerordentlichen Strategie für Deutschland“ arbeiteten 2013 über 40 Wissenschaftler, Mitglieder von NGOs und Politiker gemeinsam an einem entsprechenden Papier. Das Projekt wurde von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und dem German Marshall Fund of the United States (GMFUS) organisiert. Beide Institutionen hatten die Herausarbeitung der Interessen Deutschlands in der Außen- und Sicherheitspolitik zum Ziel. Eingeladen zur Mitarbeit waren auch Vertreter der Bundestagsfraktionen. Als Mitglied der Linksfraktion hatte ich meine Bereitschaft dazu erklärt, weil ich es sehr wichtig finde, dass linke Argumente in eine solche Debatte eingebracht werden. Es ist gut, dass unsere Partei so stark ist, dass etablierte Institutionen nicht daran vorbeikommen, mit uns in den Diskurs zu gehen. Diese Stärke müssen wir weiter nutzen, um herrschende Politik infrage zu stellen und, im besten Fall, auch zu verändern.

Im Ergebnis ist natürlich kein linkes Papier entstanden, was angesichts der Zusammensetzung der Gruppe auch nicht verwunderlich ist. Es wurden während des Projekts sehr unterschiedliche Meinungen, Dissense und Konsense herausgearbeitet, weshalb auch folgende Aussage im Vortext des Dokuments getroffen wurde: "Die darin enthaltenen Analysen und Anregungen werden nicht notwendigerweise von allen Mitgliedern des Projekts geteilt." Bezüglich der von mir vertretenen Positionen trifft dies auf zahlreiche Aussagen in dem Papier zu.

In einer sich immer besser vernetzenden Welt stellt sich zudem die Frage, inwieweit verkürzte Reaktionszeiten auf Krisen und Konflikte einerseits und eine bessere Kommunikation mit der internationalen Öffentlichkeit andererseits im Widerspruch stehen. Ich finde, dass bei komplexen Sachverhalten ein angemessener Zeitraum zur Positionsfindung möglich sein muss.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Liebich