Frage an Thomas Feist bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Thomas Feist
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Frage von Andi R. •

Frage an Thomas Feist von Andi R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Wie stehen Sie zu wirklicher Friedenspolitik?

ich wuerde gern wissen, wie Sie zu den Grundsaetzen der Aktion Friedensstimme stehen.

Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen oder unterstützt werden.
Deutschland agiert international als Friedenstifter und bei Konflikten als Vermittler zwischen den Fronten, auf diplomatischen Wegen, ohne sich demonstrativ auf eine Seite zu stellen.

Keine Kriege / Kriegsbeteiligung / logistische Unterstützung aus geostrategischen, wirtschaftlichen oder religiösen Gründen.

Keine Kriegseinsätze / Kriegsbeteiligung jeglicher Couleur, auch nicht unter dem Deckmantel "friedenserhaltender" und "friedensstiftender" Einsatz, denn Krieg schafft keinen Frieden, sondern weiteren Krieg.

Keine Atombomben und Atom-verseuchten Waffen in Deutschland. Die sich in Buechel (und anderswo) befindenden Atombomben des amerikanischen Militärs werden nicht mehr geduldet. Sie sollen stattdessen fachgerecht in der kürzest möglichen Zeit entsorgt werden. Sämtliche atomverseuchte Munition in Bundeswehrbeständen wird in den nächsten 5 Jahren entsorgt und nicht verwendet oder weiterveräußert.

Keine Einsätze der deutschen Bundeswehr oder anderer (ausländischer) Armeen im inneren Deutschlands, außer zum Katastrophenschutz (bei Hochwasser etc.) Ein Einsatz der Armee bei Demonstrationen, auch wenn sie Unruhen genannt werden, oder in irgendeiner anderen Weise gegen Personen bleibt ausgeschlossen.

Keine Nutzung von Drohnen für nachrichtendienstliche oder militärische Zwecke.

Keine Zustimmung zu Waffen / Rüstungsgüterverkäufen an andere Länder.

Der Rüstungsetat / Etat des Verteidigungsministeriums Deutschlands wird eingeschränkt und nicht vergrößert.

Der Bundestag unterstützt die Rüstungsindustrie ihre menschenfeindliche und menschenmordende Grundhaltung in eine menschenfreundliche umzuwandeln – statt Waffen und Millitärgut werden umweltschützend Maschinen und Güter für die Entwicklungshilfe und für (und nicht gegen) die Menschen geschaffen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rietschel,

insbesondere als ehemaliger DDR-Bürger, der den Dienst an der Waffe verweigert hat, ist mir Frieden ein großes Anliegen. Ich respektiere die Aktion Friedensstimme, kann aber nicht all ihre Grundsätze teilen. Gerne gehe ich im folgenden darauf ein.

1. Auslandseinsätze der Bundeswehr

Deutschland ist ein außergewöhnlich sicheres Land, dennoch müssen wir auf neuartige Gefahren vorbereitet sein. Diese neuartigen Konflikte sind in der Regel innerstaatlich und werden unter Beteiligung nichtstaatlicher Akteure geführt. Ihre Ursachen liegen etwa in religiösen und ethnischen Gegensätzen sowie Defiziten in der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, in schlechter Regierungsführung und in der Ressourcenverknappung durch den Klimawandel.

Wenn solche Konflikte die Sicherheit und die Interessen Deutschlands bedrohen, können sie unser Handeln auf Grundlage unseres christlichen Menschenbildes, der Prinzipien unserer wertegebundenen Außenpolitik und geleitet von unserem wohlverstandenen Eigeninteresse erforderlich machen. Meine Interpretation der Ziele der Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands ist es, potentielle Krisen, die die Sicherheit Deutschlands oder unserer Bündnispartner bedrohen, frühzeitig zu erkennen und – soweit wie möglich - mit Mitteln der zivilen Krisenprävention frühzeitig und ohne den Einsatz militärischer Mittel beizulegen. Aber auch in Zukunft wird es Krisen geben, bei denen auch der Einsatz militärischer Mittel als ultima ratio, von der unbewaffneten Beobachtermission bis hin zu einem friedenserzwingenden Einsatz, notwendig sein kann.

Auf Basis dieser Überlegungen habe ich den Auslandseinsätzen der Bundeswehr zugestimmt. Dabei habe ich mir die Entscheidungen nie leicht gemacht und war mir stets bewusst, dass ich Soldatinnen und Soldaten in gefährliche Regionen der Welt schicke.

Zu den angesprochenen Mitteln der zivilen Krisenprävention gehört im Übrigen auch die von Ihnen geforderte Entwicklungspolitik, die als Querschnittsaufgabe die internationalen Beziehungen Deutschlands maßgeblich mitgestaltet. Ihre Bedeutung erhält sie nicht zuletzt aus ihrem präventiven Charakter. Die entwicklungspolitischen Probleme von heute sind die außenpolitischen Herausforderungen von morgen.

Bildung ist dabei der Schlüssel zur Überwindung vieler Entwicklungsprobleme und damit die Grundlage zum Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele. CDU und CSU haben deshalb in ihrer parlamentarischen Arbeit immer wieder auf die Bedeutung von Bildung für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Partnerländer, die Stärkung von Frauen sowie für die Förderung von Demokratie und Menschenrechte unterstrichen. Auf diese Weise haben wir Bildung zu einem Schwerpunkt unserer Entwicklungszusammenarbeit gemacht.

Wir haben seit 2005 jedes Jahr den Haushalt des zuständigen Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gesteigert, inzwischen auf 6,3 Mrd. €. Keine andere Bundesregierung hat je so viel für Entwicklungspolitik aufgebracht. Zum Vergleich: Im Jahre 2005, dem Ende der rot-grünen Regierungszeit, lag der Haushalt des BMZ lediglich bei 3,98 Mrd. Euro. Dies entspricht einer Steigerung um fast 60 Prozent. Wir halten an dem Ziel fest, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden.

2. Atomwaffen in Deutschland

Ich befürworte die nukleare Abrüstung ausdrücklich und setzte mich gemeinsam mit meinen Kollegen im Deutschen Bundestag vehement für eine Welt ohne Nuklearwaffen ein.
Einseitige Aufkündigungen von Vereinbarungen sind in einer auf Konsens und Solidarität angelegten NATO allerdings nicht möglich. Veränderungen der Politik bedürfen eines langwierigen Konsultations- und Abstimmungsprozesses und letztlich einer einvernehmlichen Regelung im NATO-Rat. Wir setzen uns deshalb innerhalb der NATO und gegenüber Russland weiter für eine Abrüstung der substrategischen Nuklearwaffen ein. In dem neuen Strategischen Konzept der NATO konnte auf Initiative Deutschlands die Abrüstung und Nichtverbreitung als wichtige Aufgabe verankert werden. Aktuell lagern Atomwaffen – wie Sie richtig anführen - nur noch auf dem Flugplatz Büchel. Ich bin zuversichtlich, dass auch zu Büchel alsbald eine Lösung im NATO-Rahmen gefunden wird.

3. Bundeswehreinsätze im Inneren

Das Regierungsprogramm von CDU und CSU enthält folgende zwei Sätze, die ich voll und ganz unterstütze: „Die Bundeswehr ist fester Teil unserer Gesellschaft. Das gilt für die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit, für die Staatsbürger in Uniform, zivilen Mitarbeiter und Veteranen.[…] Allen Bestrebungen, die Bundeswehr aus der Mitte unserer Gesellschaft hinauszudrängen, stellen wir uns entschlossen entgegen.“

Vor dem Hintergrund dieser Grundüberzeugung stehe ich auch einem Einsatz der Bundewehr in Deutschland positiv gegenüber, solange dieser im Rahmen des Grundgesetzes legitimiert ist. Unsere Verfassung beschränkt den Einsatz der Bundeswehr ja auf einige wenige genau definierte Fälle, wie etwa die von Ihnen angesprochene Unterstützung bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen (Artikel 35 Absätze 2 und 3 Grundgesetz). Daran sollte meiner Meinung nach auch nichts geändert werden. Als Leipziger bin ich mehr als dankbar, dass wir die Bundeswehr als Unterstützung im Katastrophenfall haben. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie groß die Schäden des letzten Hochwassers in meiner Heimatstadt Leipzig, in Sachsen, in ganz Mitteldeutschland wären, wenn nicht Bundeswehrsoldaten bis zur Erschöpfung und darüber hinaus gemeinsam mit Einwohnern, Polizei, Feuerwehr und dem THW für unsere Städte, unsere Wohnungen und Häusern „gekämpft“ hätten.

Allerdings muss die Bundeswehr neben der Katastrophenabwehr auch bei weiteren im Grundgesetz geregelten Fällen im Inland eingesetzt werden dürfen. Bedenken Sie: Unser Staat hat die Pflicht, seine Bürger zu schützen und seine Freiheiten und Grundrechte zu achten. Ich denke da an den Artikel 87a Absatz 4 des Grundgesetztes. Danach kann die Bundesregierung zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Absatz 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Dieser Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

Auch wenn es wenig wahrscheinlich ist, dass sich mittel- und langfristig die sicherheitspolitische Lage in Deutschland ändert; auszuschließen ist es nicht. Daher ist meines Erachtens eine umfassende Vorsorge zur Gewährung der Sicherheit - im Rahmen unserer Verfassung und der geltenden Rechtslage - notwendig. Die Möglichkeit sollte nicht schon von vorne herein ausgeschlossen werden.

Grundsätzlich glaube ich auch nicht dass man den Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr misstrauen muss. Ich bin sogar vielmehr davon überzeugt, dass man ihnen vertrauen und sie und ihre Arbeit respektieren sollte. Es sind schließlich auch Bürgerinnen und Bürger wie Sie und ich; nur dass sie Uniform tragen. Die Bundeswehr hat mehr als nur einmal bewiesen, dass sie ein vertrauensvoller Partner in unserer Gesellschaft ist.

4. Einsatz von Drohnen

Ihre Einstellung zur Nutzung von Drohnen kann ich nicht teilen. Die Beschaffung von Drohnen ist sicherheitspolitisch sinnvoll und legitim. Drohnen dienen der Aufklärung, dem Schutz eigener Soldaten und unter Umständen auch der Bekämpfung des Gegners. Drohnen können nur mit einem Mandat des Deutschen Bundestags eingesetzt werden. In diesem Fall ist Deutschland ohnehin bereits Konfliktteilnehmer. Dabei sind Drohnen ein wichtiges Mittel für den Schutz deutscher Soldaten im Einsatz. Es entspricht der Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn, für den bestmöglichen Schutz der Soldaten zu sorgen. Allerdings plädiere ich für eine international verbindliche Regelung über die Einsatzgrenzen dieser Waffengattung , um unkontrollierte Rüstungswettläufe zu verhindern. Ein generelles Verbot ist aber unrealistisch.

5. Rüstungsexporte

Ich bin der festen Überzeugung, dass Deutschland eine verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik verfolgt. Die CDU-geführte Bundesregierung führt – wie jede andere zuvor auch – eine strenge Kontrolle von Rüstungsexporten durch. In der Vergangenheit haben alle Bundesregierungen Rüstungsexporte aus unterschiedlichen Überlegungen zugelassen, auch wenn diese Regierungen von anderen Parteien gestellt wurden. Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass der prozentuell höchste Anteil von Kriegswaffen am deutschen Gesamtexport in den vergangenen zehn Jahren im Jahr 2005 liegt, dem letzten Jahr der rot-grünen Koalition. Fakt und kein Geheimnis ist: Eine leistungsfähige wehrtechnische Industrie ist sicherheits- und wirtschaftspolitisch unverzichtbar. Sie steht für technologischen Fortschritt und hochwertige Arbeitsplätze.

Die überwiegende Zahl der Rüstungsexporte erfolgt an EU- und NATO-Staaten. Nicht genehmigt werden Rüstungsexporte in Länder, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht. Unter diesen Voraussetzungen schätze ich die geltenden strengen Richtlinien für die Ausfuhr von Rüstungsgütern als ausreichend ein, halte aber eine weitere Angleichung der Rüstungsexportrichtlinien innerhalb der EU für notwendig. Das Engagement von CDU und CSU gegen einen unkontrollierten und damit destabilisierenden Waffenhandel zeigt sich insbesondere darin, dass das Gesetz zu dem Vertrag vom 2. April 2013 über den internationalen Waffenhandel vom Deutschen Bundestag bereits am 27. Juni 2013 beschlossen wurde. Mit der Ratifizierung des von den Gremien der Vereinten Nationen ausgehandelten Vertrags, an dessen Entstehung die Bundesregierung intensiv beteiligt war, nehmen wir einen wichtigen Schritt hin zur erstmaligen Festlegung international verbindlicher Regeln und einheitlicher Mindeststandards zum Transfer von konventionellen Rüstungsgütern. Das Abkommen, das von mindestens 50 Staaten der Weltgemeinschaft ratifiziert werden muss, um in Kraft zu treten, kann in Zukunft dazu dienen, bewaffneten Konflikten vorzubeugen, den Schutz der Menschenrechte durchzusetzen aber auch Terrorismus und Kriminalität einzudämmen. Das ist ein Meilenstein in unserem weltweiten Bemühen um Rüstungskontrolle und Sicherheit.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Thomas Feist