Frage an Ulrich Brettin bezüglich Recht

Ulrich Brettin
SPD
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Frage von Hans P. •

Frage an Ulrich Brettin von Hans P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Brettin,

wie stehen Sie zu den Thesen von Tilo Sarazin?
Ist es richtig das Sie auf einer Veranstaltung im Schloss Kaulsdorf sich von Tilo Sarazin sein Buch haben signieren lassen?

Mit freundlichem Gruß
Hans Poltringen

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Poltringen,

mit Ihren Fragen sprechen Sie ein Thema an, dessen Probleme nicht in wenigen Sätzen analysiert werden können. Da Herr Sarrazin ein gesamtes Buch geschrieben hat, müsste ich ebenfalls ein Buch schreiben, um in Gänze auf seine "Thesen" antworten zu können.
In Herrn Sarrazins Buch werden zwei Hauptthesen erhoben.
Die Eine beschäftigt sich mit Aussagen zur Genetik.
Leider habe ich dazu in Diskussionen von Menschen, die das Buch nicht gelesen hatten, die haarsträubendsten Argumente zu Pro und Kontra hören müssen.
Ich selber fühle mich fachlich nicht in der Lage deren Richtigkeit oder Falschheit zu beurteilen.
Ich verstehe auch die Menschen bestimmter ethnischer Herkunft, die beleidigt reagieren oder verletzt sind.
Zu den Thesen zur Integration gestatten Sie mit folgende Bemerkung. Gerade in Berlin wird seit Jahren eine durchaus erfolgreiche Integrationspolitik praktiziert. Wäre das nicht so, gäbe es wesentlich größere Probleme. An unzähligen Infoständen musste ich aber feststellen, dass viele Bürgerinnen und Bürger den Aussagen von Herrn Sarrazin zumindest teilweise folgten. Der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowksy meinte zur Debatte: "Wir sollten uns jetzt lieber um die Lösung von Integrationsproblemen kümmern.“
Ebenso wie Herr Buschkowsky halte ich es für wichtiger, die Debatte um Sarrazin als Ansporn zu nehmen, um die bestehenden Probleme in der Integrationspolitik anzugehen. In Berlin haben wir mit der Bildungsreform und der Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen schon ein gutes Stück der Strecke bewältigt, trotzdem verlassen noch zu viele Migranten die Schule ohne Abschluss. Hier sehe ich genügend Arbeitsmöglichkeiten für einen Abgeordneten, um fernab der aufgeregten Diskussionen praktische Verbesserungen für die Einwohner von Berlin zu erreichen.
Alles was im Prinzip gut gelingt kann noch verbessert werden. Es gehören integrationswillige Menschen dazu und eine Gesellschaft, die alle Möglichkeiten zur erfolgreichen Integration bietet.
Bei vielen humanistisch denkenden Menschen ist Voltaires Definition zur Toleranz am eindrucksvollsten.
"Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst."
Als in der DDR aufgewachsener Bürger schätze ich den Wert von Meinungsfreiheit vermutlich etwas stärker, als jemand, der in einem freiheitlichen Staat erwachsen geworden ist.
In diesem Sinne bemühe ich mich, mir in gesellschaftlichen, aber auch kulturellen Streitfragen selbst ein Bild zu machen. Ich schätze Herrn Sarrazin als SPD-Genossen, der immer wieder für Diskussionsstoff sorgt und damit seinen Beitrag zur innerparteilichen Demokratie und Meinungsbildung leistet. Herr Sarrazin legt durch seine extreme Detailfreudigkeit und Statistikverliebtheit die Latte für seine Gegner immer sehr hoch und trägt damit auch zu einer Streitkultur bei. Nach Studium seines Buches und seiner früheren Thesen zu Lebensmittelkosten lehne ich auch aus meiner gewerkschaftlichen Prägung viele seiner "Thesen" ab, wobei ich meine Ablehnung aber auch begründen kann.
Ich habe viele Bücher und bei einem Teil davon ist es mir gelungen, sie signieren zu lassen. Ihre Frage erfüllt mich deshalb mit Befremden, da ich mit der Signatur eines Autors nicht unbedingt dessen Meinung teile.
Im Februar dieses Jahres erhielt ich eine Einladung einer demokratischen Partei zu einer Veranstaltung "Politik zum Dessert". Angesagt war auch Herr Sarrazin der bereit war, kritische Fragen zu beantworten. Anders als sie schrieben, fand das Ereignis nicht im nichtvorhandenen Schloss Kaulsdorf, sondern im Park-Hotel Berlin mit dem schönen Namen "Schloss Kaulsdorf" statt. Ich habe das besagte Buch legal erworben. Anders als viele Mitschwätzer, habe ich es gelesen und auch signieren lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Brettin