Frage an Ute Kumpf bezüglich Soziale Sicherung

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Ute Kumpf
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Frage von Holger D. •

Frage an Ute Kumpf von Holger D. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kumpf,

mich würde Ihre Meinung zu einem Thema interessieren, dass viele Menschen bewegt und zwar geht es um den so genannten Sozialstaat. Ich sehe hier vor allem viel Gleichmacherei, jeder wird gleich behandelt und das führt im wirklichen Leben zu erheblichen Ungerechtigkeiten. Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet und Steuern eingezahlt haben werden über den gleichen Kamm geschert wie Systemschmarotzer, die leider immer mehr werden, was im Grunde genommen aus meiner Sicht alles andere als unverständlich ist. Als Angestellter ärgere ich mich sehr über die Steuern, die mir abgezogen werden vor allem dann, wenn ich über dieses soziale System nachdenke, das hauptsächlich zu Asozialen und Menschen, die noch nie etwas für die Gesellschaft gemacht haben, gegenüber sozial ist, während es gegen die (braven, rechtschaffenen) Menschen unsozial ist. In meinem näheren Umfeld fällt mir diese Absurdität besonders deutlich auf. Wie sehen Sie den Sozialstaat der Zukunft? Im Rahmen der Globalisierung? Auch aus der Sicht der Einzahler, also Angestellte, Arbeiter und Selbständige? Wie kann es sein, dass inzwischen ein nicht gerade unbeträchtlicher Teil von Migranten vom Staat unterhalten wird? Ist das Sinn der Sache? Glauben Sie, dass sich das in Zukunft einpendelt, gerade auch im Hinblick auf die so genannte verlorene Generation (muslimische Migranten+)? Ich sehe schwarz. Diejenigen, die nicht viel verdienen, werden herangezogen, um alle Krankheiten des Systems zu kaschieren. Mit dieser Ansicht stehe ich ganz gewiss nicht alleine da, das möchte ich noch nebenbei erwähnen. Warum sollte ich Sie als einfacher Angestellter zukünftig wählen? Wo ich mich doch fast nur noch als wehrloses Mittel zum Zweck sehe? Was soll mich von einer Protestwahl abhalten? Die neue Linkspartei wäre eine Möglichkeit, obwohl ich sie verachte, aber als Wähler könnte man mit solch einer Stimme etwas ausrichten, Unzufriedenheit ausdrücken. Warum soll ich die SPD wählen?

Schöne Grüße
H.Dannat

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SPD

Sehr geehrter Herr Dannat,

vielen Dank für Ihr Schreiben an Frau Kumpf. Da die Abgeordnete augenblicklich in der Mongolei ist, wird Sie Ihr Schreiben erst am 06. August lesen und Ihnen dann umgehend antworten. Bis dahin bitte ich um ein wenig Geduld.

Mit freundlichen Grüßen
i.A. Melanie Bouriat

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SPD

Sehr geehrter Herr Dannat,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich diskutiere mit Ihnen auch gerne über die Zukunft unseres Sozialstaates - aber bitte nicht auf einer Basis von Pauschalurteilen gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen und über gesellschaftliche Entwicklungen ohne jegliche Empirie.

Das Prinzip des Sozialstaats ist eines der Staatsprinzipien der Bundesrepublik Deutschland und ist in Artikel 20 unseres Grundgesetzes vorgegeben. Dort heißt es „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“. Ausgehend von diesem Sozialstaatspostulat ist es die Aufgabe des Staates ein soziales Netz zu schaffen und eine Grundsicherung zu gewährleisten. Für mich als sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete sind die Demokratie und der Sozialstaat untrennbar miteinander verbunden. Soziale Grundrechte sind ein Gewähr für die bürgerlichen Freiheitsrechte. Denn jeder Bürger muss um sein Leben in Freiheit gestalten zu können auch die soziale Sicherheit dafür haben.

Die SPD ist mit dem Ziel angetreten, die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfähig zu machen und sie an die veränderten Bedingungen in unserer Gesellschaft anzupassen. Ein Ziel der Reformen am Arbeitsmarkt war, insbesondere über lange Zeit arbeitslose Menschen in Arbeit zu bringen, sei es durch entsprechende Anreize, durch verbesserte Betreuung oder durch Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen. Durch ihren Umfang und durch ihre Komplexität haben diese Reformen natürlich nicht von heute auf morgen gegriffen. Aber jetzt wirken sie. Die monatlichen Berichte der Bundesagentur für Arbeit belegen dies.

Im Juli 2007 waren 671.000 Menschen weniger arbeitslos als im Jahr zuvor. Ebenfalls zeigen die von der Bun-desagentur für Arbeit dieser Tage veröffentlichten Zahlen, dass 502.000 Menschen ergänzend zu ihrer Erwerbstätigkeit auf Arbeitslosengeld II angewiesen waren, weil der Lohn den sie für ihre Arbeit erhielten zu gering war, um davon leben zu können. In diesen Fällen sind Dumping-Löhne die Ursache dafür, dass Menschen ALG II beziehen. Aus diesem Grund hat die SPD die Kampagne „Lohndumping verboten! Für Mindestlöhne“ ins Leben gerufen.

Insgesamt erhielten 2.813.000  Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II ohne überhaupt arbeitslos zu sein. Neben der bereits genannten Erwerbstätigkeit war der Schulbesuch, die Beschäftigung in einer Arbeitsgelegenheit, die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme oder die Betreuung kleiner Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger ein Grund dafür.

Sie haben mich gefragt, wie ich mir den Sozialstaat in Zukunft vorstelle. Das Leitbild für den Sozialstaat des 21. Jahrhunderts ist für die SPD das des Vorsorgenden Sozialstaates. So diskutieren wir es gerade in unserem neuen Grundsatzprogramm. Sozialpolitik ist mehr als nur in Notfällen zu reparieren, wenn es zu spät ist. Es muss vorausschauend und vorsorgend gehandelt werden. Manche gesellschaftlichen Probleme von heute hätten mit diesem Prinzip vermieden werden können. Ein Vorsorgender Sozialstaat eröffnet den Menschen Chancen zur Teilhabe in der Gesellschaft.
Bildungsgerechtigkeit ist dabei unerlässlich. Denn Bildung ist der Schlüssel zur Integration- sowohl von Menschen aus der eigenen Gesellschaft als auch von Menschen aus anderen Ländern. Ein Vorsorgender Sozialstaat gibt den Menschen die Freiheit, die Möglichkeiten und vor allem die Chancen selbst und aktiv zu handeln und alimentiert sie nicht nur.

Gerade in diesem Zusammenhang ist es für mich etwas unverständlich, dass sie mir die sogenannte Linkspartei als Alternative nennen. Diese Partei möchte unser Land nicht sozial erneuern. Sie propagiert sozialpolitische Modelle, die einerseits politisch überkommen und andererseits finanziell nicht zu leisten sind. Sie propagiert einen Staat der seine Bürger fröhlich alimentiert, von ihnen dafür keinerlei eigene Initiative verlangt und dadurch gerade den Menschen, die sie wirklich nötig hätten, Lebenschancen verbaut. Sie propagiert gerade das, was Sie in Ihrem Schreiben am jetzigen Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland kritisiert haben.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Kumpf